Die Bevölkerung würde sich im Ernstfall militärische Hilfe durch andere EU-Staaten erwarten, umgekehrt aber keine solche gewähren: Das ist ein Ergebnis politischer Versäumnisse.
FAKTUM DER WOCHE
„Wenn Österreich militärisch angegriffen wird, sollten andere Mitgliedsländer der EU Österreich militärisch unterstützen?“ Die Antwort der Bürgerinnen und Bürger könnte klarer kaum sein: 85 Prozent sagen „definitiv“ oder „eher schon“. Das hat eine Erhebung von Politologen der Universität Innsbruck ergeben, deren Ergebnisse vor wenigen Tagen veröffentlicht worden sind. So sehr sich die Österreicher militärische Unterstützung durch andere EU-Staaten erwarten würden, so gering wäre die Bereitschaft, selbst ebenfalls eine solche zu gewähren: Wenn eines der übrigen Mitgliedsländer angegriffen werden würde, würden nur 20 Prozent Bundesheersoldaten entsenden, um sie an Kampfhandlungen zur Verteidigung mitwirken zu lassen. Für 40 Prozent wären unterstützende Einheiten wie die ABC-Abwehr denkbar. Aber auch das wäre eine Minderheit. Sich auf die Neutralität berufen und auf humanitäre Hilfe beschränken würde hingegen eine deutliche Mehrheit von 69 Prozent.
Das ist ein Ergebnis politischer Versäumnisse: Seit Jahren wird eine Auseinandersetzung mit der Beistandsverpflichtung vermieden, die man gemäß EU-Vertrag hat (Artikel 42 Absatz 7), wird offengelassen, wie man ihr im Falle des Falles nachkommen würde. Lange glaubte man, dass sich die Frage ohnehin nie stellen werde. Heute kann man es nicht ausschließen.
Gerne wird im Lichte aktueller Bedrohungen erklärt, dass die Neutralität hier Grenzen setze. Das ist jedoch ein Vorwand, um sich die heikle Debatte zu ersparen. Laut dem Sicherheitsexperten Franz Eder von der Uni Innsbruck wäre militärischer Beistand durch Österreich möglich. Ein solcher wäre verfassungsrechtlich gedeckt und würde der Solidarität innerhalb der EU entsprechen. Es geht allein darum, ob man ihn für notwendig erachtet und will.


Dieser Beitrag ist ursprünglich in der News-Printausgabe Nr. 11/2025 erschienen.