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Bei eisigen Temperaturen gingen Hunderte Menschen am Sonntag zum Grab von Nawalny und erwiesen ihm so noch einmal die Ehre. Unter ihnen waren auch Familien mit Kindern. Viele Trauernde legten Blumen am Grab ab. Sie kamen zum Friedhof, obwohl sie sich damit der Gefahr von Repressalien durch die russischen Behörden aussetzten.
Nawalny war der schärfste Widersacher des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Seine Anhänger und zahlreiche westliche Politiker machen die russische Führung für den Tod des Oppositionellen verantwortlich.
Unterdessen geht die russische Justiz weiter rigoros gegen Andersdenkende vor. Vor allem sollen die Hunderten politischen Gefangenen abschreckend wirken und jeden Widerstandsgeist im Keim ersticken. Die Liste der inhaftierten Gegner von Präsident Wladimir Putin und seines Angriffskrieges gegen die Ukraine ist lang.
Die in Moskau verbotene, mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnete Menschenrechtsorganisation Memorial listet 785 politische Gefangene auf. Drei Anwälte Nawalnys sind im Jänner zu langen Haftstrafen verurteilt worden, weil sie den Putin-Gegner verteidigt hatten. Und Nawalny, der an seinem Todestag am 16. Februar erst 47 Jahre alt war, ist auch nicht der Einzige, der in Gefangenschaft starb.
Wer Nawalny als Vorbild stilisiert oder auch seinen Anti-Korruptions-Fonds FBK unterstützt, riskiert viele Jahre Haft wegen Extremismus. Nawalnys politische Bewegung gegen die verbreitete Schmiergeldkultur und Machtmissbrauch ist verboten. Und auch nach seinem Tod werden die Gesetze gegen Andersdenkende in Russland weiter verschärft. Seine im Exil arbeitenden Anhänger und nicht zuletzt seine Witwe Julia Nawalnaja müssen auch in der EU um ihr Leben fürchten.
Der russische Auslandsgeheimdienst SWR warnte kurz vor Nawalnys Todestag öffentlich vor möglichen Anschlägen auf Vertreter der russischen Opposition im Ausland. Putins Spionageapparat behauptete, dass der ukrainische Geheimdienst solche Taten plane und Russland in die Schuhe schieben wolle. Aber etwa der im vergangenen Jahr bei einem Gefangenenaustausch freigelassene Oppositionelle Ilja Jaschin macht klar, dass es sich vielmehr um eine für den Kreml typische offene Drohung handle: Kein Gegner Putins solle sich sicher fühlen können - egal wo.
Der Kreml hat kritische Medien und die Opposition weitgehend ausgeschaltet. Viele Gegner Putins schweigen aus Angst um ihr Leben. Die Kremlgegner im Ausland haben es ebenfalls schwer, wenn auch auf andere Weise. Viele sind seit langem im Exil, andere sind in den fast drei Jahren des Kriegs gegen die Ukraine geflüchtet. Die Oppositionellen Jaschin und Wladimir Kara-Mursa sowie Oleg Orlow von Memorial mussten gegen ihren Willen Russland verlassen.
Für Helmut Brandstätter, NEOS-Delegationsleiter im EU-Parlament, stand Nawalny für "Mut und Wahrheit". Die Verfolgung seiner Unterstützer zeige, dass Putins Terror weiterhin keine Grenzen kenne.
People lay flowers at the grave of Russian opposition leader Alexei Navalny at the Borisovo cemetery in Moscow on February 16, 2025, marking the first anniversary of his death in an Arctic colony under murky circumstances. (Photo by Alexander NEMENOV / AFP)