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Tradition, Provokation und Doppelmoral: Das Familienbild der AfD

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AfD-Co-Vorsitzende Alice Weidel

©Sean Gallup/Getty Images
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Die Alternative für Deutschland inszeniert die „traditionelle Familie“ als Ideal und provoziert mit radikalen Sprüchen zu Gender, Feminismus und Vielfalt. Die Umfragewerte? So hoch wie seit einem Jahr nicht mehr.

Sechs Wochen vor der Bundestagswahl hat sich die deutsche AfD in ihrem Wahlprogramm noch schnell ein neues, ein traditionelles Familienbild verpasst. „Die Familie, bestehend aus Vater, Mutter und Kindern, ist die Keimzelle der Gesellschaft“, heißt es nun anstelle der früheren Formulierung: „Die Familie ist die Keimzelle unserer Gesellschaft.“

Vanessa Behrendt, familien- und frauenpolitische Sprecherin der AfD im niedersächsischen Landtag, hatte sich zuvor deutlich positioniert: Eine Mehrelternschaft – etwa in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften – degradiere „Kinder zu Accessoires bei der Selbstverwirklichung von Erwachsenen.“ Angesichts der Tatsache, dass die eigene Kanzlerkandidatin Alice Weidel in einer gleichgeschlechtlichen Beziehung lebt und zwei Kinder großzieht, eine bemerkenswerte Doppelmoral, die aus AfD-Sicht leicht erklärbar ist: Die Formulierung eines Leitbildes impliziere nicht, dass man andere Lebens- und Familienmodelle ablehne.

„Feminismus heute ist Krebs“

Wenig Kompromissbereitschaft zeigt die AfD dagegen in Bezug auf die „woke Gesellschaft“ und den „Trans-Gender-Hype“. Weidel plädiert etwa dafür, Hochschulprofessoren, die Gender-Studies betreiben, aus den Hochschulen zu schmeißen. Den Gender-Pay-Gap bezeichnet die Partei als „ein Märchen“. Maßnahmen zur Förderung der Geschlechtergleichheit lehnt die Partei kategorisch ab.

Auch der „falsch verstandene Feminismus“ steht im Visier der Partei. Maximilian Krah, AfD-Abgeordneter im Europaparlament und Vater von acht Kindern, formulierte dies im November 2023 auf X besonders drastisch: „Feminismus heute ist Krebs. Er bedeutet, dass Männer in Mädchentoiletten dürfen. Er vernichtet die Weiblichkeit, zerstört junge Menschen und verhindert Kinder.“

Im Bereich Familienpolitik fordert die AfD unter dem Motto „Willkommenskultur für Neugeborene“, dass Schwangere während der Beratung vor einem Schwangerschaftsabbruch Ultraschallbilder sehen müssen, „damit diese sich über den Entwicklungsstand des Kindes im Klaren sind“. Durch eine spezielle Förderung von Mehrkindfamilien möchte die AfD dazu ermutigen, sich für mehr Kinder zu entscheiden. So soll es etwa Steuererleichterungen und Prämien geben. Für Eltern soll es zum Erwerb von Wohneigentum ein zinsloses Darlehen geben, bei dem sich die Schuldsumme mit jedem neugeborenen Kind vermindert. Gemeint sind ausschließlich Kinder aus „einheimischen Familien“. Ein Slogan der AfD lautet entsprechend: „Neue Deutsche? Machen wir selber!“

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 © Stefan Boness/Visum/picturedesk.com

Individualität der Frau? Bloß nicht

Eine Außer-Haus-Betreuung für unter Dreijährige lehnt die Partei ab. Eigenständigkeit und Individualität der Frau sieht sie kritisch, da diese „die Familie als wertegebende gesellschaftliche Grundeinheit untergräbt“. Andreas Wild, ein mittlerweile aus der Partei ausgeschlossener Berliner AfD-Abgeordneter, formulierte es einmal so: „Jede Frau kann machen, was sie will. Im Schnitt muss sie allerdings zwei Kinder bekommen. Das geht ohne Fulltime-Job leichter.“

Das stark männlich geprägte Frauenbild der Partei zeigt sich auch in ihrer Aufstellung: Von den 231 Kandidierenden auf den Landeslisten für die Bundestagswahl am 23. Februar sind 205 Männer und nur 26 Frauen – eine Frauenquote von lediglich 11,3 Prozent. Im Wahlprogramm zur Landtagswahl in Niedersachsen 2022 steht: „Die ideale Frau betreut Kinder und Haushalt und kümmert sich um ihre pflegebedürftigen Eltern in der Nachbarschaft.“ Auf einem Sujet der AfD-Jugend in Baden-Württemberg heißt es: „Echte Frauen sind heimatverbunden. Echte Frauen bejahen ihre Weiblichkeit. Echte Frauen sind rechts!“

Sechs Wochen vor der Bundestagswahl lag die AfD bei 20 Prozent und auf Platz zwei hinter CDU/CSU, die gemeinsam auf 31 Prozent kommen. Es war der beste Wert der AfD seit einem Jahr.

Dieser Beitrag ist ursprünglich in der News-Printausgabe Nr.04/2025 erschienen.

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