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HTS-Chef in Syrien fordert Aufhebung von Sanktionen

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Golani spricht von Vertrag für "soziale Gerechtigkeit"
©APA/APA/AFP/AREF TAMMAWI
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Der Chef der siegreichen Islamisten in Syrien hat die Aufhebung von Sanktionen als notwendig für die Rückkehr von Flüchtlingen in das Land bezeichnet. HTS-Chef Mohammed al-Golani, der inzwischen unter seinem bürgerlichen Namen Ahmed al-Sharaa auftritt, sprach bei einem Treffen mit britischen Diplomaten am Montag von der Notwendigkeit, "alle gegen Syrien verhängten Sanktionen aufzuheben, um die Rückkehr syrischer Flüchtlinge in ihr Land zu ermöglichen".

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Die EU hat scharfe Sanktionen gegen Syrien unter der Herrschaft des gestürzten Präsidenten Bashar al-Assad eingeführt. Die islamistische Rebellengruppe Hayat Tahrir al-Sham (HTS), die den Sturz Assads anführte, ist aber ebenfalls seit Jahren mit Sanktionen belegt. Die EU wird die Sanktionen gegen Syrien nach den Worten ihrer Außenbeauftragten Kaja Kallas vorerst nicht aufheben. Die neuen Machthaber müssten erst sicherstellen, dass Minderheiten nicht verfolgt und zugleich die Rechte der Frauen geschützt werden, sagte die EU-Außenbeauftragte unlängst in einem Interview.

Am Dienstag kündigte Kallas an, dass die Europäische Union ihre Delegation in Syrien wiedereröffnen werde. Die EU-Delegation in Syrien, die einer Botschaft gleicht, sei zwar nie offiziell geschlossen worden, allerdings habe es während des Krieges in Syrien keinen akkreditierten Botschafter in Damaskus gegeben, so Kallas. "Wir möchten, dass diese Delegation wieder voll einsatzfähig ist", sagte die EU-Außenbeauftragte im Europäischen Parlament. Kallas sagte, sie habe den Leiter der EU-Delegation gebeten, am Montag nach Damaskus zu reisen, um Kontakt zur neuen Führung in Syrien und zu verschiedenen anderen Gruppen aufzunehmen.

Al-Golani betonte in dem Gespräch auch die Bedeutung der "Wiederherstellung von Beziehungen" zu London, wie seine Gruppe im Onlinedienst Telegram erklärte. Seit dem Sturz Assads durch Golanis islamistische Kämpfer bemühen sich westliche Staaten um Kontakte zu der neuen Führung in Syrien. Der britische Außenminister David Lammy bestätigte am Montag, die Regierung in London habe "eine hochrangige Delegation für Gespräche mit den neuen syrischen Behörden und Mitgliedern der Zivilgesellschaft in Syrien nach Damaskus geschickt".

Die deutsche Bundesregierung wird nach Angaben des Außenministeriums am Dienstag Gespräche mit Vertretern der syrischen Übergangsregierung in Damaskus führen. Bei den Gesprächen werde es um einen Übergangsprozess für Syrien und den Schutz von Minderheiten gehen, sagte eine Sprecherin des Außenministeriums. "Außerdem werden dort Möglichkeiten einer diplomatischen Präsenz in Damaskus ausgelotet", sagte sie. Zudem soll es Treffen mit Vertretern der syrischen Zivilgesellschaft und christlicher Gemeinden geben. "Wir beobachten die Aktivitäten der HTS und der HTS-eingesetzten Übergangsregierung genau. Soweit man das überhaupt schon sagen kann, agieren sie bisher umsichtig", sagte die Sprecherin.

Auch Frankreich streckt seine Fühler zu den neuen Machthabern aus. "Frankreich bereitet sich darauf vor, auf Dauer an der Seite der Syrer sein", sagte der Sondergesandte Jean-François Guillaume am Dienstag kurz nach seiner Ankunft in Damaskus. Französische Sicherheitskräfte drangen in die seit 2012 geschlossene Botschaft des Landes ein und knackten das Schloss der Eingangstür. Anschließend wurde die französische Flagge am Botschaftsgebäude gehisst. Guillaume erklärte, dass er mit den "faktischen Machthabern" Kontakt aufnehmen wolle. Er hoffe, dass die Übergangsperiode friedlich bleibe, fügte er hinzu.

Zuvor hatte Golani die Auflösung der Kämpfergruppen und ihren Eintritt in die Armee angekündigt. Die verschiedenen Fraktionen "werden aufgelöst und die Kämpfer für die Reihen des Verteidigungsministeriums ausgebildet, wobei alle dem Gesetz unterliegen", erklärte der HTS-Anführer am Montag auf Telegram.

Er kündigte am Montag auch an, einen "Vertrag" zwischen dem Staat und Religionen schließen zu wollen, um "soziale Gerechtigkeit" sicherzustellen. "Syrien muss geeint bleiben, und es muss einen Sozialvertrag zwischen dem Staat und allen Konfessionen geben, um soziale Gerechtigkeit zu gewährleisten", erklärte der Islamisten-Chef bei einem Treffen mit Würdenträgern der Gemeinschaft der Drusen nach Angaben seiner von der HTS angeführten Koalition bei Telegram. Bei den Drusen handelt es sich um eine Gemeinschaft, deren Religion aus dem Islam hervorgegangen ist.

Kämpfer unter Führung der islamistischen HTS-Miliz hatten am 8. Dezember Damaskus erobert und die langjährige Herrschaft des Machthabers Bashar al-Assad in Syrien beendet. Die wichtigsten Verbündeten Assads - Russland, der Iran und die im Libanon ansässige Hisbollah-Miliz - griffen nicht ein, um den Vormarsch der islamistischen Kämpfer auf die syrische Hauptstadt zu stoppen. Assad, dem Entführung, Folter und Ermordung von Andersdenkenden vorgeworfen werden, floh nach Russland.

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