Weihrauch ist uns vor allem aus der Kirche bekannt. Doch nicht nur dort kommt er zum Einsatz. Schon vor tausenden Jahren für Heilzwecke genutzt, widmet sich heute die moderne Medizin der gesundheitsfördernden Wirkung des getrockneten Harzes. Wobei Weihrauch nicht gleich Weihrauch ist!
Was ist Weihrauch?
Weihrauch wird aus dem Harz des Weihrauchbaums hergestellt. Genauer gesagt gibt es nicht "den" Weihrauchbaum, sondern verschiedene Arten. Sie alle gehören der Pflanzengattung Boswellia an. Zur Gewinnung des Harzes werden kleine Schnitte in die Rinde des Baums gesetzt. Dabei tritt das Harz als klebrig-milchige Flüssigkeit aus, die dann an der Luft getrocknet wird. Weihrauch ist reich an ätherischen Ölen. Je nach Sorte schwankt ihr Anteil zwischen fünf und zwölf Prozent. Weitere Bestandteile sind - neben dem Harz - Proteine und Schleimstoffe. Wird das Harz verglüht, so entsteht der uns allen wohl bekannte aromatisch duftende Rauch.
Woran erkenne ich hochwertigen Weihrauch?
Die Qualität des Weihrauchs hängt vom Standort der Bäume sowie den jeweiligen klimatischen Gegebenheiten ab. Doch auch der Zeitpunkt der Gewinnung spielt eine Rolle. So ist jenes Harz, das zu Beginn der Saison geerntet wird, alles andere als hochwertig. Früher wurde es umgehend entsorgt, heute wird es verkauft. Je weiter fortgeschritten der Zeitpunkt der Ernte, desto besser die Qualität. Während minderwertiger Weihrauch an seiner kleinen Stückgröße und der bernsteinfarbenen, fast schwarzen Färbung erkennbar ist, zeichnet sich hochwertiger Weihrauch durch seine nahezu schneeweiße Farbe aus. Die einzelnen Stücke sind rund einen Zentimeter groß und kosten, verglichen mit Ersteren, ein Vielfaches.
Seit wann wird Weihrauch verwendet?
Schon die alten Ägypter verwendeten Weihrauch oder - wie sie ihn nannten - den "Schweiß der Götter". So kam er zum Beispiel bei der Einbalsamierung und Mumifizierung reicher oder angesehener Verstorbener zum Einsatz. Und auch für medizinische Zwecke wurde er genutzt, wusste man doch bereits damals um seine desinfizierende und entzündungshemmende Wirkung. Die alten Griechen behandelten Verdauungsprobleme, Atemwegserkrankungen und Wunden mit Weihrauch. Und die Heiligen drei Könige sollen das Jesuskind mit Weihrauch, Myrrhe und Gold beschenkt haben.
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Die Römer entschieden sich schließlich dazu, bei ihren Gebeten das getrocknete Harz anstelle von Opfern zu verbrennen. Und wenn ein Kaiser Einzug in die Stadt hielt, wurde sein Weg mit Weihrauchduft geebnet. Das hatte zweierlei Gründe: Zum einen wollte man ihm auf diese Weise Anerkennung zollen, zum anderen sollte der Rauch den Kloakengestank der Stadt überdecken. Heute ist der spezielle Duft aus der römisch-katholischen und orthodoxen Kirche nicht mehr wegzudenken. Hier dient er vor allem dazu, die Festlichkeit zu unterstreichen.
Was bewirkt Weihrauch im Körper?
Die Verwendung von Weihrauch als Heilmittel hat eine lange Geschichte, die jedoch mit dem Aufkommen chemisch-synthetischer Arzneistoffe gegen Ende des 19. Jahrhunderts - wenn auch nur vorübergehend - unterbrochen wurde. Es sollte aber nicht allzu lange dauern, bis man sich auf die heilende Kraft der im Harz steckenden Inhaltsstoffe rückbesann. Heute wird deren medizinische Wirkung zusehends erforscht. So legen Studien einen positiven Effekt von aus Weihrauch gewonnenen Präparaten bei den chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen Morbus Crohn und Colitis ulcerosa nahe. Auch bei Kniearthritis dürfte Weihrauch helfen. Forscher beschreiben hier seine abschwellende und schmerzstillende Wirkung.
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Diskutiert wird auch der Einsatz von Weihrauchpräparaten bei rheumatoider Arthrose, Asthma bronchiale, Multipler Sklerose und Krebs. Ein positiver Effekt konnte in diesem Zusammenhang bisher aber nicht eindeutig belegt werden. Alles in allem ist die aktuelle Datenlage zur medizinischen Wirkung von Weihrauch sehr dünn. "Es gibt ein paar Studien. Die Nachweise, die sie erbrachten, sind aber relativ schwach", sagt der Arzneimittelexperte Christoph Baumgärtel. Für die Arzneimittelanwendung würden sie aus heutiger Sich jedenfalls nicht ausreichen. Was ja aber nicht dagegen spricht, Weihrauch in Kosmetikprodukten beizumengen. Hierfür wird das ätherische Weihrauchöl verwendet, das mittels Wasserdampfdestillation aus dem Harz gewonnen wird.
Wie kann ich Weihrauch einnehmen?
Im Handel erhältlich sind Weihrauchpräparate in Form von Kapseln und Tabletten. Seltener zu finden ist ein auf den Inhaltsstoffen von Weihrauch basierendes Pulver. Darüber hinaus werden Salben und Cremes zur äußeren Anwendung angeboten. Der indische Weihrauch wird im europäischen Arzneibuch zwar als pflanzlicher Arzneistoff beschrieben, zugelassene Fertigarzneimittel gibt es innerhalb der EU aber keine. Die entsprechenden Produkte werden daher nicht als Arzneimittel, sondern lediglich als Nahrungsergänzungsmittel gehandelt. Was wiederum bedeutet, dass hier keine Angabe zur medizinischen Wirkung gemacht werden darf. Es darf also nicht vermerkt sein, dass das Produkt zum Beispiel bei Gelenksbeschwerden hilft.
Zu Bedenken gibt Baumgärtel außerdem, dass Weihrauch Estragol enthält. Hierbei handelt es sich um einen Inhaltsstoff, der sich zum Beispiel auch in Basilikum findet. Grundsätzlich also nicht weiter schlimm. In hoher Dosierung über einen längeren Zeitraum eingenommen, kann ein negativer gesundheitlicher Effekt aber nicht ausgeschlossen werden. Estragol wirkt nämlich krebserregend.
Wie kann ich mit Weihrauch räuchern?
Zum Räuchern kann man entweder auf Räucherstäbchen setzen oder aber das Harz direkt verwenden. Hierfür positioniert man Letzteres in einer Schale über einem Teelicht oder direkt auf geruchsarme Kohle. Sodann wird das Teelicht bzw. die Kohle angezündet. Aber Achtung: Wird organisches Material verbrannt, so bilden sich Stoffe, die im Verdacht stehen, krebserregend zu sein. So auch bei Weihrauch, das eine besonders hohe Konzentration an Benzopyren, einer krebserregenden Substanz, enthält. Von der häufigen Verwendung in kleinen, geschlossenen Räumen ist daher abzuraten.