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"Ich denke, dass der Beitrittsprozess mit den Ukrainern auf Hochtouren läuft, und wir erwarten die Entscheidung im Rat", sagte die slowenische EU-Kommissarin am Dienstag gegenüber Vertretern des ENR-Netzwerks zahlreicher europäischer Nachrichtenagenturen, darunter die APA. Die staatlichen Institutionen in der Ukraine müssten alle notwendigen Reformen durchführen, so Kos. Beim ersten Verhandlungskapitel gehe es um das "Wesentliche", um Rechtsstaatlichkeit und Korruptionsbekämpfung.
Um das erste Kapitel zu eröffnen, müssen aber auch alle 27 EU-Staaten zustimmen. Ungarn droht hier weiter mit Blockade. Zu Diskussionen, Erweiterungsentscheidungen nicht mehr einstimmig, sondern mit einer sogenannten qualifizierten Mehrheit aus der Zahl der Mitgliedstaaten und Bevölkerung zu fällen, meinte Kos, dies sei Entscheidung des Rates (der EU-Länder, Anm.) und werde auch dort bereits diskutiert. Sie und ihr Team würden sich bemühen, den Prozess zu straffen, ob "wir weniger Schritte machen könnten", die jeweils im Rat abgestimmt werden müssten.
Ministerpräsident Viktor Orbán begründete sein Ukraine-Veto unter anderem damit, dass die ungarische Minderheit in der Ukraine diskriminiert würde. Orbán hatte im Dezember 2023, als der EU-Gipfel den Startschuss für die EU-Verhandlungen abstimmte, den Raum verlassen. "Der polnische Ratsvorsitz unterstützt auch den Dialog zwischen der Ukraine und Ungarn über die ungarische Minderheit, der im Gange ist", versicherte die Slowenin. "Ich kann aus meiner persönlichen Erfahrung, die ich mit diesem Prozess gemacht habe, sagen, dass die Ukrainer verstehen, dass es um eine sehr, sehr wichtige Angelegenheit geht, nämlich die Rechte der Minderheiten."
Kos sagte, sie sei "nach wie vor sehr, sehr zuversichtlich", dass das erste Cluster bald eröffnet werde, und das "aus vielen Gründen". Die neue geopolitische Lage verlange "wirklich neue Schritte von uns", betonte sie. Sie verstünde die Erweiterung um die Ukraine und Moldau auch als den "politischen Arm der Sicherheitsgarantien", einen "sehr, sehr starken Arm". Für die beiden Länder sei es vorerst nicht möglich, Mitglied der NATO zu werden. Für die Länder des Westbalkans sei es hingegen einfacher gewesen, Mitglied der NATO als der EU zu werden, gab sie zu.
Einige Länder wie Österreich - etwa mit den "Freunden des Westbalkans" - pochen immer wieder darauf, dass die Länder des Westbalkan, die schon viel länger als die Ukraine und Moldau im Wartezimmer der EU sitzen, nicht vergessen werden dürften. Zu Befürchtungen, der Weg Bosniens in die EU könnte durch die derzeitige Verfassungskrise gebremst werden, meinte die Slowenin, "wir sind uns der institutionellen, politischen Krise bewusst". Sie habe den bosnischen Außenminister Elmedin Konaković am Montag am Rande des Treffens der EU-Außenministerinnen und -minister mit ihren Westbalkankollegen getroffen.
Kos sagte, Konaković habe ihr gegenüber von der "tiefsten politischen und konstitutionellen Krise nach dem Krieg" gesprochen. Österreich und Deutschland hatten gegen den prorussischen Präsidenten des serbischen Landesteils von Bosnien-Herzegowina, Milorad Dodik, und zwei seiner engsten Mitarbeiter vorige Woche Einreisebeschränkungen verhängt. Als Gründe wurden andauernde Verstöße gegen die verfassungsmäßige Ordnung in dem Balkanstaat genannt. Gemeinsame EU-Sanktionen wurden bisher durch ein Veto Ungarns verhindert.
Der bosnische Außenminister habe ihr erklärt, so Kos, dass es "ein Zeitfenster gibt, in dem zwei zusätzliche Gesetze angenommen werden können, die notwendig sind, damit Bosnien auf den Beitrittsweg kommt und mit der Reformagenda fortfahren kann". Zudem müsste Sarajevo den Chefunterhändler benennen. "Es gibt also gute Perspektiven. Aber natürlich brauchen wir die Zusammenarbeit auch für die Republika Srpska", bekräftigte die ehemalige slowenische Botschafterin in Deutschland sowie der Schweiz.
Kos will am Ende des Monats selbst nach Bosnien und Herzegowina reisen. "Ich wäre wahrscheinlich der glücklichste Mensch auf der Welt, wenn wir in der Lage wären, mit Bosnien zu verhandeln. Die Menschen in Bosnien haben das wirklich verdient. Leider arbeiten einige Politiker gegen die Vision, die wir für Bosnien haben." Wenn es einen Kompromiss gebe, "dann können wir den Prozess beginnen", bleibt sie zuversichtlich.