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Die Waffenruhe, die Ende November nach einem Jahr des Kriegs zwischen Israel und der libanesischen Hisbollah vereinbart worden war, sah nämlich einen vollständigen Abzug der israelischen Truppen aus dem Libanon bis Dienstag vor. Die libanesische Führung bekräftigte die Forderung nach einem kompletten Abzug. Nach einem Treffen des Präsidenten Joseph Aoun, des Premiers Nawaf Salam und des mit der Hisbollah verbündeten Parlamentspräsidenten Nabih Berri teilte sie dies in einer Stellungnahme mit. Man sehe die fortwährende israelische Präsenz auf libanesischem Boden als Besatzung, hieß es. Hisbollah-Chef Naim Qassem hatte Israel in einer Fernsehansprache gedroht: Sollten ihre Truppen über den 18. Februar hinaus im Libanon bleiben, handle es sich um eine Besatzung - und jeder wisse, "wie mit einer Besatzung umgegangen wird".
Israel begründete den Verbleib in fünf Posten in Grenznähe damit, dass die libanesische Armee nicht schnell genug nachgerückt sei und damit ihre Verpflichtungen nicht erfüllt habe. Verteidigungsminister Israel Katz teilte mit, Israel werde "in einer Pufferzone im Libanon in fünf Stützpunkten mit Überblick bleiben und mit Kraft und ohne Kompromisse gegen jeglichen Verstoß durch die Hisbollah vorgehen". Man sei fest entschlossen, die Sicherheit der Einwohner des israelischen Nordens zu gewährleisten. Daher würden auch viele weitere Posten auf der israelischen Grenze eingerichtet und mit Truppen verstärkt, sagte Katz nach Angaben seines Büros.
Israel hat die Sorge, die Hisbollah könnte nach deren Rückkehr israelische Einwohner des Grenzgebiets angreifen, ähnlich wie die Hamas am 7. Oktober 2023. Im Grenzgebiet waren Tunnelsysteme der Miliz gefunden und zerstört worden. Rund 60.000 Einwohner des israelischen Nordens flohen während des Kriegs, die meisten davon sind nach Militärangaben bis jetzt nicht in die teilweise zerstörten Wohnorte zurückgekehrt. Ein israelischer Militärsprecher sagte, die "vorübergehende Maßnahme" sei mit der von den USA und Frankreich angeführten internationalen Kommission abgesprochen, die über die Einhaltung des Abkommens wachen soll.
Die Vereinten Nationen kritisierten unterdessen den verzögerten Abzug der israelischen Truppen. "Eine weitere Verzögerung dieses Prozesses ist nicht das, was wir uns erhofft hatten", hieß es in einer gemeinsamen Erklärung der UNO-Beobachtermission UNIFIL im Libanon und der zuständigen UNO-Sonderkoordinatorin Jeanine Hennis-Plasschaert. Dennoch seien seit Inkrafttreten der Waffenruhe zwischen Israel und der Hisbollah auch Fortschritte verzeichnet worden. Die UNO begrüßte, dass sich das israelische Militär aus bewohnten Gebieten zurückgezogen habe.
Die libanesische Armee soll gemäß der Vereinbarung militärische Bewegungen der Hisbollah im Grenzgebiet verhindern. Die Miliz soll sich bis hinter den - etwa 30 Kilometer nördlich der Landesgrenze verlaufenden - Litani-Fluss zurückziehen. Auch dies ist nach israelischer Darstellung bisher nicht vollständig geschehen. Ein Hindernis dabei: Viele der Hisbollah-Anhänger stammen aus Grenzorten und leben dort normalerweise auch.
Nach dem von der Hamas angeführten Terrorangriff auf Israel am 7. Oktober 2023 hatte die Hisbollah begonnen, den Norden Israels mit Raketen zu beschießen. Der Konflikt eskalierte im September 2024 und entwickelte sich zu einem blutigen Krieg zwischen der Schiiten-Miliz und dem jüdischen Staat, der im Libanon 4.047 Menschen das Leben kostete und in Israel 76 Menschen.
Die Vereinbarung zur Waffenruhe sah ursprünglich den Abzug der israelischen Truppen binnen 60 Tagen vor. Doch Israel veranlasste eine Verlängerung bis zum 18. Februar. Seit Inkrafttreten der Ende November vereinbarten Waffenruhe kam es von beiden Seiten zu Verstößen.
Aktiven Beschuss auf Israel gab es während der Waffenruhe nicht mehr. Libanons Armee warf Israel jedoch wiederholt Angriffe auf libanesisches Gebiet vor. Erst am Montagnachmittag wurde bei einem israelischen Angriff nahe der Küstenstadt Sidon nach Militärangaben ein Mitglied der Hamas getötet. Die Angaben der Konfliktparteien lassen sich unabhängig kaum überprüfen.