Mit einem klaren „Ich kandidiere“ bringt sich Leonore Gewessler als neue Bundessprecherin der Grünen in Stellung. Unterstützung kommt von allen Seiten – inklusive Werner Kogler, Alma Zadić und Stefan Kaineder. Experten loben, mahnen aber zur thematischen Öffnung. Doch reicht das für einen Neustart der Partei?
Jetzt ist es offiziell: Leonore Gewessler, ehemalige Klimaschutzministerin und langjährige grüne Hoffnungsträgerin, tritt die Nachfolge von Werner Kogler an – zumindest, wenn es nach dem Willen der Parteibasis geht. „Ich mach’s. Ich kandidiere als Bundessprecherin der Grünen“, ließ die 47-Jährige am Mittwoch in einer persönlichen Videobotschaft verlauten. Damit wird eine Entwicklung bestätigt, die sich in den vergangenen Wochen längst abgezeichnet hatte.
Der Weg scheint frei: Alma Zadić und Stefan Kaineder, ebenfalls als mögliche Kogler-Nachfolger gehandelt, verzichteten umgehend auf eine eigene Kandidatur und stellten sich hinter Gewessler. „Meine Unterstützung hast du – every step of the way“, schrieb Zadić auf Social Media. Und auch Kaineder sprach von einer „richtigen Entscheidung“ für die Partei. Selbst Kogler, der am 29. Juni offiziell abtritt, ließ via Emoji-Herz und Lobeshymne keine Zweifel an seiner Präferenz: „Ich verneige mich – vor deiner Entschlossenheit, deiner Klarheit und deiner Kompetenz.“
Grüne Einigkeit – selten, aber stark
Dass sich Partei und Spitzenpersonal so geschlossen zeigen, ist bei den Grünen eher die Ausnahme – und könnte für Gewessler zum entscheidenden Vorteil werden. Auch abseits der Parteizentrale ist der Rückhalt spürbar: Klubobfrau Sigrid Maurer, Generalsekretärin Olga Voglauer und die Wiener Spitzenkandidatin Judith Pühringer reihten sich in den Chor der Unterstützer:innen ein.
Inhaltlich bleibt sich Gewessler treu. In ihrer Antrittsbotschaft spricht sie von einer „grünen Partei an der Seite der Menschen“ und davon, dass „unsere Kinder einen intakten Planeten erben sollen“. Trotz multipler Krisen – von Ukraine-Krieg bis Kickl – wolle sie Mut machen. „Ich nehme das ernst – und ich will es besser machen“, so ihr kämpferischer Appell.
Hoher Bekanntheitsgrad, klare Haltung – aber zu wenig Breite?
Politikberater Thomas Hofer spricht von einer „logischen Entscheidung“. Gewessler stehe wie keine andere für das grüne Kernthema – Umwelt und Klima. „Aber sie muss an thematischer Breite gewinnen“, mahnt der Experte. Gerade in ihrer Zeit als Ministerin habe sie wenig Signale über die klassischen Umweltanliegen hinaus gesetzt.
Auch Meinungsforscher Peter Hajek ortet Potenzial, verweist aber auf einen entscheidenden Punkt: „Die einzige Frage ist: Kann sie auch eine Partei führen – nicht nur politisch, sondern auch menschlich?“ Immerhin: Ihre frühere Rolle als Geschäftsführerin bei Global 2000 habe gezeigt, dass sie Organisationen leiten könne – ganz ohne Skandale im Nachgang.
Kampfansage mit Charisma
Gewessler polarisiert – und genau das sehen Beobachter wie Hajek als Stärke: „Polarisierung ist kein Nachteil. Sie bringt Profil und Klarheit.“ Ihre Position zum Lobautunnel oder zur CO₂-Bepreisung hat ihr in der Vergangenheit Kritik eingebracht – aber auch Respekt.
Der offizielle Showdown steigt am 29. Juni beim Bundeskongress in Wien. Zwar sind theoretisch Gegenkandidaturen möglich, doch angesichts der parteiinternen Rückendeckung scheint ein grünes Gewessler-Zeitalter fast beschlossene Sache zu sein.
Fazit: Die Grünen stellen sich neu auf – mit einer Frau, die überzeugt, aber auch herausfordert. Der Kurs? Grün, kantig und ambitioniert. Bleibt die Frage, ob das auch die Wähler:innen überzeugt.