Die große Umfrage von News und Triple M vor der Wien-Wahl am 27. April: Mit 40 Prozent der Stimmen steht der SPÖ ein klarer Wahlsieg bevor. Bürgermeister Michael Ludwig wird unter drei annähernd gleich starken Koalitionspartnern wählen können: Grünen, Neos und ÖVP. Die Wienerinnen und Wiener wünschen sich eine Fortsetzung des rot-pinken Bündnisses oder Rot-Grün .
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Sorgen muss sich Wiens Bürgermeister und SPÖ-Chef Michael Ludwig nicht machen. Am 27. April stellt er sich zum zweiten Mal als Spitzenkandidat der Gemeinde- und Landtagswahl und Platz eins ist ihm wieder sicher. Die aktuelle Umfrage zur Wien-Wahl, die Triple M für News durchgeführt hat, zeigt: Die SPÖ steuert auf ein solides 40-Prozent-Ergebnis zu. Das wäre zwar ein geringfügiger Verlust von 1,6 Prozentpunkten gegenüber der Wahl von 2020, aber die Rathaus-Roten würden mit einem weiten Abstand zum Zweitplatzierten durchs Ziel gehen.
Die FPÖ, bei der letzten Wahl im Gefolge einer Spesenaffäre um den früheren Parteichef Heinz-Christian Strache mit 7,1 Prozent abgestürzt, schließt unter Dominik Nepp an frühere Erfolge an. Laut Umfrage kommt sie auf 23 Prozent. Allerdings: Die Stadt-Blauen sind weit entfernt von FPÖ-Ergebnissen auf Bundesebene und in anderen Bundesländern. Die Mannschaft um Herbert Kickl punktet stärker in ländlichen Regionen, wo sie der ÖVP die Führungsrolle immer öfter streitig machen kann. Seine Stimmengewinne wird Nepp in Wien jedenfalls nicht in Regierungsämter mit Verantwortung ummünzen können. Lediglich die in der Wiener Stadtverfassung vorgesehenen „nicht amtsführenden“ Stadträte sind in Reichweite, da die SPÖ eine Koalition mit den Blauen ausschließt.








Freie Partnerwahl
Einen Koalitionspartner wird Michael Ludwig auf jeden Fall brauchen. Doch die Ausgangslage ist komfortabel. Sowohl der bisherige Partner Neos als auch Grüne und ÖVP sollten laut Triple-M-Umfrage stark genug sein, um die nötigen Mandate für ein Zweierbündnis aufzubringen. Aber schwach genug, um nicht – aus Sicht der SPÖ – unbotmäßige Ansprüche zu stellen. Fragt man die Wählerinnen und Wähler, welche Variante sie bevorzugen, gibt es eindeutige Präferenzen. Ein Viertel der Befragten will weiter Neos in der Stadtregierung sehen. 21 Prozent wünschen sich, dass die SPÖ das Bündnis mit den Grünen wiederbelebt, das nach den Wahlen 2010 und 2015 geschmiedet worden war. „Einmal mehr zeigt sich: Der Mensch wählt, was er/sie kennt“, sagt dazu Triple-M-Chefin Christina Matzka.
Unter Birgit Hebein fuhren die Grünen 2020 ihr bestes Ergebnis ein, doch Ludwig zog die (einfacheren) Neos vor. Hebein wurde bald von der eigenen Partei abgesägt, ihre Nachfolgerin Judith Pühringer tut sich schwer, was Bekanntheit betrifft: Nur fünf Prozent der Befragten, nicht einmal alle Grün-Wählerinnen und -Wähler, würden sie direkt zur Bürgermeisterin wählen.










Pinke Turbulenzen
Weitgehend unbekannt ist die Spitzenkandidatin der Neos, Selma Arapovic. Geschuldet ist das der eigenartigen Vorgangsweise der Pinken bei der Erstellung der Kandidatenliste. Christoph Wiederkehr ließ sich von den Parteimitgliedern auf den ersten Listenplatz wählen, obwohl klar war, dass er wenige Tage später als Bildungsminister in die Bundesregierung wechseln würde. Nach seinem Abgang rückte Arapovic auf, den Posten der Vizebürgermeisterin und Bildungsstadträtin (und damit das bisschen Sichtbarkeit im rot-pinken Bündnis) übergab man allerdings an Bettina Emmerling. 38 Prozent der Befragten finden diese Rochaden positiv, 32 falsch, auch unter deklarierten Neos-Wählerinnen und -Wählern gibt es nicht nur Verständnis. Matzka meint: „Wirklich gut getan hat das den Neos nicht. Aber weil für deren Wähler der Spitzenkandidat nicht so wichtig ist, hält sich der Schaden in Grenzen.“ Dass die Strahlkraft der Spitzenkandidaten nachlässt, gilt auch für die anderen Parteien. „Die Person auf dem ersten Listenplatz verliert an Bedeutung: Einzig Bürgermeister Ludwig ist für 45 Prozent der SPÖ-Wählerinnen und -Wähler ein sehr wichtiges Wahlmotiv“, sagt Matzka.
Neos können bei der Sonntagsfrage gegenüber 2020 auf zehn Prozent zulegen. Dieser Zuwachs zeichnet sich schon seit Längerem ab, ein Boost durch die Regierungsbeteiligung im Bund lässt sich nicht erkennen.
Eine krachende Niederlage hat die Wiener ÖVP unter ihrem Spitzenkandidaten Karl Mahrer zu erwarten. Mit Gernot Blümel an der Spitze kam man 2020 auf über 20 Prozent, diesmal werden es eher zehn. Dennoch möchte Mahrer Vizebürgermeister werden. Seine Partei setzt vor allem auf die Themen Sicherheit und Migration. Doch im Gegensatz zur türkisen Phase unter Sebastian Kurz kann die ÖVP damit heute keine Wählerinnen und Wähler von der FPÖ holen. Wer 2020 zu Türkis gewandert war, dürfte zu den Blauen zurückkehren.






Was den Wienern wichtig ist
wählt wird: Es gibt Handlungsbedarf. Nur etwas mehr als ein Drittel der Befragten meint laut Umfrage, dass sich Wien in die richtige Richtung entwickelt. Satte 56 Prozent sehen ihre Stadt auf einem schlechten Weg. Matzka sieht diese Unzufriedenheit dem Wahlkampf geschuldet: „Die Botschaft der Opposition ist: ‚So kann es nicht weitergehen.‘ Das ist ja auch ihre einzige Möglichkeit der Kommunikation.“ Fragt man nach den wichtigsten Themen, gleicht die Liste folglich auch jener der gängigsten Wahlkampfthemen der letzten Wochen.
57 Prozent der Befragen halten die Zuwanderung für das drängendste Problem der Bundeshauptstadt. Es folgen die langen Wartezeiten bei Ärzten und in Spitälern (46 Prozent), Probleme im Bildungswesen (45), Teuerung und Mietpreise (43 und 42 Prozent). Weit abgeschlagen in der Wahrnehmung sind die Klimakrise und die heißen Sommer in der Stadt. Das mag zum einen an Begrünungsaktionen der Stadtregierung liegen und zum anderen am Wahltermin. Noch sind die Temperaturen moderat.
Jedenfalls passen die 21 Prozent Nennung des Klimathemas zum schwächeren Abschneiden der Grünen. Selbst bei deklarierten Wählerinnen und Wählern der Partei hält nur etwa jeder zweite das grüne Kernthema für das wichtigste, es liegt gleichauf mit dem Thema Bildung. „Hier zeigt sich der allgemeine Trend, dass der Kampf gegen den Klimawandel in den Hintergrund rückt, wenn die Menschen das Gefühl haben, sich ihr Leben gerade nur schwer leisten zu können“, erklärt die Meinungsforscherin.
Im Detail: Zuwanderung
News und Triple M wollten von den Befragten auch wissen, wie sie das Thema Zuwanderung in ihrem unmittelbaren Umfeld sehen. Auf die Frage, wie die Zuwanderung in der unmittelbaren Nachbarschaft wahrgenommen wird, zeigen sich drei etwa gleichstarke Gruppen: 33 Prozent meinen, sie würden sich wegen starken Zuzugs nicht mehr „zu Hause fühlen“, 34 Prozent nehmen zwar starken Zuzug war, sehen aber „ein gutes Auskommen miteinander“, insgesamt 29 Prozent nehmen wenig oder kaum Zuzug in ihrem Grätzel wahr.
Interessante Details: Bei den Wählerinnen und Wählern der SPÖ sagen 45 Prozent, es gebe ein gutes Auskommen. Von den FPÖ-Wählern hingegen fühlen sich 64 Prozent nicht mehr daheim. Bei der Frage nach der Schulwahl zeigt sich: 48 Prozent jener Befragten, die Kinder haben, würden – im Gegensatz zum Gesamtergebnis mit 34 Prozent – ihre Kinder sicher oder eher in die nächstgelegene Schule schicken. Matzka: „Es zeigt sich ein altes Muster: Je weniger die Leute erlebt und selbst erfahren haben, umso kritischer, ängstlicher, negativer sind sie eingestellt.“
Dieser Beitrag ist ursprünglich in der News-Printausgabe Nr. 16/25 erschienen.