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Warum nicht einmal mehr ein blauer Westen ausgeschlossen ist

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©Georg Hochmuth/APA/Picturedesk.com
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Vorarlberg wählt einen neuen Landtag. Die bisher dominierende ÖVP ist geschwächt. Gemäßigte Freiheitliche versuchen, ihr gerade in bürgerlichen Kreisen gefährlich zu werden

Bei der Vorarlberger Landtagswahl an diesem Sonntag wird die ÖVP von Landeshauptmann Markus Wallner wohl stark verlieren und die FPÖ des Kleinunternehmers Christof Bitschi groß gewinnen. Bisher liegen jedoch fast 30 Prozentpunkte zwischen den beiden, sodass ein Führungswechsel unmöglich erscheint.

Auch im äußersten Westen ist jedoch nichts mehr ausgeschlossen. Das hat damit zu tun, dass die ÖVP, die bei der Landtagswahl 2019 noch ganze 43,5 Prozent erreichte, angeschlagen ist. Eine Inseratenaffäre um ein Magazin ihres Wirtschaftsbunds hängt ihr und Wallner nach.

Zweitens: Ein alemannisches Ideal, für das die Volkspartei steht, gilt nicht mehr. „Schaffa, schaffa, Hüsle baua.“ Im Rheintal, wo die meisten Menschen des Landes leben, geht der Preis für ein Haus mit Grund in Richtung eine Million Euro. Durch Arbeit allein ist das unerreichbar. In Zeiten der Teuerung und erhöhter Zinsen wird das für viele zur bitteren Erkenntnis. Dem muss die ÖVP erst gerecht werden.

Das sind Erklärungen dafür, dass der Volkspartei ein Teil ihrer traditionellen Wählerschaft wegzubrechen droht. Im Übrigen bemühen sich Freiheitliche darum, ihr bei dieser gefährlich zu werden. Bitschi und Co. unterscheiden sich von ihrem Bundesparteichef Herbert Kickl. Begriffe wie „Remigration“ gibt es nicht in ihrem Programm. Nicht, dass sie Gegenteiliges fordern. Ihr Fokus liegt jedoch auf Wirtschaft, Wohnen und Familie. Wobei sie nebenbei auch Konservative umwerben. Und zwar mit einer Geburtenprämie sowie Extrageld für Mütter, die ihre Kinder zu Hause behalten.

Alles in allem sind die Übereinstimmungen groß zwischen dem freiheitlichen Wahlprogramm und dem der ÖVP. Blaue versuchen hier, Türkise herauszufordern. Zumindest bei der Wahl. Für die Zeit danach liefern sie eine Grund-lage für eine türkis-blaue oder eine blau-türkisen Koalition. Je nachdem, wer Erster wird.

„Corona“ hat noch immer Einfluss auf Wahlergebnisse

Infolge von Lockdowns und Impfpflicht hat sich die Stimmung in Österreich gedreht. Es wird kaum wahrgenommen, ist jedoch ein weiterer Faktor, der der FPÖ nützt

Manchmal könnte man glauben, in Österreich wolle man nicht wissen, was die Leute bewegt. Es gibt kaum Informationen dazu. Das rächt sich. Zum Beispiel für Regierende: Der Hinweis, dass fast jede zweite Person eine Verschlechterung des Lebensstandards sehe, stammt von Eurobarometer-Befragungen der EU. Der Einzige, der das vor der Nationalratswahl angesprochen hat, war Herbert Kickl. Es wusste, dass seine Partei, die FPÖ, aus der Opposition heraus damit nur gewinnen kann. Doch das ist Wiederholung an dieser Stelle.

Darüber hinaus hat Kickl für die FPÖ auch mit Erinnerungen an die Coronapandemie gepunktet. Christoph Hofinger, Hochrechner der Nation, ist überzeugt, dass ihr das Thema „ein paar Prozentpunkte“ brachte.

In der Pandemie hatte sich der Parteichef an die Spitze einer Protestbewegung gegen Beschränkungen und Impfkampagnen gestellt. Jetzt gab es die Ernte: In Oberösterreich wanderte laut Hofingers „Foresight“-Institut jeder zweite Anhänger der impfgegnerischen MFG-Liste zur FPÖ. In Gegenden mit niedriger Durchimpfungsrate legte sie oft stärker zu. Im niederösterreichischen Bezirk Scheibbs konnten sie ihren Stimmenanteil auf knapp 30 Prozent verdoppeln.

Natürlich: In einer Phase vieler Krisen muss man vorsichtig sein. Viel spricht jedoch für eine Art „Long Covid“: Infolge harter Lockdowns 2020/2021 brach der Anteil der Österreicher, die finden, dass sich das Land in die richtige Richtung entwickle, laut Eurobarometer von 62 auf 38 Prozent ein. Einen zweiten Einbruch gab es nach einer Entspannung im Jahr darauf in einer Phase, in die nicht nur türkise Affären, verstärkte Teuerung und Beginn des Ukrainekriegs fielen, sondern auch der „Lockdown für Ungeimpfte“ und die Impfpflicht. Sie sorgte für so große Proteste, dass sie letztlich wieder gestrichen wurde. Bloß: Bei nicht wenigen Menschen sitzt das alles noch tief.

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