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Die deutschen Sozialdemokraten wollen bei der Wahl am 23. Februar wieder stärkste Partei werden, haben derzeit in den Umfragen aber einen Rückstand von 13 bis 20 Prozentpunkten auf die führende Union und liegen auch hinter der AfD auf Platz drei. Scholz zeigte sich trotzdem zuversichtlich, dass die Trendwende noch gelingen kann. "Winterwahlkämpfe können ein gutes Ende haben", sagte er. In Hamburg habe er sich zweimal im Februar zur Wahl gestellt und gewonnen. "Ich finde, das macht Mut in dieser Zeit."
Scholz wertete die Wahl als Richtungsentscheidung zwischen SPD und Union. "Wir stehen in Deutschland tatsächlich an einem Scheideweg", sagte er. "Die nächsten zehn Jahre werden entscheidende Jahre." Wenn Deutschland am 23. Februar falsch abbiege, "dann werden wir in einem anderen Land aufwachen".
Mit Blick auf die Konkurrenz von der Union sagte der deutsche Bundeskanzler: "Jetzt ist nicht die Zeit für Sprücheklopfer. Jetzt ist nicht die Zeit für die uralten Rezepte. Jetzt ist nicht die Zeit für Politik auf dem Rücken der ganz normalen Leute. Oder knapp: Jetzt ist nicht die Zeit für CDU und CSU in Deutschland."
Scholz warf der Union und ihrem Kanzlerkandidaten Friedrich Merz vor allem vor, Einschnitte im sozialen Bereich zu provozieren, unter anderem, weil sie das derzeitige Pensionsniveau nicht stabilisieren wolle. Scholz verwies auch darauf, dass die SPD fast alle Steuerzahler entlasten wolle, während CDU und CSU auch Spitzenverdiener im Blick habe.
Die Rückschau auf seine dreijährige Regierungszeit als Ampel-Kanzler kam in der Rede nur kurz vor. Scholz räumte ein, dass er die Regierung mit Grünen und FDP vielleicht früher hätte beenden müssen. "Vielleicht hätte ich früher auf den Tisch hauen müssen, nicht nur hinter den Kulissen, sondern öffentlich." Auf harsche Kritik an dem früheren Koalitionspartner FDP oder an den Grünen verzichtete der Regierungschef diesmal weitgehend und arbeitete sich vor allem an der Union ab.
Eindringlich warnte Scholz vor Rechtspopulisten und Angriffen auf die Demokratie. Den Rechtsruck in Österreich nannte er "bedrückend". "Das können wir nicht einfach so zur Kenntnis nehmen." Auch in Amerika würden Kräfte daran arbeiten, "unsere demokratischen Institutionen zu zerstören".
Den künftigen US-Präsidenten Donald Trump erwähnte Scholz in seiner Rede zwar nicht, wies dessen Gebietsansprüche in Panama, Kanada und Grönland aber erneut indirekt zurück. "Das Prinzip der Unverletzlichkeit von Grenzen gilt für jedes Land - egal ob es im Osten von uns liegt oder im Westen", sagte er. "Kein Land ist der Hinterhof eines anderen."
Der Ukraine sicherte Scholz weitere Unterstützung zu und versicherte, dass er eine Verwicklung der NATO in den Krieg verhindern werde. Merz warf er erneut vor, dem russischen Präsidenten Wladimir Putin zwischenzeitlich ein Ultimatum gestellt zu haben, das er später wieder relativiert habe. Das zeuge "weder von Standhaftigkeit noch von Verantwortung". Er selbst werde standfest und besonnen bleiben. "Darauf können sich alle Bürgerinnen und Bürger in Deutschland verlassen."
Scholz war Ende November vom Parteivorstand erst nach zäher und kontroverser Debatte als Kanzlerkandidat nominiert worden. Zuvor hatte die Partei zwei Wochen lang öffentlich darüber diskutiert, ob nicht der deutlich beliebtere deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius als Ersatzkandidat für den nach dem Scheitern seiner Ampel-Regierung angeschlagenen Scholz eingewechselt werden sollte.
Auf dem Parteitag soll die Entscheidung für Scholz nun "per Akklamation" bestätigt werden. Eine geheime Abstimmung wie bei vielen früheren Entscheidungen für Kanzlerkandidaten soll es nicht geben. Die Parteiführung begründet das damit, dass Scholz als deutscher Bundeskanzler und nicht als Herausforderer antritt und in diesen Fällen eine geheime Abstimmung nicht üblich sei.
Inhaltlich will sich die SPD mit einem 63-seitigen Programm mit dem Titel "Mehr für Dich. Besser für Deutschland" für die Wahl am 23. Februar aufstellen. Darin verspricht die Partei, 95 Prozent der Steuerzahler entlasten zu wollen.
Für mehr Investitionen in Strom- und Wärmenetze, Ladesäulen und Wohnungsbau will die SPD einen sogenannten Deutschlandfonds einrichten, aus dem Beteiligungen und Darlehen finanziert werden. Außerdem plant die SPD einen "Made in Germany"-Bonus: Investitionen in Maschinen und Geräte sollen mit zehn Prozent der Anschaffungssumme über eine Steuererstattung gefördert werden.
Zu dem Entwurf sind mehr als 90 Änderungsanträge eingereicht worden. Kurzfristig eingearbeitet wurde auf Drängen der Jusos die Forderung, dass Studierende und Auszubildende möglichst nicht mehr als 400 Euro für ein Zimmer in einer Wohngemeinschaft zahlen müssen. Scholz stellte sich in seiner Rede klar hinter diese Idee. "Auch die WG-Zimmer dürfen nicht mit Wucherpreisen belegt werden", sagte er.