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Noch weiter ging Naghme Kamaleyan-Schmied, Obmann-Stellvertreterin der Bundeskurie der niedergelassenen Ärzte. Allein für Wien rechnet sie mit einer Mrd., österreichweit liege der Bedarf bei fünf Mrd., wie sie betonte. Die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) sei mit einem über 900 Millionen Euro klaffenden Budgetloch für 2025 "schwer defizitär". Nicht nur bei den Patienten, sondern auch bei den Kassenärzten mache sich deshalb Unsicherheit breit. "Und keiner in der Politik findet sich bemüßigt, etwas zu ändern. Gesundheit interessiert niemanden."
Darüber hinaus müssten ehebaldigst die Leistungs- und Honorarkataloge überarbeitet werden. Teilweise scheitere die Leistungserbringung schlicht und einfach daran, dass Behandlungen in den alten Leistungskatalogen nicht erfasst seien, erklärte Kamaleyan-Schmied. Als Beispiel führte sie einen Patienten mit Verdacht auf Thrombose an. Weil der Schnelltest dafür, der zehn Minuten dauere und in der Praxis durchgeführt werden könne, nicht im Leistungskatalog erfasst sei, müsse sie den Patienten ins Spital schicken. Dies koste inklusive Patiententransport und Untersuchung im Spital einiges an Ressourcen. Es gebe zwar Gespräche, aber kein Geld, so die Medizinerin. Zudem denke jeder der Player im Gesundheitssystem nur an seinen Bereich.
Eine weitere Forderung ist jene nach verbindlicher Patientenlenkung, wie der Obmann der Bundeskurie der angestellten Ärzte, Harald Mayer, betonte: "Wir müssen den Wildwuchs des Patiententourismus in den Griff bekommen." Als Vorbild dafür nannte er die Niederlande, wo kein Patient ohne die Überweisung eines niedergelassenen Arztes ins Spital kommt. Auch legte Mayer der neuen Regierung nahe, den Föderalismus aufzubrechen. Oftmals reiche es nämlich, spezialisierte und kostenintensive Spitzenmedizin an einem oder zwei Orten in Österreich anzubieten und nicht in allen neun Bundesländern.
Ein weiteres Anliegen der Ärzteschaft ist, dass die elektronische Gesundheitsakte ELGA "mit Leben erfüllt wird", so Mayer. Wenn die Gesundheitspyramide von digital über niedergelassen zu Ambulanzen und dann erst in die Spitäler führen soll, brauche es neben der verbindlichen Patientenlenkung ein vernünftiges digitales Informationssystem. Es dürfe nicht sein, dass der behandelnde Arzt auf die bei der Gesundheitshotline 1450 erhobene Anamnese nicht zugreifen kann.
Steinhart betonte die "Gesprächs- und Kooperationsbereitschaft" der Ärztekammer: "Wir stehen der Regierung mit unserer Erfahrung und Expertise zur Seite." Gleichzeitig formulierte er fünf Maßstäbe, an denen man die Gesundheitspolitik der kommenden Jahre beurteilen werde. Neben der Anpassung der Gesundheitsangaben an den wachsenden Bedarf brauche es ausreichend Ressourcen für das kassenärztliche System und die öffentlichen Spitäler, so Steinhart: "Es ist wichtig, dass wir die solidarische Finanzierung des Gesundheitssystems absichern." Dem Verkauf öffentlicher Gesundheitseinrichtungen an private, auf Profit ausgerichtete Investoren müsse der Riegel vorgeschoben werden. Zudem brauche es einen Bürokratieabbau und eine Attraktivierung der Rahmenbedingungen der ärztlichen Tätigkeit. Österreich könne es sich nicht leisten, Ärzte ans Ausland zu verlieren.