Die von ihm mitverschuldete Budget-Misere muss Magnus Brunner nicht mehr selbst ausbaden. In seiner neuen Rolle als EU-Kommissar für Inneres und Migration warten andere große Brocken auf den Ex-Finanzminister. Nun muss er liefern – auch um seiner Partei willen
Magnus Brunners Weg nach Brüssel beginnt in Straßburg – nicht erst bei seiner Anhörung vor dem Europäischen Parlament Anfang November, sondern schon Ende der 1990er. Brunner macht dort ein Praktikum im Europäischen Parlament, als er in der Cafeteria den späteren Landeshauptmann Vorarlbergs, Herbert Sausgruber entdeckt. Wie Brunner selbst ist dieser in Höchst am Bodensee aufgewachsen. Die beiden kommen ins Plaudern.
Der junge Jurist Brunner unterstützt Sausgruber später im Wahlkampf und wird sein Büroleiter. Die Politik hat es ihm angetan, er wird selbst aktiv. Erst im Gemeinde-, dann im Bundesrat. Nebenbei arbeitet er in der landeseigenen Energiewirtschaft. Nach mehr als 10 Jahren Bundesrat steigt Brunner Anfang 2020 zum Staatssekretär in Leonore Gewesslers grünem „Superministerium“ auf – als ÖVP-„Aufpasser“, munkelt man.
Später, steiler Aufstieg
Nur ein Jahr später wird Brunner Finanzminister. Pandemie und Inflation belasten Österreichs Wirtschaft, die dadurch nötigen staatlichen Hilfen das Staatsbudget. Die Verschuldung steigt. Brunner will eine Trendwende schaffen. 2023 überrascht er mit der Ankündigung, dass Österreich ab 2024 wieder die Budgetdefizitgrenze von drei Prozent des BIP einhalten würde, zu der sich die EU-Staaten verpflichtet haben. Im News-Interview verkündet Brunner, Österreich habe es geschafft, „als einer von wenigen Staaten in Europa das erste Mal seit Jahren die Maastricht-Grenze wieder einzuhalten.“
Einsicht erst nach der Wahl
Leider fällt der Wirtschaftsaufschwung, auf dem seine Prognose aufbaut, deutlich schwächer aus. WIFO und Fiskalrat prognostizieren daher bereits im Frühling ein Defizit von über drei Prozent. Bis zur Nationalratswahl bleibt Brunner dabei, die Grenze würde nicht überschritten. Vier Tage nach der Wahl lässt sein Ministerium die Bombe platzen: 3,3 Prozent wird das Defizit betragen. „Wir haben zu viel ausgegeben,“ sagt Brunner kürzlich beim Mediengipfel in Lech. Aber: „Aus guten Gründen mehr Geld zur Verfügung stellen und gleichzeitig sparen zu wollen, das ist das schizophrene Dilemma eines Finanzministers“.
Scheitern verboten
Nun geht es für ihn in die EU-Kommission. Ursula von der Leyen teilt Brunner die ihm inhaltlich fremden und extrem anspruchsvollen Agenden „Inneres und Migration“ zu. In seiner Anhörung vor dem Europäischen Parlament sagt er, die „Quadratur schwieriger Kreise“ sei schon bisher sein Job gewesen. In Österreich ist der Budget-Kreis rund geblieben. Das kann sich Europa bei Brocken wie dem Asyl- und Migrationspaket, für dessen Umsetzung er nun verantwortlich ist, nicht leisten – und die ÖVP auch nicht, für die es nun schwerer wird, Probleme im Asyl- und Migrationsbereich auf „Brüssel“ zu schieben.
Dieser Artikel ist zuerst am 19.12.2024 in der News-Printausgabe Nr. 51/52 erschienen.