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Schuldsprüche in Vorarlberger "Wirtschaftsbundaffäre"

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Die Urteile sind nicht rechtskräftig
©APA/APA/THEMENBILD/JOCHEN HOFER
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Die vier Angeklagten in der sogenannten Vorarlberger "Wirtschaftsbundaffäre" sind am Dienstag am Landesgericht Feldkirch schuldig gesprochen worden. Der Richter sah den Anklagepunkt der Vorteilsannahme zur Beeinflussung bzw. Vorteilszuwendung zur Beeinflussung als erfüllt an. Die Anwälte der Angeklagten meldeten volle Berufung an, die Staatsanwaltschaft gab keine Erklärung ab. Die Urteile sind daher nicht rechtskräftig.

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Angeklagt waren neben dem ehemaligen Vorarlberger Landesstatthalter Karlheinz Rüdisser (ÖVP) die drei Ex-Wirtschaftsbund-Führungskräfte Hans Peter Metzler, Jürgen Kessler und Walter Natter. Sie wurden zu Geldstrafen in Höhe von 27.500 Euro (Rüdisser), 15.000 Euro (Metzler), 13.500 (Kessler) und 10.000 Euro (Natter) verurteilt. Jeweils die Hälfte der Geldstrafen wurde bedingt auf drei Jahre ausgesprochen. Frei gesprochen wurden die Angeklagten zum Vorwurf der Untreue. Gegen den Wirtschaftsbund wurde eine nicht rechtskräftige auf drei Jahre bedingte Verbandsgeldbuße in Höhe von 4.500 Euro verhängt.

Der Richter betonte in seiner Urteilsbegründung, dass er bei den vier Angeklagten nicht von Absicht ausgehe - weder in der Vorteilsannahme noch in der Vorteilszuwendung zur Beeinflussung. "Ich glaube nicht, dass Sie irgendetwas falsch gemacht haben", sagte er an Rüdisser gewandt. Darum gehe es aber nicht. Durch die Bezahlung von Weihnachtsessen für Rüdisser und seine Mitarbeitenden sei ein Abhängigkeitsverhältnis geschaffen worden, deshalb sei der Straftatbestand erfüllt. Dass die Geldstrafen unterschiedlich hoch ausfielen, begründete der Richter einerseits mit den Vermögensverhältnissen der Angeklagten, andererseits mit den verschieden langen Beteiligungen der Angeklagten.

Der konkrete Vorwurf der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) bezog sich auf die Bezahlung von Weihnachtsessen in den Jahren 2013, 2015, 2016, 2017 und 2018 sowie ein Essen anlässlich Rüdissers Ausscheiden aus der Politik im Jahr 2019 mit jeweils 30 bis 35 Teilnehmern im Gesamtwert von 12.980 Euro. Veranstaltet wurden die Weihnachtsessen von Rüdisser, beglichen wurden die Rechnungen jeweils vom Wirtschaftsbund. Die WKStA betonte, Rüdisser habe dadurch einen ungebührlichen Vorteil erhalten und "sich in seiner Tätigkeit als Amtsträger beeinflussen" lassen. Dabei gehe es nicht darum, eine sofortige Gegenleistung zu erhalten, sondern sich für die Zukunft gefügig zu machen. Die Staatsanwaltschaft sah in dem gegebenen Sachverhalt geradezu ein Paradebeispiel in Sachen "Anfütterung".

Rüdisser schilderte, dass die Weihnachtsessen für die Mitarbeiter im Amt der Vorarlberger Landesregierung von seinem Vorgänger Manfred Rein 1994 eingeführt worden seien. Von allem Anfang an wurden die Weihnachtsfeiern vom Wirtschaftsbund bezahlt, Rein habe die Fortführung der Tradition der Weihnachtsessen ausdrücklich empfohlen, so Rüdisser. "Wenn mir der Wirtschaftsbund-Obmann die Finanzierung zusichert, muss ich davon ausgehen, dass das rechtmäßig ist", sagte Rüdisser. Die Weihnachtsfeiern seien ein Dankeschön an die Mitarbeitenden gewesen, die Bezahlung durch die Statuten des Wirtschaftsbunds gedeckt. Er sei stets darauf erpicht gewesen, "nicht einmal in die Rufweite der Vorteilsannahme zu kommen", beteuerte der 70-Jähjrige.

Die Anwälte der Angeklagten wiesen darauf hin, dass der damalige Stellvertretende Wirtschaftsbund-Obmann Rüdisser natürlich die Interessen des Wirtschaftsbunds vertreten habe, alles andere wäre "lebensfremd" gewesen. Ein Amtsträger sei per se von seiner Partei abhängig, "da braucht es keine Bezahlung". Ein Rechtsvertreter fragte: "Kann man sich selbst anfüttern von einer Funktion in die andere?" Er selbst beantwortete die Frage mit Nein. Der Richter allerdings wies die Argumentation der Rechtsanwälte in der Urteilsbegründung zurück. Ansonsten könnte man sich als Mitglied eines Vereins einfach vom Verein bezahlen lassen, ohne jemals in die Nähe der Korruption zu kommen, führte der Richter aus.

Die Vorarlberger Oppositionsparteien Grüne, SPÖ und NEOS sahen in dem erstinstanzlichen Urteil die Notwendigkeit einer politischen Aufarbeitung der Causa, verbunden mit einem Ausbau der Kontrollrechte. "Nach diesem Skandal kann die ÖVP eine Ausweitung der Kontrollrechte nicht länger blockieren, ohne ihre letzte Legitimität und das Vertrauen der Bevölkerung zu verspielen", stellte Eva Hammerer (Grüne) in einer Aussendung fest. Am Mittwoch steht im Landtag eine Abstimmung über die Stärkung der Kontrollrechte auf der Tagesordnung - die ÖVP hat allerdings schon angekündigt, dem Antrag nicht zuzustimmen.

++ THEMENBILD ++ Blick auf das Landesgericht Feldkirch, aufgenommen am Mittwoch, 29. März 2023, in Feldkirch.

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