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Schuld am Scheitern seien andere Kräfte in der Volkspartei gewesen: "Jener Flügel hat sich durchgesetzt, der von Anfang an mit den Blauen geliebäugelt hat", sagte Babler bei einer Pressekonferenz am Samstagabend und meinte damit Wirtschaftsbund-Präsident Harald Mahrer und WKÖ-Generalsekretär Wolfgang Hattmansdorfer. Letzterer wird immer wieder als potenzieller Nehammer-Nachfolger gehandelt.
Babler hat eigenen Angaben zu Folge an die ÖVP appelliert, über das Wochenende weiter zu verhandeln und nicht aufzustehen. Denn es hätte Staatsverantwortung und nicht "parteitaktische Taktierereien" gebraucht. Berichte, wonach er am Freitag schon mit einem Austritt aus den Gesprächen geliebäugelt hätte, seien "eine klassische Zeitungsente". Er sei überzeugt gewesen, dass man "die noch offenen Punkte" lösen hätte können.
In der "ZiB2" betonte Babler am Samstagabend, in den Verhandlungen nicht auf Vermögenssteuer und Erbschaftssteuer bestanden zu haben, auch wenn man beides für sinnvolle Konzepte halte. Alternativen in Sachen Vermögenszuwachs, auch eine Bankenabgabe wären offenbar für die SPÖ gangbar gewesen.
Wie es jetzt weiter geht, wollte Babler nicht beurteilen, auch wenn er von einer blau-schwarzen Koalition ausgeht, die "grob fahrlässig" für das Land wäre. Die weiteren Schritte oblägen dem Bundespräsidenten, mit dem er sich auch schon ausgetauscht habe.
Dem Vorgehen Nehammers wird Babler nicht folgen: Der SP-Chef denkt nicht an einen Rücktritt. Sollte es zu Neuwahlen kommen, gehe er davon aus, wieder Spitzenkandidat zu sein.
Die SPÖ Burgenland forderte, dass es nun nicht nur bei der ÖVP Konsequenzen gibt, sondern auch in der eigenen Partei. In einer Aussendung erklärte Landesgeschäftsführerin Jasmin Puchwein: "Es war ein Fehler, die Glaubwürdigkeit der Sozialdemokratie für die Aussicht auf ein paar Ministerposten aufs Spiel zu setzen." Über das "Ende eines unsäglichen Schauspiels" zeigte sich die Landespartei erfreut: "Das Scheitern dieser Koalition war von Anfang an vorprogrammiert, denn ihr fehlte als Koalition der Verlierer schlichtweg jede Legitimation." Nehammers Rücktritt sei die "logische Konsequenz eines historischen Schuldendebakels, dessen Aufräumarbeiten nun andere leisten müssen". Nun liege die Verantwortung beim Bundespräsidenten: "Österreich braucht endlich eine handlungsfähige Regierung. Ein Expertenkabinett wäre eine denkbare Option", so Puchwein. Sie verwies außerdem auf die anstehende Landtagswahl und den "eigenständigen Kurs" der burgenländischen SPÖ: "Wer im Burgenland kein Chaos will, wählt Hans Peter Doskozil."
Auch Doskozil selbst meinte, einem "Pakt zwischen ÖVP und SPÖ als Koalition der Verlierer" hätte jede Legitimation und Glaubwürdigkeit gefehlt. Nehammer habe Österreich ein "historisches Finanzdebakel hinterlassen", sein Rücktritt als Kanzler sei daher überfällig gewesen. Van der Bellen solle nun dafür sorgen, dass Österreich eine handlungsfähige Regierung bekommt. Ein Expertenkabinett wäre dabei ein gangbarer Weg, so der Landeshauptmann. "Es ist allerdings zu befürchten, dass die Chaos-Tage in Österreich noch nicht zu Ende sind", stellte Doskozil in einem Statement fest.
Enttäuscht zeigt sich der Landesparteivorsitzende der SPÖ-Wien, Bürgermeister Michael Ludwig. "In dramatischen Zeiten wären alle gefordert gewesen, über ihren Schatten zu springen. Kompromisse sind in der Demokratie notwendig", befand er in einer Mitteilung. Die Kräfte der politischen Mitte müssten an einem Strang ziehen. "Leider hat heute Ideologie über Pragmatismus obsiegt, leider wurde heute Parteiwohl über Staatswohl gestellt."
Nun drohe eine FPÖ-Regierungsbeteiligung. Die FPÖ wolle Fahndungslisten gegen politische Mitbewerber anlegen, würdige Medienvertreterinnen und -vertreter herab und rüttle an den Grundfesten der liberalen Demokratie. "Karl Nehammer hatte es immer abgelehnt, Steigbügelhalter für einen Kanzler Kickl zu sein. Nach dem Abbruch der Koalitionsverhandlungen mit der SPÖ droht jedoch genau dieses Szenario."
Die Republik sei am Scheideweg, warnte Ludwig. "Meine Aufgabe wird es sein, in Wien alles daran zu setzen, dass wir auch in Zukunft in einer Stadt leben, wo das Miteinander gelebt wird und wo alle aufeinander schauen", hielt Ludwig fest - wohl im Hinblick auf die heuer stattfindenden Gemeinderatswahlen.
Am Abend gab es eine Reaktion aus der steirischen SPÖ, nämlich des Bürgermeisters des obersteirischen Leoben, Kurt Wallner. Dieser sagte laut "Kleine Zeitung"-Online, der Versuch, Kanzler Nehammer mit einer Regierungsbeteiligung zu beauftragen, sei klar gescheitert. Die hauchdünne Mehrheit der SPÖ mit der ÖVP sei zu riskant und bilde wohl auch nicht den Wählerwillen ab, die SPÖ sei deshalb besser in der Opposition aufgehoben. Wallner, auch Vorsitzender des Städtebunds Steiermark, sagte weiters zu der Zeitung: "Die letzte Regierung hat uns ein unerwartet hohes Budgetdefizit hinterlassen, das sich nicht ohne schmerzvolle Maßnahmen beseitigen lässt. Die ÖVP, die das Problem verursacht hat, soll es nun auch beseitigen, und zwar am besten mit der FPÖ, die ja sowieso unbedingt in die Regierung will."