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Ex-BVT-Kollege mit Erinnerungslücken bei Ott-Prozess

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Auch Jenewein musste sich verantworten
©APA/APA/TOBIAS STEINMAURER/TOBIAS STEINMAURER
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Mit der Zeugenaussage eines ehemaligen Kollegen Otts beim damaligen Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) ist am Montag der Prozess gegen den ehemaligen BVT-Chefinspektor Egisto Ott und den Ex-FPÖ-Nationalratsabgeordneten Hans-Jörg Jenewein fortgesetzt worden. Der Ex-Kollege machte allerdings häufig Erinnerungslücken geltend. So konnte er sich etwa nicht erinnern, ob er unter einem bestimmten Nickname mit Ott gechattet hatte.

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Laut Anklage soll es zwischen Ott und Jenewein ab August 2018 eine "Kooperation" gegeben haben. Jenewein, der dem parlamentarischen BVT-U-Ausschuss angehörte und kurzzeitig auch FPÖ-Sicherheitssprecher war, habe sich von Ott Informationen über ein Treffen des so genannten Berner Clubs beschafft. Ott - zu diesem Zeitpunkt bereits vom Dienst suspendiert - soll dem Politiker eine Liste mit Namen von BVT-Beamten übermittelt haben, die an dieser Länder übergreifenden Begegnung von Nachrichtendienst-Mitarbeitern teilgenommen hatten.

Auch auf die Zusammensetzung der "Soko Tape", die nach dem Ibiza-Video zur Klärung strafrechtlicher Vorwürfe eingerichtet wurde, soll Jenewein Ott angesetzt haben. Der Ex-Politiker soll weiters verbotenerweise Fotos im U-Ausschuss aufgenommen und diese an Ott gesendet haben. Jenewein soll wiederum von Oktober 2018 bis Mai 2019 eine frühere Kabinettsmitarbeiterin Kickls beauftragt haben, ihm Berichte mit Informationen zu Teilnehmenden an zwei Treffen europäischer Nachrichtendienste zu liefern. Im Juni 2020 soll Ott dann einem Deutschen vertrauliche Informationen zu zwei BVT-Beamten und einem verdeckten Ermittler "gesteckt" haben. Alle Angeklagten bestreiten die gegen sie erhobenen Vorwürfe.

Konkret ging es am Montag zunächst um die Zusammensetzung der sogenannten "Soko Tape" - Ott fragte dabei laut Chat-Protokollen einen User mit dem Nickname "Alpha77" , wer in dieser Soko sei. Der damalige BVT-Beamte gab in seiner Zeugenaussage aber an, dass er sich nicht erinnern könne, ob er selbst dieser Alpha 77 gewesen sei. "Wir hatten ja mehrere Nicknames." Auch nach dem Vorhalt des Staatsanwalts, dass die Rufnummer von Alpha 77 auf Otts Handy unter seinem Namen eingetragen war, blieb er bei seiner Darstellung.

Über die Zusammensetzung der "Soko Tape" habe er durch Chats auf sozialen Medien gewusst. Dort sei ebenfalls unter Spitznamen immer wieder darüber gewitzelt worden, wer denn jetzt dort hingehe. "Dort geht keiner hin, der was kann", sei etwa der Tenor gewesen.

Im Anschluss schilderte eine Beamtin der BVT-Nachfolgebehörde Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) die Geheimhaltungsmaßnahmen dort. So würden etwa Teilnehmerlisten an internationalen Gremien keinem Untersuchungsausschuss übermittelt - im Fall des fraglichen Ausschusses sei dies nach ihren Aufzeichnungen auch nicht passiert. Zur näheren Erörterung der Teilnehmerlisten wurde die Öffentlichkeit ausgeschlossen.

Nach Ansicht der Zeugin würden durch die Weitergabe von Namen von DSN-Mitarbeitern nationale Sicherheitsinteressen beeinträchtigt, da etwa so das Vertrauen von Partnerdiensten erschüttert würde. Die Verteidigung Jeneweins wiederum konterte, dass er als Mitglied des damaligen Unterausschusses das zuständige Organ für die Kontrolle der Geheimdienste gewesen sei. Darüber hinaus seien manche Mitglieder unter Klarnamen im U-Ausschuss aufgetreten, andere im etwa in der Nationalbibliothek aufliegenden Amtskalender ersichtlich.

Auch Ex-BVT-Chef Peter Gridling betonte, dass Teilnehmerlisten am Berner Club Ausschüssen nicht übermittelt werden. Auf diversen internen Spesenabrechnungen würden die Namen aber aufscheinen. Im Unterausschuss wiederum könnten Abgeordnete Fragen stellen - unter Geheimhaltung. Die Auskünfte würden auch nur mündlich erteilt, Informationen über Mitarbeiter würden in diesem Gremium aber erteilt, aber eben unter Geheimhaltungspflicht. Auch im Zuge der Aussagen Gridlings wurde die Öffentlichkeit wiederholt ausgeschlossen.

Für problematisch hielt Gridling auch ein von Ott an Jenewein übermitteltes Foto, das zwei BVT-Beamte mit einem südkoreanischen Kollegen beim Ankauf von Lederhosen zeigte. Auch dies könne das Vertrauen von Partnerdiensten beeinträchtigen. Allgemein schilderte der Ex-BVT-Chef auch die Skepsis von ausländischen Partnern gegenüber dem BVT: Eine kritische Haltung habe es schon vor der Razzia im BVT gegeben, nämlich ab der Bestellung von Herbert Kickl (FPÖ) zum Innenministerium. Mitbekommen habe man das unter anderem durch eine Info der Finnen - diese hätten versehentlich eine Information, die an alle außer Österreich gerichtet war, versehentlich an das BVT geschickt.

Die Staatsanwaltschaft Wien ermittelt seit 2017 gegen Ott wegen Amtsmissbrauchs, geheimen Nachrichtendiensts zum Nachteil Österreichs und weiterer Delikte. Am 29. März 2024 wurde er fest-und bis zum 26. Juni desselben Jahres in U-Haft genommen. Ausschlaggebend für die Inhaftierung waren Informationen, Ott habe Diensthandys von drei früheren Kabinettsmitarbeitern des seinerzeitigen Innenministers Wolfgang Sobotka (ÖVP) und einen Signa-Laptop mit geheimen Information eines EU-Staates dem russischen Inlandsgeheimdienst FSB übergeben. Diese Vorwürfe sind nicht verfahrensgegenständlich und werden von Ott ebenfalls bestritten - die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft in dieser Causa sind noch nicht abgeschlossen.

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