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EU-Mission schickt vorübergehend mehr Soldaten nach Bosnien

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Serbenführer Dodik lässt von separatistischer Politik nicht ab
©APA/APA/AFP/ELVIS BARUKCIC
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Angesichts der jüngsten Spannungen in Bosnien und Herzegowina hat die EU-Mission EUFOR eine "vorübergehende Verstärkung" ihrer Kräfte an Ort und Stelle angekündigt. Dabei handle es sich um eine "proaktive Maßnahme, die darauf abzielt, Bosnien und Herzegowina im Interesse aller seiner Bürger zu unterstützen", erklärte die Mission am Freitagabend. Zur Anzahl der zusätzlichen Kräfte machte die EUFOR zunächst keine Angaben.

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Zudem kündigte die NATO an, dass Generalsekretär Mark Rutte am Montag die bosnische Hauptstadt Sarajevo besuchen werde. Das bosnische Verfassungsgericht hatte am Freitag ein vom bosnischen Serbenführer Milorad Dodik unterzeichnetes Gesetz ausgesetzt, das die Autorität der gesamtstaatlichen bosnischen Polizei und der Justiz innerhalb der überwiegend von bosnischen Serben bewohnten Republika Srpska ablehnt. Der Beschluss des Parlaments der Republika Srpska war eine Reaktion auf ein Gerichtsurteil gegen Dodik, der wegen Missachtung des Hohen Repräsentanten der UNO zu einem Jahr Haft verurteilt worden war.

Wie das Außenministerium in Wien auf X und Bluesky postete, bedrohten die Handlungen Dodiks die Stabilität, die verfassungsmäßige Ordnung und die territoriale Integrität Bosniens. "Wir fordern einen Dialog und die Achtung der Entscheidungen des Verfassungsgerichts. Rechtsstaatlichkeit und Stabilität sind für den EU-Kurs des Landes, den wir unterstützen, von entscheidender Bedeutung."

Die EU-geführte Stabilisierungsmission EUFOR ALTHEA verfügt in Bosnien und Herzegowina über derzeit rund 1.500 Soldaten. An der Mission EUFOR ALTHEA, die seit dem Ende des Bosnien-Krieges für Frieden sorgen soll, ist auch das Bundesheer mit regulär bis zu 700 Angehörigen beteiligt. Darüber hinaus hält das Bundesheer für Fälle, wie er nun eingetreten ist, operative Reservekräfte in einer Zahl von 200 bereit. Der bosnisch-muslimische Vertreter der aus drei Personen bestehenden Präsidentschaft von Bosnien und Herzegowina, Denis Bećirović, forderte die EUFOR auf, ihre Soldaten "an strategischen Punkten" im Land einzusetzen.

Bosnien-Herzegowina ist seit dem 1995 abgeschlossenen Dayton-Abkommen aufgeteilt in die überwiegend von bosnischen Serben bewohnte Republika Srpska und die kroatisch-muslimische Föderation Bosnien und Herzegowina. Die beiden halbautonomen Landesteile sind durch eine schwache Zentralregierung miteinander verbunden. Fast ein Drittel der 3,5 Millionen Einwohner Bosniens lebt in der Republika Srpska, deren Gebiet fast die Hälfte des Balkanstaates ausmacht. Festgeschrieben ist darin auch das einflussreiche Amt eines Hohen Repräsentanten der UNO als Wächter über den Friedensvertrag.

Das nun ausgesetzte Gesetz hatte die ohnehin schon angespannte Lage weiter verschärft. So teilte die in der Republika Srpska liegende Gedenkstätte Srebrenica mit, sie habe ihre Türen "bis auf weiteres" geschlossen. Deren Leitung begründete dies mit der durch die anhaltende politische Krise ausgelösten Unsicherheit.

In der bosnischen Stadt Srebrenica hatten serbische Einheiten im Sommer 1995 rund 8.000 muslimische Männer und Buben ermordet. Das Massaker gilt als eines der schlimmsten Kriegsverbrechen in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg und wurde vom Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien (ICTY) und vom Internationalen Gerichtshof (IGH), dem höchsten UNO-Gericht, als Völkermord eingestuft.

Nach der an bosnische Serben gerichteten Aufforderung Dodiks, die bosnische Polizei und Justiz zu verlassen, warnte auch US-Außenminister Marco Rubio vor einer Destabilisierung der Region. Dodiks Vorgehen gegen die zentralstaatlichen Institutionen von Bosnien und Herzegowina bedrohe die "Sicherheit und Stabilität" des Landes, erklärte Rubio am Freitag (Ortszeit) im Onlinedienst X. "Wir rufen unsere Partner in der Region auf, sich uns anzuschließen und gegen dieses gefährliche und destabilisierende Verhalten vorzugehen", fügte Rubio hinzu.

Dodik hatte bosnische Serben am Freitag dazu aufgerufen, ihre Posten in der Polizei und der Justiz zu verlassen und stattdessen den Institutionen der Republika Srpska beizutreten. Ihnen sei ein Arbeitsplatz unter Beibehaltung ihres Dienstgrades, ihrer Position und ihres Gehalts zugesichert worden, sagte Dodik. Später betonte er, es gebe keine Pläne für eine gewaltsame Eskalation, allerdings habe der von ihm geführte Landesteil "die Fähigkeit sich zu verteidigen, und das werden wir auch tun".

Zuvor hatte Dodik das später vom Verfassungsgericht vorläufig aufgehobene Gesetz unterzeichnet, mit dem Polizei und Justiz des Zentralstaats von Bosnien und Herzegowina aus der Republika Srpska verbannt werden. Mit seiner Unterschrift setzte Dodik am Mittwoch Regelungen in Kraft, wonach bosnischen Serben bis zu fünf Jahre Gefängnis drohen, wenn sie weiterhin für die Polizei oder die Justiz des Zentralstaates arbeiten.

Mit dem zuvor vom Parlament verabschiedeten Gesetz soll der Einfluss der Zentralregierung des Balkanstaates in dem Gebiet eingeschränkt werden. Der Vorstoß des Parlaments war eine Reaktion auf ein Gerichtsurteil gegen Dodik, der wegen Missachtung des einflussreichen Hohen Repräsentanten der UNO in Bosnien zu einem Jahr Haft verurteilt worden war.

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