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Weiterjammern, oder einfach tun

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Kathrin Gulnerits
©Bild: News/Matt Observe
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Der Arbeitskräftemangel im Tourismus ist gekommen, um zu bleiben. Eine Imagekampagne soll jetzt retten, was noch zu retten ist. Besser wäre es, mit echter Wertschätzung anzufangen

Nach 20 Minuten war er wieder weg. Er, der zuvor noch salbungsvolle Stehsätze an den Nachwuchs, den dringend gebrauchten und gesuchten Nachwuchs, in seiner Branche gerichtet hatte. 20 Minuten halbgare Wertschätzung. Bis zum Ende der Zeugnisvergabe, dem Gruppenfoto, dem gerade einmal knapp einstündigen ersten Meilenstein in der Karriere von 15 jungen Menschen, wollte er nicht warten. Vielleicht ein wichtiger Termin. Vielleicht war es ihm, dem Obmann der Wiener Gastwirte und Träger des Schulvereins eben dieser Tourismusschule aber auch nicht wichtig. Ein einstudiertes Ritual aus einer Zeit, als das Wort Personalmangel noch ein Fremdwort war. Keine Zeit, keine Wertschätzung. Das Signal ist bei den jungen Menschen in der Schulaula angekommen. Und vielleicht ist das ein Problem der Branche. Eine Branche, die gerne jammert. Nicht alle, aber doch viele. Das muss der guten Ordnung halber dazugesagt werden.

Derzeit ist das Wehklagen besonders laut, weil sich zu den bekannten Problemen – Stichwort Arbeitsbedingungen – der demografische Wandel dazugesellt. Der Mangel, der gerade akut ist, wird sich folglich auch in Zukunft spürbar fortsetzen. Er ist gekommen, um zu bleiben. Dazu kommt die enorme Fluktuation in der Branche. Einer Branche, die gerne Schuldige sucht und dabei selten bei sich anfängt. Vielmehr will man – zum wie vielten Mal eigentlich? – mit einer Kampagne versuchen, das Image zu stärken, die Wertschätzung zu erhöhen und den Einstieg in den touristischen Arbeitsmarkt schmackhaft zu machen. 100.000 Euro werden dafür in die Hand genommen. Das ist herzig. Das ist billig, weil durchschaubar. Vor allem: Das wird nicht reichen. Dabei geht es durchaus um viel. Schließlich haben Gastronomie und Beherbergung hierzulande einen erheblichen Einfluss auf die Wirtschaftsleistung. Direkt und indirekt ist der Tourismus für 6,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts verantwortlich. Das ist nicht nichts. 14.400 Stellen sind in Österreich aktuell offen. Aber: Die Zahl der Beschäftigten liege heute dennoch höher als vor der Pandemie. Das belege, dass es keine "Fluchtbranche" sei, sagte der Arbeitsminister gerade bei der Präsentation einer IHS-Studie, die einmal mehr die Problemfelder beleuchtet hat. Diese Analyse mag mit Blick auf die Zahlen richtig sein. Trotzdem ist auch sie billig. Unehrlich obendrein. Erst recht, wenn eben jene Studie zu dem Ergebnis kommt, dass die Abbruchquote im ersten Lehrjahr bei stolzen 34 Prozent liegt.

Warum die Lehrlinge gekommen sind, aber nicht bleiben wollen, weiß man nicht

Warum die Lehrlinge gekommen sind, aber nicht bleiben wollen, hat die Studie nicht abgefragt. Warum ein hoher Prozentsatz jener rund 8.000 Schülerinnen und Schüler, die an einer der 28 Tourismusschulen im Land um viel Geld ausgebildet werden, gar nicht erst in den Tourismus einsteigen und am Ende doch lieber Archäologie studieren will, wurde ebenfalls nicht erhoben. Noch nie. Warum auch? Warum eigentlich nicht? Wohl aus Sorge vor unbequemen Antworten. Stattdessen platzt in eine Woche, in der das Wehklagen in schrillen Tönen zu vernehmen ist, die Nachricht, dass ein Hotel mit einer Tourismusschule in Kathmandu kooperieren will. 20 Praktikanten aus Nepal, so der Plan, sollen nach Österreich kommen. Das sei nicht so einfach, heißt es. Das überrascht nicht. Und lässt zugleich vermuten, dass der Ernst der Lage noch immer nicht erkannt wurde.

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