News Logo
ABO

Französischer Rechtsextremist Jean-Marie Le Pen gestorben

Subressort
Aktualisiert
Lesezeit
6 min
Jean-Marie Le Pen gestorben (Archivbild von 2010)
©APA/APA/AFP/PATRICK VALASSERIS
  1. home
  2. Aktuell
  3. Politik
Der französische Rechtsextremist Jean-Marie Le Pen ist tot. Der Gründer der Partei Front National, Vorgängerin des heutigen Rassemblement National, starb im Alter von 96 Jahren, wie Le Pens Familie am Dienstag mitteilte. Le Pen hatte Aufsehen erregt, als er 2002 überraschend gegen den Konservativen Jacques Chirac in die Stichwahl der französischen Präsidentschaftswahl gekommen war.

von

Le Pen wurde 1928 in der Bretagne als Sohn eines Fischers und einer Näherin geboren. Nach Jus- und Politik-Studium ging er zur französischen Fremdenlegion und kämpfte in verschiedenen Kolonialkriegen Frankreichs. Mehrfach wurde ihm Folter von Gefangenen im Algerienkrieg (1954-1962) vorgeworfen, er selbst wies dies zurück. Eine Verleumdungsklage gegen die Zeitung "Le Monde" verlor er allerdings im Jahr 2003.

Von 1972 an war er Chef des Front National, dessen Vorsitz 2011 seine Tochter Marine Le Pen von ihm übernahm. Jean-Marie Le Pen trat fünfmal bei Präsidentenwahlen in Frankreich an und schaffte es 2002 überraschend in die Stichwahl, in der er aber Chirac deutlich unterlag. Viele Jahre war der Nationalist auch Abgeordneter im Europäischen Parlament.

Jean-Marie Le Pen war zweimal verheiratet, aus seiner erster Ehe mit dem früheren Model Pierrette Lalanne gingen drei Töchter hervor, darunter als Jüngste Marine Le Pen. Auch seine Enkelin Marion Maréchal, Kind seiner mittleren Tochter Yann, ist politisch aktiv und wurde 2024 für die rechtsextreme Partei Reconquête! ins Europaparlament gewählt, die sie bald nach der Wahl allerdings verließ.

Marine Le Pen stellte den Front National nach Übernahme der Parteiführung neu auf und mäßigte dessen Ton. Sie forderte ihren Vater, der mehrfach wegen antisemitischer Aussagen verurteilt worden war, zum Austritt auf. Der FN schloss Jean-Marie Le Pen schließlich 2015 aus, nachdem er die Gaskammern der Nazis zum wiederholten Male als "Detail der Geschichte" des Zweiten Weltkriegs verharmlost hatte. Er wehrte sich erbittert, warf seiner Tochter "Verrat" vor und griff sie immer wieder öffentlich an. Vor Gericht setzte er durch, dass er zunächst den Titel als Ehrenvorsitzender behalten durfte. Später wurde ihm dieser aber gestrichen.

Der Front National wurde 2018 umbenannt in Rassemblement National und wird seit Ende 2022 von Jordan Bardella geführt. Marine Le Pen agiert seit dem Einzug ihrer Partei in die französische Nationalversammlung 2022 als Fraktionschefin.

Marine Le Pen will ihrerseits bei der nächsten Präsidentschaftswahl 2027 zum vierten Mal kandidieren. Sie erfuhr vom Tod ihres Vaters auf der Rückreise von der Insel Mayotte im Indischen Ozean, wo sie Sturm-Opfer besucht hatte. Sie meldete sich vorerst nicht öffentlich zum Tod ihres Vaters zu Wort.

"Als historische Figur der extremen Rechten hat er fast siebzig Jahre eine Rolle im öffentlichen Leben unseres Landes gespielt, die nun dem Urteil der Geschichte unterliegt", erklärte der Elysée-Palast. Präsident Emmanuel Macron spreche den Angehörigen sein Mitgefühl aus. Premierminister François Bayrou nannte Le Pen eine "Figur des französischen politischen Lebens". "Wenn man gegen ihn kämpfte, wusste man, was für ein Kämpfer er war."

"Ein Kapitel der politischen Geschichte Frankreichs endet", betonte die Partei Rassemblement National (RN). "Er hat die kleine patriotische Partei ohne Mittel zu einer einflussreichen politischen Kraft gemacht", hieß es weiter. Le Pen werde in Erinnerung bleiben "als ein unerschrockener Kämpfer im Dienst einer stolzen Vision von Frankreich".

RN-Parteichef Jordan Bardella erinnerte an Le Pens Einsätze in der französischen Armee in Indochina und Algerien sowie seine Zeit in der Nationalversammlung und im Europäischen Parlament. "Er hat stets Frankreich gedient und seine Identität sowie Souveränität verteidigt." Die Trauer von Marine Le Pen sei zu respektieren, betonte Bardella auf der Plattform X.

Der Parteigründer der linkspopulistischen France Insoumise, Jean-Luc Mélenchon, erklärte wiederum: "Der Kampf gegen den Mann ist beendet. Der Kampf gegen Hass, Rassismus, Islamfeindlichkeit und Antisemitismus - was er verbreitet hat - geht weiter."

Mit Jubel und Feuerwerk feierten Hunderte den Tod Le Pens in Frankreich. Der konservative Innenminister Bruno Retailleau reagierte mit Unverständnis und scharfer Kritik. "Nichts, absolut nichts rechtfertigt es, dass man auf einer Leiche tanzt", schrieb er auf der Plattform X. Auch der Tod eines politischen Gegners solle nur Zurückhaltung und Würde auslösen. "Diese Jubelszenen sind ganz einfach schändlich."

Demonstrantinnen und Demonstranten versammelten sich am Abend auf dem Pariser Place de la République. In einem Video des Senders BFMTV war zu sehen, wie Menschen anstießen und in ausgelassener Stimmung waren. Aufgerufen zu der Zusammenkunft hatte die kleine linke Partei Nouveau Parti Anticapitaliste. Auch in zahlreichen anderen Städten lud sie zum "Apéro", also Feierabend-Drinks. "Jean-Marie Le Pen ist endlich tot", schrieb die Partei auf X zusammen mit einem Smiley mit Partyhut und Tröte.

Der Lokalsender France Bleu berichtete von etwa 200 Demonstranten in Straßburg. Auch in Lyon und Marseille versammelten sich laut der Zeitung "Le Parisien" je 200 bis 300 Menschen, um Le Pens Tod zu feiern.

Über die Autoren

Logo
Monatsabo ab 20,63€
Ähnliche Artikel
2048ALMAITVEUNZZNSWI314112341311241241412414124141241TIER