Am 9. November jährt sich der Fall der Berliner Mauer zum 35. Mal. Doch Grenzmauern und -zäune sind keine Relikte aus der Vergangenheit. Mehr denn je sind sie heute feste Bestandteile von Sicherheits- und Zuwanderungsdebatten
Mit dem Fall der Berliner Mauer wuchs die Hoffnung auf eine grenzenlose Welt. Doch Mauern sind keinesfalls Geschichte. Im Gegenteil: Im 21. Jahrhundert erleben sie eine weltweite Renaissance. Mit 74 Grenzbarrieren im Jahr 2022 hat sich die Zahl seit Ende des Kalten Krieges laut dem Migration Policy Institute versechsfacht. Die Motive hinter der Errichtung von Mauern sind vielfältig und komplex. Oft geht es dabei um das Verhindern illegaler Migration, terroristischer Anschläge oder simplen Schmuggels.
Mexiko-USA: Trumps Mauer
An der Grenze zwischen Mexiko und den USA endet der amerikanische Traum für viele Migranten tödlich: 2022 starben mindestens 853 Menschen beim Versuch, die Grenze zu überqueren – ein trauriger Rekord. Donald Trumps Wahlversprechen war 2015, die gesamte Grenze zu Mexiko mit einer Mauer zu versiegeln, um die Migration drastisch zu stoppen. Während seiner Amtszeit wurden neue Barrieren in der Länge von 732 Kilometern errichtet, die Kosten beliefen sich auf etwa 15 Milliarden Dollar. Unter Präsident Joe Biden wurde das Projekt weitgehend gestoppt, außer für Abschnitte mit bereits bestehenden Verträgen. Die Mauer machte die Grenzüberquerung deutlich gefährlicher und führte zu erheblichen Umweltschäden.
Spanische Exklaven: Ceuta und Melilla
In den spanischen Exklaven Ceuta und Melilla an der nordafrikanischen Küste trennen sechs Meter hohe Zäune die EU von Marokko. Die in den 1990er-Jahren errichteten Barrieren aus mehreren Schichten mit Stacheldraht, Überwachungskameras und Wachtürmen sind oftmals Schauplatz tragischer Zwischenfälle und humanitärer Krisen. Marokko setzt die Exklaven immer wieder als Druckmittel in politischen Verhandlungen ein, um Unterstützung und Zugeständnisse von der EU zu erhalten.
Haiti und die Dominikanische Republik
Die Grenze zwischen Haiti und der Dominikanischen Republik ist ein Ort der Spannungen. Politische Maßnahmen wie der Bau einer Grenzmauer, der im Februar 2023 begann, sollen illegale Migration und Schmuggel eindämmen. Haitianer werden in der dominikanischen Grenzstadt Dajabón aber oft -gewaltsam zurückgeführt. Gleichzeitig ist die Dominikanische Republik auf haitianische Arbeitskräfte angewiesen, insbesondere in der Landwirtschaft und im Tourismus.
Halbinsel der Gegensätze: Nord- und Südkorea
Die demilitarisierte Zone (DMZ) trennt Nord- und Südkorea über einen 250 Kilometer langen Streifen. 1953 nach dem Koreakrieg im Rahmen eines Waffenstillstandsabkommens errichtet ist die DMZ mit Minenfeldern und schwer bewaffneten Soldaten gesichert. Beide Seiten haben massive militärische Stellungen entlang der Grenze, und es kommt immer wieder zu Zwischenfällen und Provokationen. Die Grenze ist zum Symbol für den andauernden Konflikt zwischen Nord- und Südkorea geworden und ein Mahnmal für die Unfähigkeit, einen endgültigen Friedensvertrag zu erreichen.
Symbol des ewigen Konfliktes: Israels Sperranlage im Westjordanland
Die israelische Sperranlage zum Westjordanland ist mehr als nur eine physische Barriere – sie ist ein Symbol für den andauernden Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern. Der über 700 Kilometer lange Zaun wurde Anfang der 2000er-Jahre als Sicherheitsmaßnahme gegen palästinensische Selbstmordattentäter und terroristische Angriffe gebaut. Die Mauer verläuft jedoch teilweise tief im Westjordanland und schneidet palästinensische Dörfer ab, was zu erheblichen Spannungen führt. Israel betrachtet die Sperranlage als notwendige Verteidigungsmaßnahme, während der Internationale Gerichtshof sie als völkerrechtswidrig einstuft.
Berm: Verminter Sandwall in der Westsahara
Ein stark verminter Sandwall („Berm“) erstreckt sich von Norden nach Süden durch die Westsahara und trennt das sahrauische Volk. Die Barriere wurde in den 1980er-Jahren errichtet und soll verhindern, dass Guerillakämpfer der Polisario-Front in den von Marokko kontrollierten Westteil gelangen. Während die Sahrauis im Osten seit Jahrzehnten auf ihre Freiheit hoffen, hält Marokko den westlichen Teil des Gebiets laut diversen internationalen Erklärungen völkerrechtswidrig besetzt.