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Oppenheimer äußerte sich am Rande einer Diskussionsveranstaltung mit dem Generaldirektor der Internationalen Atomenergieorganisation (IAEA), Rafael Grossi. Dieser beklagte, dass in der aktuellen geopolitischen Lage immer mehr Staaten "auf entwaffnend offene Weise über Atomwaffen sprechen". Das internationale System gegen die Weiterverbreitung von Atomwaffen sei daher "stark unter Druck".
Gleichzeitig nehme das Interesse an Atomenergie zu. "Zum ersten Mal überhaupt verlangt der private Sektor nach Atomenergie", sagte der argentinische Diplomat mit Blick auf IT-Konzerne, die gerne Reaktoren für ihre energiehungrigen Datenzentren hätten, Stahlkonzerne oder auch Schifffahrtsunternehmen. "In 50 Jahren wird ein bedeutender Teil der Schifffahrtsflotte mit Atomreaktoren betrieben sein", sagte der IAEA-Direktor bei der vom Vienna Center for Disarmament and Non-Proliferation (VCDNP) ausgerichteten Diskussion.
"Ich bin mit dem Denken aufgewachsen, dass Atomwaffen wirklich schlecht sind und daher auch die Atomenergie schlecht ist", sagte Oppenheimer, der als IT-Unternehmer im Silicon Valley tätig war. Seinen berühmten Familiennamen - der im Vorjahr durch den oscarprämierten Kassenschlager "Oppenheimer" neue Bekanntheit erlangt hat - will der US-Amerikaner nun dafür einsetzen, dass im Kampf gegen den Klimawandel vermehrt AKW-Projekte gefördert werden. Diesbezüglich möchte er auch bei US-Milliardären Überzeugungsarbeit leisten. Diese würden zwar Milliarden für Klimaprojekte ausgeben, "aber fast nichts davon geht in die Atomenergie".
Im APA-Gespräch betonte Oppenheimer, dass er "aus dem Blickwinkel der Klimapolitik" zum Vermächtnis seines Großvaters gekommen sei. Er habe sich gedacht, "dass das etwas ist, was ich beeinflussen kann", sagte der 49-Jährige, der den im Jahr 1967 verstorbenen Erfinder der Atombombe selbst nie kennengelernt hatte.
Als Leiter des "Manhattan Project" entwickelte der gebürtige Deutsche Robert Oppenheimer im Zweiten Weltkrieg die erste Atombombe und trug damit wesentlich zum Sieg der Alliierten bei. Nur drei Wochen nach dem erfolgreichen Test in der Wüste des US-Staates New Mexico wurden Anfang August 1945 die ersten Atombomben über den japanischen Städten Hiroshima und Nagasaki abgeworfen, wobei unmittelbar 126.000 Menschen starben, weitere 90.000 durch Spätfolgen. Oppenheimer belastete seine Erfindung schwer. Weil er sich gegen eine Weiterentwicklung von Atomwaffen wandte, wurde er fälschlicherweise der Spionage für die Sowjetunion bezichtigt und erst nach Jahren rehabilitiert.
Sein Enkel gibt sich auf eine entsprechende Frage der APA als dezidierter Gegner von Atomwaffen zu erkennen, sieht die internationalen Bemühungen für ein Atomwaffenverbot aber skeptisch. Der - federführend von Österreich verhandelte - Atomwaffenverbotsvertrag (TPNW) sei zwar "theoretisch großartig", so Charles Oppenheimer. "Aber ich denke nicht, dass es genauso praktikabel ist wie eine bessere Kooperation innerhalb der bestehenden Rahmen." Man sollte sich vielmehr auf jene Dinge konzentrieren, auf die sich alle Atommächte verständigen können, "etwa, dass es keine unabsichtlich von künstlicher Intelligenz ausgelösten nuklearen Feindseligkeiten geben kann". Auch sollte der Dialog zwischen den größten Atommächten USA, Russland und China verstärkt werden. Auf die Frage, ob man die Gefahr eines Atomkriegs auch bannen könnte, indem man zur Herstellung eines universellen Gleichgewichts allen Ländern die nukleare Bewaffnung erlaube, sagte Oppenheimer: "Das wäre eine grauenhafte Vorstellung."
WIEN - ÖSTERREICH: FOTO: APA/Stefan Vospernik