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J. D. Vance - Konservative auf Abwegen

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J. D. Vance

©Bloomberg via Getty Images/Eva Marie Uzcategui
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Während die Demokraten sich nach der Absage von Joe Biden neu sortieren, steht das Wahlticket der Republikaner. Der Running Mate von Donald Trump, J. D. Vance, passt dabei ins bürgerlich-konservative Bild der Partei. Dieses Duo ist inhaltlich allerdings eine Abkehr von klassisch konservativen und neoliberalen Ideen. Damit haben die Trumpisten endgültig das Ruder der „Grand Old Party“ an sich gerissen – aber zu welchem Preis?

Die Show war erfolgreich. Der republikanische Parteitag vergangene Woche war ein perfektes Schauspiel überwiegend weißer Konservativer.

Vance und der amerikanische Traum

Unzählige Cowboyhüte im Publikum, verstümmelte Veteranen, die nun als Senatoren über die Wichtigkeit einer handlungsfähigen US-Armee redeten, und viele abgeklebte Ohren, welche die Solidarität mit dem angeschossenen Donald Trump symbolisierten. Mit dem Attentat auf den ehemaligen Präsidenten ließ sich die Geschichte des Märtyrers Trump erzählen, welcher für den amerikanischen Traum sogar sein Leben opfern würde.

Dabei passt die Erzählung des neuen Running Mate J. D. Vance wie die Faust aufs Auge. Aus armen Verhältnissen schaffte es Vance weg vom Drogensumpf des amerikanischen Rust Belts zum Senator und darf nun auf die Vizepräsidentschaft hoffen. Dabei war er selbst beim Militär, studierte Jus an der Eliteuniversität Yale und arbeitete bei einer Investmentfirma. Er verkörpert den amerikanischen Traum, an den gerade weiße, konservative Menschen vielfach nicht mehr glauben. Genau deswegen dürfte Donald Trump diesen Mann als seinen Wahlkampfkompagnon ausgewählt haben. Seine Lebenserzählung spricht viele inzwischen wirtschaftlich Abgehängte an. Diese Geschichte erzählt der 39-jährige Vance gerne und vor allem gut. Seine Nominierungsrede stellte da jedoch eine Ausnahme dar. Überraschend schlecht versuchte Vance, seine, so oft schon erzählte, Erfolgsstory mit politischen Ideen zu verknüpfen.

Das Buch über sein Leben wurde zum Bestseller und er tourte damit durch die gesamten USA. Die Persona J. D. Vance ist maßgeschneidert für den Anstrich, den die Republikaner behalten möchten. Dabei wurden schon große Parallelen gezogen. So verglich der Politiker Matt Gaetz den neuen Running Mate auf dem republikanischen Parteitag mit Abraham Lincoln.

Inhaltliche Kehrtwenden

Der erste republikanische Präsident, Lincoln, hatte mit den aktuellen Vorstellungen der leitenden Personen in der Partei allerdings nicht viel gemeinsam. Lincoln wurde während des amerikanischen Bürgerkriegs zum Präsidenten gewählt und setzte das Ende der Sklaverei in Amerika durch. Damals wurde er insbesondere von Menschen aus den Nordstaaten für seine progressiven Ideen gewählt. Die Übereinstimmung zur jetzigen Partei ist dadurch kaum noch gegeben. Im Laufe der 60er rückten die Republikaner nach rechts und begannen verstärkt, nach christlich-konservativen Stimmen zu fischen. Unter Nixon versuchte die Partei, Wählerinnen und Wähler aus den Südstaaten zu binden, welche die Gleichstellung von Schwarzen ablehnten. Unter der Führung von Ronald Reagan kam eine neoliberale Wirtschaftspolitik hinzu, welche seitdem die wirtschaftlichen Ideen der Republikaner prägt. Somit drehte sich die politische Landkarte in den USA völlig und die Republikaner waren die konservativere der beiden Parteien.

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ABRAHAM LINCOLN:

Der erste republikanische Präsident setzte die Abschaffung der Sklaverei durch. Unter seiner Führung gewannen die Nordstaaten den amerikanischen Bürgerkrieg. Damals überzeugte er insbesondere die Wählerschaft im Norden der USA durch seine progressiven Ideen und Wertvorstellungen. Am 14. April 1865 wurde Lincoln von einem Südstaatenfanatiker in Washington erschossen.

 © picturedesk.com/Science Photo Library
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RONALD REAGAN:

Mit der Präsidentschaft von Reagan setzte sich endgültig ein neoliberaler Wirtschaftskurs in der Republikanischen Partei durch. Außerdem verschob sich der Fokus der Partei auf eine weiße Wählerschaft der Südstaaten. Insbesondere seine Wirtschaftspolitik von geringeren Sozialausgaben und Steuersenkungen (Reaganomics) prägt bis heute die Republikanische Partei. Unter Konservativen gilt er als bester Präsident seit dem Zweiten Weltkrieg. Auch auf Reagan wurde im Jahr 1981 ein Attentat verübt, welches er überlebte.

 © picturedesk.com/Everett Collection

Über Jahrzehnte war die neoliberale Wirtschaftspolitik Kern der Republikaner, zusammen mit der Autonomie der Staaten. Bis Trump sie mit seiner Präsidentschaft wegfegte. Mit „America First“ schränkte der ehemalige Präsident den Freihandel ein und warf damit den wirtschaftspolitischen Kern der Republikaner über Bord. Der geschickte Schachzug in seinem ersten Wahlkampf: Mike Pence. Hinter ihm konnten sich alle christlichen, klassisch konservativen Stimmen der Partei vereinen.

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 © News

Übernahme der Trumpisten

Der aktuelle Running Mate ist hingegen eine Niederlage für die alte konservative Strömung. Mit J. D. Vance steht ein Mann neben Trump, der zwar die alten republikanischen Werte über seine Vita ausstrahlt, inhaltlich aber auf einer Linie mit Trump liegt. Wahlkampftaktisch ist diese Entscheidung einfach zu erklären. Mit seiner Lebensgeschichte soll Vance weiße, verarmte Menschen im Rust Belt abholen, die über Sieg oder Niederlage bei der Präsidentschaftswahl entscheiden könnten. Damit haben sich die Trumpisten klar durchgesetzt. Es ist allerdings eine Wette darauf, dass die Stammwählerschaft sich nicht abwendet. Die Demokraten könnten versuchen, mit einem neuen Präsidentschaftsduo genau diese Zielgruppe zu erreichen. Denn nicht alle republikanischen Wählerinnen und Wähler sind vollständig vom Trumpismus überzeugt. Zwar hat das Trump-Team mit Running Mate Vance den Führungsanspruch innerhalb der Partei eindeutig durchgesetzt, allerdings unter dem Risiko, sich angreifbar zu machen.

Dieser Beitrag ist ursprünglich in der News-Printausgabe Nr. 30+31/2024 erschienen.

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