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Er halte Präsident Trump für einen starken Mann:"Ich will ihn auf unserer Seite haben." Was wird er am 20. Jänner 2025 zu Trumps Amtsantritt sagen? "Was kann ich sagen? Willkommen Donald!", so der ukrainische Präsident. "Ich denke, er (Putin, Anm.) ist verrückt. Ich denke, er (Trump, Anm.) denkt auch, dass er verrückt ist. Er liebt es, zu töten." Mit Verweis auf die öfters von Putin getätigte Aussage, dass man die Ukraine "entnazifizieren" wolle, meinte Selenskyj, dass der russische Präsident selbst der "Haupt-Nazi auf diesem Globus" sei.
Sicherheitsgarantien für die Ukraine könne es nur von der EU und der USA geben. Öffentlich wolle er dazu noch keine Details nennen, dies werde diskutiert. Selenskyj appellierte erneut an die Europäer, mehr Waffen, Drohnen und Luftabwehrsysteme in die Ukraine zu senden. Es gehe nicht darum, dass die Ukraine zu wenige Menschen habe, sondern zu wenige Waffen, sagte er zu einer Frage zur diskutierten Absenkung des Einzugsalters für ukrainische Soldaten. Schützenhilfe kam vom deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz: Dieser appellierte an seine EU-Partner, dass "alle gucken, was sie zusätzlich machen können" in den Bereichen Luftverteidigung, Artillerie oder Munition, damit die Ukraine ihre Souveränität verteidigen könne.
Der EU-Gipfel habe einhellig festgestellt, dass eine gute Zusammenarbeit der EU mit den USA für Sicherheit von größter Bedeutung sei, sagte Bundeskanzler Karl Nehammer nach dem Treffen in Brüssel. Trump sei "ein Gegner jeglichen Kriegs" und gleichzeitig bekannt dafür, dass er gute Deals anstrebe, so Nehammer weiter. Für die Ukraine sei dies ein wichtiges Hoffnungssignal. Trump habe auch guten Kontakt zu Europa gehalten, seine Teilnahme an der Wiedereröffnung der Kathedrale Notre-Dame in Paris sei "ein starkes Signal" gewesen. Jetzt müsse man in Gesprächen sehen, wie die neue Sicherheitsstrategie der USA aussehe. Es gebe jedenfalls einige europäische Persönlichkeiten, die gute Beziehungen zu Trump hätten. Entscheidend sei, Möglichkeiten der Zusammenarbeit auszunützen.
Selenskyj bekräftigte zudem, dass mit Jahresende kein russisches Gas mehr durch die Ukraine nach Europa fließen solle und machte damit entsprechende Hoffnungen des slowakischen Ministerpräsidenten Robert Fico zunichte. Auch wenn das Gas vor dem Transit rechtlich nicht mehr in russischen Besitz wäre, würde dies nichts ändern. "Wir werden nicht mitmachen, dass Geld gemacht wird mit unseren Leben". Eine Ausnahme wäre für ihn denkbar, wenn die Verkäufer des Gases der Ukraine versichern würden, Russland das Geld nicht weiterzugeben.
Nehammer betonte, dass Österreich es geschafft habe, sich unabhängig von russischem Gas zu machen. Gleichzeitig gebe es die Zusage, dass der deutsche Bundestag die Gasspeicherumlage aufheben werde, was ein wichtiger Schritt sei, um die Preise stabil zu halten. Nehammer kündigte weitere nicht-militärische Hilfen Österreichs für die Ukraine an, etwa zur Unterstützung der Energie-Infrastruktur.
Die Slowakei hatte sich jüngst bemüht, weiterhin russisches Erdgas über die Ukraine zu erhalten. Der Kritik Ficos, dass seinem Land durch ein Ende des Transits erhebliche Mehrkosten entstünden, entgegnete Selenskyj, dass die Ukraine "so viel mehr verliere". Es sei "schändlich, im Krieg über Geld zu reden".
Mehrere EU-Spitzen betonten in Brüssel, dass es für Friedensverhandlungen noch zu früh sei. Der neue EU-Ratspräsident Antonio Costa, für den es sein erster Gipfel in dieser Rolle ist, sagte der Ukraine erneut die Unterstützung der EU zu, "jetzt im Krieg und in Zukunft im Frieden". Das "Internationale Recht müsse siegen und die (russische; Anm.) Invasion scheitern", so der Portugiese gegenüber Journalisten. Zusammen werde man auch an einem künftigen EU-Beitritt der Ukraine arbeiten.
Die neue EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas appellierte erneut für mehr Unterstützung für die Ukraine. Sie warnte davor, dass jeder "Vorstoß für baldige Friedensverhandlungen ein schlechter Vorstoß für die Ukraine" sei. "Syrien zeigt uns, dass Russland nicht unbesiegbar ist", betonte die Estin, die eine überzeugte Kritikerin des russischen Präsidenten Wladimir Putin ist. "Wenn die EU eine geopolitische Macht sein will, muss sie geschlossen handeln", so Kallas weiter. Die in Zusammenarbeit mit den US-Verbündeten geleistete Hilfe für die Ukraine sei keine "Wohltätigkeit", sondern von globaler Bedeutung.
Auch für Litauens Präsident Gitanas Nausėda ist es "zu früh für Friedensverhandlungen". Diese würden nicht "zu einem gerechten und nachhaltigen Frieden führen, sondern zu einem ungerechten und nicht nachhaltigen." Er kritisiert, dass die EU bei der militärischen Unterstützung für die Ukraine nicht "halte, was wir versprechen". Die EU müsse ein "globaler strategischer Akteur" werden und "Entscheidungen treffen, statt nur zu reden".
"Die Ukrainer müssen zuerst den Krieg gewinnen und die Russen zurückdrängen, dann können wir über Frieden reden", sagte auch der belgische Premier Alexander De Croo. Die aktuelle Diskussion über Truppen vor Ort "verkehrt die Situation". Die EU-Länder lieferten bereits gemeinsam mit dem Verbündeten USA militärisches Material, und sollten dies weiterhin tun. Für Scholz sind zwei große Aufgaben nicht aus dem Blick zu verlieren: "Das Töten muss ein Ende haben" und es "muss klar sein, dass es keine Eskalation geben darf zwischen Russland und der NATO".
Scholz telefonierte am Rande des EU-Gipfels mit Trump und sprach mit ihm vor allem über den Ukraine-Krieg. Die beiden seien sich einig gewesen, "dass der russische Krieg gegen die Ukraine schon viel zu lange andauere und es darauf ankomme, so bald wie möglich auf den Weg zu einem fairen, gerechten und nachhaltigen Frieden zu gelangen", teilte Regierungssprecher Steffen Hebestreit laut dpa anschließend mit. Der deutsche Kanzler habe bekräftigt, die Unterstützung der Ukraine im Abwehrkampf gegen Russland so lange wie nötig fortsetzen zu wollen.
Luxemburgs Premierminister Luc Frieden befürchtet laut eigenen Angaben nicht, dass Trump und der russische Präsident Vladimir Putin über die Köpfe der Europäer hinweg eine Einigung im Ukraine-Konflikt treffen. "Ich glaube nicht, dass Amerika ein Interesse hat, dass Russland diesen Krieg gewinnt", so Frieden. Er glaube auch nicht, dass dies dem Charakter Trumps entspreche.