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Das ehrliche Aufschreiben der eigenen Vergangenheit war nicht immer einfach für Cher. "Eigentlich wollte ich meine Geschichte gar nicht erzählen", sagte die Musikerin, die mit bürgerlichem Namen Cheryl Sarkisian heißt, der "USA Today". "Aber irgendwann habe ich realisiert, dass wenn man nichts erzählen will, dann muss man den Menschen ihr Geld zurückgeben. Dann habe ich entschieden, viel ehrlicher und entgegenkommender zu sein, und als ich damit mal angefangen habe, war es gar nicht schlecht."
Teilweise hatte Cher, die eine Lese-Rechtschreibschwäche hat, Hilfe von einem Ghostwriter. Oft musste sie eigenen Angaben zufolge auch ihre Halbschwester Gee oder ihre beste Freundin Paulette um Erinnerungshilfe bitten. "Ich wollte es ehrlich machen und das ist es auch geworden, glaube ich. Ich habe den Menschen keine Informationen gegeben, sondern Geschichten."
Die Geschichten handeln in diesem ersten Teil ihrer Autobiografie vor allem von ihrer Kindheit und Jugend. Geboren wurde das Multitalent in ärmlichen Verhältnissen im kalifornischen El Centro als Tochter einer Cherokee-Ureinwohnerin und eines armenischen Truckers.
Von ihrer wenig erfolgreichen Schulzeit, von ihrer frühen und kurzen Ehe mit dem italoamerikanischen Sänger Salvatore "Sonny" Bono - und dem rasanten Aufstieg der beiden unter dem Namen Sonny & Cher zu Weltstars und Ikonen der Flower-Power-Bewegung.
Das Buch steckt voller Promis und Anekdoten - etwa von Schauspieler Warren Beatty, der auf dem Sunset Boulevard mit seinem Auto beinahe in das von Cher hineinfuhr und danach ihre Mutter telefonisch um ein Date mit ihrer Tochter bat, die damals noch ein Teenager war. Beatty sei damals "zum Umfallen schön" gewesen und ihre Mutter am Telefon "dahingeschmolzen", als sie realisiert habe, mit wem sie da sprach, schreibt Cher.
Beatty und Cher trafen sich mehrfach, aber es entwickelte sich keine Beziehung daraus - anders als mit Sonny Bono, den Cher schon nach kurzer Beziehung heiratete. Diese berühmt-berüchtigte Beziehung sei auch für sie nach wie vor "schwer zu verstehen", schreibt Cher. Auch wenn sie mal sauer auf ihn gewesen sei, habe es da eine Bindung gegeben.
Die Beziehung zerbrach dennoch im Streit, Bono starb 1998 bei einem Ski-Unfall. Zwischen 1975 und 1979 war Cher noch einmal verheiratet, mit dem 2017 gestorbenen Musiker Gregg Allman. Aus beiden Beziehungen stammt je ein Kind.
Die Autobiografie bekam viel Lob: Es sei eine "mutige Geschichte" vom Überleben im Showbusiness, urteilte der britische "Guardian". Die "New York Times" bezeichnete das Werk als "Beweis der Resilienz" der Musikerin und "Slate" schrieb, das Buch sei "unwiderstehlich".
Der zweite Teil ist in den USA eigentlich für 2025 angekündigt - wenn sie das denn schaffe, wie Cher der "USA Today" sagte. "Ich mache immer alles in letzter Minute. Ich muss mich überwinden und dieser Prozess war schwierig. An manchen Tagen habe ich dem Verlag gesagt, dass ich eine Pause brauche, und dann haben die gesagt, dass sie es doch gestern brauchen. Aber das haben sie inzwischen aufgegeben."
(S E R V I C E - Cher: "Die Autobiografie, Teil eins", Deutsch von Marlene Fleißig, Violeta Topalova, Franka Reinhart und Oliver Lingner, Verlagsgruppe HarperCollins. 496 Seiten, 35 Euro)