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Einigung bei Koalitionsgesprächen in Deutschland erwartet

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Friedrich Merz könnte bei rascher Einigung Anfang Mai vereidigt werden
©APA/APA/dpa/Christoph Soeder
Fast vier Wochen nach Beginn der Koalitionsverhandlungen in Deutschland stehen Union und SPD offenbar kurz vor deren Abschluss. Es werde mit einer Einigung bis Mittag gerechnet, hieß es von Unterhändlern. Um 9.30 Uhr setze die Spitzenrunde die in der Nacht unterbrochenen Beratungen fort. Sowohl Union als auch SPD luden für den Nachmittag und Abend bereits zu Gremien- und Fraktionssitzungen ein. Eine gemeinsame Pressekonferenz der Parteichefs sei für den Nachmittag anvisiert.

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Die Unterhändler hüllten sich weiter in Schweigen, um welche Punkte es noch gehen soll. Nach einer Einigung über die Inhalte eines Koalitionsvertrages steht noch die Verteilung der Ressorts zwischen den drei Parteien auf der Agenda.

Die Parteichefs und die sogenannte 19er-Spitzengruppe hatten am Dienstag stundenlang in der CDU-Zentrale beraten, ohne die Beratungen abschließen zu können. Vertreter beider Seiten betonten den Zeitdruck angesichts der internationalen Krisen. "Es erhöht den Handlungsdruck", sagte Finanzminister Jörg Kukies (SPD) am Mittwoch im Deutschlandfunk. Deutschland brauche eine handlungsfähige Regierung und wachstumsfreundliche Impulse.

Nicht zuletzt die internationale Lage und die Zollpolitik der US-Regierung von Präsident Donald Trump setzten die Verhandler unter zusätzlichen Einigungsdruck. Experten sehen wegen der US-Zölle neue Rezessionsgefahren und Probleme für die exportorientierte deutsche Wirtschaft. Mit sinkenden Unternehmenssteuern, weniger Bürokratie und geringeren Energiepreisen will Merz dagegenhalten.

CDU-Chef Friedrich Merz will die CDU/CSU-Bundestagsfraktion um 18.00 Uhr über die Ergebnisse der Koalitionsverhandlungen mit der SPD informieren. Die Einladung für die Sitzung sei bereits verschickt worden, hieß es in der Fraktion. Um 16.30 Uhr ist zudem eine Sitzung der CSU-Landesgruppe geplant. Auch die SPD hat bereits Vorbereitungen für den Fall einer Einigung getroffen. Das Präsidium und der geschäftsführende Fraktionsvorstand sollen um 16.30 Uhr informiert werden, hieß es, Fraktion und Parteivorstand dann um 18.00 Uhr.

Bereits fünf Tage nach der Bundestagswahl hatte die Union als Wahlsieger Sondierungsgespräche mit der SPD über die Bildung einer Koalition aufgenommen. Eine Alternative zur schwarz-roten Koalition gibt es faktisch nicht, weil Schwarz-Grün keine Mehrheit hätte und eine Zusammenarbeit mit der AfD von der Union klar ausgeschlossen wird.

Schon wenige Tage nach Gesprächsbeginn, am 4. März, einigten sich CDU, CSU und SPD auf ein Finanzpaket von historischem Ausmaß für Verteidigung und Infrastruktur. Zusammen mit den Grünen verabschiedete der alte Bundestag mit der notwendigen Zwei-Drittel-Mehrheit noch Änderungen im Grundgesetz, um die dort verankerte Schuldenbremse für Verteidigungsausgaben zu lockern und ein Sondervermögen für Infrastruktur und Klimaschutz im Umfang von 500 Milliarden Euro zu schaffen.

Am 8. März endeten die Sondierungen mit einem elfseitigen Papier und der Empfehlung, Koalitionsverhandlungen aufzunehmen. Diese begannen formal am 13. März. Es wurden 16 Arbeitsgruppen eingesetzt, die innerhalb von eineinhalb Wochen Details zu verschiedenen Themen ausarbeiten sollten. Die Arbeitsgruppenpapiere enthielten am Ende eine Reihe von Einigungen, aber auch Differenzen in zahlreichen Punkten, die dann die 19 Personen umfassende Hauptverhandlungsrunde ausräumen sollte. Merz bemängelte auch, in manchen Arbeitsgruppen habe die Überschrift wohl "Wünsch Dir was" gelautet.

Während die Arbeitsgruppenpapiere an die Öffentlichkeit gelangten, drang aus den Runden der Chefverhandler so gut wie nichts nach außen. Zwar gaben Politikerinnen und Politiker aus der 19er-Runde immer wieder Interviews, inhaltlich aber kaum etwas preis. Verhandelt wurde wechselseitig in der SPD- und CDU-Zentrale sowie in der bayerischen Landesvertretung in Berlin. Finanzfragen etwa zum Steuersystem und die Migrationspolitik galten als größte Brocken in den Verhandlungen.

In der CDU wurde während der Koalitionsverhandlungen immer wieder Verdruss laut. So trat als Reaktion auf den Kurswechsel des Parteichefs Merz bei der Schuldenbremse ein Drittel des CDU-Stadtverbandes in Kühlungsborn (Landkreis Rostock) aus der Partei aus. Die Junge Union drohte mit einem Nein zu einem Koalitionsvertrag, in dem der von Merz im Wahlkampf versprochene Politikwechsel nicht verankert ist. Und auch in der Brandenburger CDU gibt es Unmut - wegen unzureichender Einbindung der Parteibasis in die Gespräche. Der Kreisverband Potsdam-Mittelmark forderte eine Mitgliederbefragung wie bei der SPD.

Genährt wird die Unruhe durch schlechte Umfragewerte für die Union. Mehrere Prozentpunkte verloren CDU und CSU seit den 28,5 Prozent von der Bundestagswahl. Die AfD rückt der Union immer näher, in einer Umfrage von Insa schloss sie sogar zu ihr auf.

Bei einer Einigung mit der Union auf einen Koalitionsvertrag will die SPD ihre Mitglieder innerhalb von zehn Tagen digital darüber abstimmen lassen. Aufseiten der CDU entscheidet ein kleiner Parteitag über den Vertrag, bei der CSU reicht ein Vorstandsbeschluss.

Als mutmaßlicher Bundeskanzler in spe hatte Merz ursprünglich das Ziel ausgegeben, bis Ostern eine Regierung zu bilden. Das ist inzwischen nicht mehr zu erreichen. Als mögliches Datum für Merz' Wahl und Vereidigung zum Kanzler steht nun der 7. Mai im Raum.

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