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Bekannter des mutmaßlichen Swift-Attentäters verurteilt

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Erstes Urteil im Zusammenhang mit der Terrorzelle
©APA/APA/AFP/INA FASSBENDER/-
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Seit 7. August 2024 sitzt Beran A. in Wien in U-Haft, weil er im Namen der Terror-Miliz "Islamischer Staat" (IS) einen Anschlag auf ein zwei Tage später vorgesehenes Konzert von Taylor Swift im Ernst-Happel-Stadion geplant haben soll. Wie man mittlerweile weiß, dürfte der 20-Jährige Teil eines IS-Netzwerks gewesen sein, das sich in Ostösterreich gebildet hatte. Am Montag wurde am Wiener Landesgericht ein erstes mutmaßliches Mitglied dieser Zelle verurteilt.

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Ein aus dem Irak stammender 19-Jähriger fasste wegen terroristischer Vereinigung und krimineller Organisation zwei Jahre Haft, davon sechs Monate unbedingt, aus. Da die U-Haft auf den unbedingten Strafteil anzurechnen war, kam der bisher Unbescholtene nach der Verhandlung auf freien Fuß. Das Gericht ordnete Bewährungshilfe an. Zudem muss der 19-Jährige ein Deradikalisierungsprogramm durchlaufen und dem Gericht regelmäßig entsprechende Nachweise vorlegen. Das Urteil ist bereits rechtskräftig.

Der damals noch jugendliche Anhänger der radikalislamistischen Terror-Miliz "Islamischer Staat" (IS) hatte sich seit August 2023 bis zu seiner Festnahme am 8. August als IS-Propagandist betätigt. Er war auf diversen Social-Media-Kanälen aktiv, tauschte sich in mehreren Chatgruppen mit Gleichgesinnten über seine radikale Ideologie aus und verbreitete über sein TikTok-Profil IS-Inhalte, um neue Mitglieder für die Terror-Miliz anzuwerben. Er verbreitete auch einen Treueschwur auf einen IS-Führer.

"Das sind Sachen drauf, da dreht es einem den Magen um", kommentierte der vorsitzende Richter die Videos, die der Angeklagte auf seinen Handys abgespeichert hatte. Der 19-Jährige hatte sich Bildmaterial von Hinrichtungen und Demütigungen von Gefangenen des IS beschafft, aber auch Videos, die das Vom-Dach-Werfen homosexueller Zivilisten zeigten. Zusätzlich fanden sich 200 bildliche Missbrauchsdarstellungen von Kindern, die der Staatsanwalt als "abscheuliches Material" bezeichnete. Diese dürften Gegenstand eines separaten Ermittlungsverfahrens werden, das auf den 19-Jährige noch zukommt.

Eine direkte Beteiligung an den Anschlagsplänen von Beran A. war dem 19-Jährigen allerdings nicht nachzuweisen. "Er hat überhaupt nicht vor, irgendwelche Straftaten zu begehen. Ihn in die Nähe des vermeintlichen Swift-Attentäters zu rücken, halte ich für übertrieben", sagte Verteidiger Andreas Reichenbach. Dem hielt der Staatsanwalt entgegen, der Angeklagte sei "zumindest kurzzeitig in direktem Kontakt" mit Beran A. gestanden. Auf dessen Handy habe man auch die Telefonnummer des Irakers entdeckt. Das nähere Verhältnis der beiden bezeichnete der Staatsanwalt als "eines von vielen Warnsignalen, die rot aufleuchten". Beim angeklagten 19-Iraker liege bei einer Zusammenschau der gesammelten Ermittlungsergebnisse "ein ziemlich verheerendes Gesamtbild" vor.

Der Angeklagte hatte seine Verbindung zu Beran A. im Ermittlungsverfahren mit einer Suche nach einer Wohnung begründet. Dabei blieb er auch in der Verhandlung. Er habe diesem "nur behilflich" sein wollen. Beide hätten über Wiener Wohnen eine Unterkunft gesucht. Kennengelernt habe er Beran A. "bei einer Moschee".

Zur Anklage, IS-Material verbreitet zu haben, war der 19-Jährige geständig. "Durch TikTok bin ich dazu gekommen, dass ich ein paar Sachen mitbekommen habe. Es gab Sachen, die schön für mich und logisch waren. Zum Beispiel die Verschleierung", führte der Iraker aus. Er war im Zuge der Flüchtlingskrise im Jahr 2015 mit seiner Mutter und Schwester - beide tragen übrigens kein Kopftuch - nach Österreich gekommen, wo die Familie um Asyl ansuchte. Die drei ließen sich in Wien nieder, wo der Jugendliche eine Schule absolvierte. Zuletzt war er als Elektro- und Gebäudetechniker tätig.

Der 19-Jährige versicherte, er habe sich in der Haft deradikalisiert. Er habe das verfahrensgegenständliche IS-Material "nur gesehen aber selber nicht gemacht". Er sei "manipuliert" gewesen: "Alles, was ich gemacht habe, war falsch. Ich bin nicht mehr auf diesem Weg." Nach seiner Enthaftung wolle er seine Ausbildung fortsetzen und studieren.

Zwei weitere Bekannte, mit denen Beran A. seine Gesinnung geteilt und konkrete Terrorpläne verfolgt haben soll, sind der Öffentlichkeit inzwischen bekannt. Zum einen handelt es sich dabei um Hasan E., einen 20-Jährigen aus dem Bezirk Bruck an der Leitha, der am 11. März 2024 in Mekka auf dem Gelände der Al-Harām-Moschee einen Anschlag durchgeführt hatte. Er stach fünf Personen nieder und verletzte diese zum Teil lebensgefährlich. Der junge Niederösterreicher befindet sich in Saudi-Arabien in Haft.

Beran A. und Hasan E. dürften sich zumindest seit Mai 2023 gekannt und engen Kontakt gehalten haben. Seit vergangenem Februar sollen sie mit einem dritten IS-Anhänger, von dem derzeit noch nichts Näheres bekannt ist, zeitgleiche Anschläge in Mekka, Dubai und Istanbul zu Beginn des Fastenmonats Ramadan geplant haben. Während Hasan E. seine Absichten umsetzte, kehrte Beran A. unverrichteter Dinge aus Dubai zurück, wohin er sich Anfang März begeben hatte. Auch in Istanbul blieb ein Terror-Anschlag aus.

Ein weiterer Bekannter von Beran A. befindet sich in der Justizanstalt Josefstadt in U-Haft. Der inzwischen 18-Jährige soll Kenntnisse von dessen terroristischen Absichten und Sprengsatz-Herstellung gehabt haben. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Wien gegen Beran A. und den 18-jährigen Wiener sind noch im Laufen.

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