von
Der Bub sei derzeit "sehr traurig, weil die Mama nicht bei ihm ist", sagte Pöschmann. Über die 26-Jährige hat das Landesgericht für Strafsachen auf Antrag der Staatsanwaltschaft Wien U-Haft wegen Tatbegehungsgefahr verhängt, die vorerst bis zum 17. März rechtswirksam ist. Gegen Evelyn T. wird wegen terroristischer Vereinigung und krimineller Organisation ermittelt. Sie hatte sich 2016 der Terrororganisation "Islamischer Staat" (IS) angeschlossen, war nach Syrien gegangen und brachte dort ihren Sohn zur Welt. Sie wurde nach dem Sieg der Kurden gegen den IS gemeinsam mit dem Kind in Camp Roj - einem Gefangenenlager im Nordosten Syriens - interniert. Seit 2017 lebten die beiden unter menschenunwürdigen Umständen in dem berüchtigten Zeltlager.
Der Siebenjährige dürfte nicht darauf vorbereitet gewesen sein, dass er bei der Ankunft in Österreich am Flughafen Wien-Schwechat von seiner Mutter getrennt wird. Die 26-Jährige wurde in der Ankunftshalle unter Vollziehung einer aufrechten Festnahmeanordnung von Polizeibeamten in Gewahrsam genommen. Zwei MA-11-Mitarbeitende - die Behörde war von der Einreise der beiden informiert worden - kümmerten sich währenddessen und danach um den Buben, "der anfänglich viel geweint hat", wie Pöschmann schilderte. In der Einrichtung, in der er mittlerweile untergebracht ist - die MA 11 hat die vorübergehende Obsorge übernommen - habe der Bub Anschluss an andere Kinder und füge sich in den Alltag ein. Er wird von Psychologinnen und sozialarbeiterisch betreut. Auch medizinische Checks haben bereits stattgefunden, um den Gesundheitszustand des Kindes abzuklären.
Zu den Sprachkenntnissen des Siebenjährigen hieß es gegenüber der APA: "Er versteht Arabisch." Inwieweit Deutsch- oder Englischkenntnisse - allenfalls in rudimentärer Form - vorhanden sind, sei "in Abklärung".
Dasselbe gilt hinsichtlich der Frage, "wo der Siebenjährige längerfristig leben und aufwachsen wird", wie Pöschmann meinte: "Wir machen uns ein Bild von den familiären Ressourcen." Die Oma des Siebenjährigen habe sich gemeldet und sei bereit, den Buben aufzunehmen und sich um ihn zu kümmern. Ob es dazu im Sinne des Kindeswohls auch kommen wird, wird nun in Form einer "Gefährdungsabklärung" geprüft, sagte Pöschmann. Dieser Prozess werde "ein paar Wochen" dauern. Mitberücksichtigt werden müsse auch, "wie es mit der Mutter weitergeht und ob sie in Haft bleibt", skizzierte die MA-11-Sprecherin.
"Die Familie ist bereit, den Sohn aufzunehmen. Aus Sicht der Familie ist die Übergabe des Sohnes in ihre Obhut im Hinblick auf das Kindeswohl dringend geboten", hatte zuletzt die Wiener Rechtsanwältin Anna Mair deponiert, die Evelyn T. rechtsfreundlich vertritt. Die 26-Jährige hoffe auf ein baldiges Wiedersehen mit ihrem Sohn. Sie sei "die einzige Bezugsperson des Siebenjährigen", gab Mair zu bedenken.
Völlig offen ist, welche seelischen Spuren das Aufwachsen im Internierungslager für IS-Gefangene bei dem Siebenjährigen hinterlassen hat. "So eine Umgebung macht etwas mit einem Kind", ist man sich der bei der MA 11 bewusst. Man verschließt sich in diesem Zusammenhang bei der Kinder- und Jugendhilfe auch nicht der Frage, ob und inwieweit das jahrelange Leben unter - zumindest ehemaligen - IS-Anhängerinnen und -Anhängern den Buben geprägt hat und dieser allenfalls entsprechendes Gedankengut in sich trägt. "Derzeit gibt es bei ihm keinen Hinweis auf eine Radikalisierung", betonte MA-11-Sprecherin Pöschmann abschließend.