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Mit den Waffen einer Frau

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Reportage - Mit den Waffen einer Frau
©Bild: Ricardo Herrgott/News
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Seit zwei Wochen steht mit Klaudia Tanner eine Frau an der Spitze des Verteidigungsministeriums. Seit mehr als 20 Jahren gibt es in Österreich Soldatinnen. Doch noch immer sind Frauen im Bundesheer Ausnahmeerscheinungen. Ein Lokalaugenschein am Truppenübungsplatz.

Dzenita Koric geht hinter einem Ast in Deckung, das Gewehr im Anschlag. Sie visiert eine Gruppe von Soldaten an, die sich im Wald nähern. Deren zwei Nahsicherer auszuschalten, ist ihr Ziel. Doch dann wird sie von den anderen unter Beschuss genommen. Ein Schmerzenschrei, ein Fluchen, dann fällt sie ins Laub. Der Trupp sieht nach, ob sie tot ist, entwaffnet sie, einer bleibt zurück, um sie zu bewachen, der Rest eilt weiter.

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 © Ricardo Herrgott/News

Koric steht auf, grinst vergnügt. Sie ist Zugsführer bei der 3. Gardekompanie des Bundesheeres und an diesem trüb-kalten Tag am Truppenübungsplatz Bruckneuburg als "Feinddarstellerin" zugange. "Ich sterb' dann immer ganz dramatisch", lacht sie. Und macht sich bereit für die nächsten anrückenden Rekruten, die zeigen sollen, was sie gelernt haben.

Von der Kindergartenschule zum Bundesheer

Die Aufgabe lautet, sich im Gelände angepasst zu bewegen. Jacqueline Grünwald pirscht sich mit ihrer Gruppe heran. Die 18-Jährige ist Rekrut (nicht Rekrutin, weil das ein Rang ist, wie etwa Leutnant, daher nicht gegendert wird).

Seit November wird sie bei der Garde ausgebildet. "Es ist anstrengend, aber auch lustig. Es ist das, was ich mir vorgestellt habe", sagt sie. "Meine Freundinnen haben meinen Umstieg von der Kindergartenschule zum Bundesheer krass gefunden, aber jetzt taugt ihnen das auch."

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 © Ricardo Herrgott/News

Vom Kindergarten zum Heer? "Mit so vielen kleinen Kindern in einer kompletten Gruppe, das war nicht das, was ich mir als Kindheitstraum vorgestellt hab." Ganz umsonst ist das Gelernte dennoch nicht: "Wenn es um Anweisungen geht oder mehrmaliges Wiederholen von Dingen, das kann man vergleichen -sonst nichts."

Strammstehen für Staatsgäste

Die Garde ist auch jenen Menschen ein Begriff, die sonst nicht viel mit dem Bundesheer anfangen können. Sie übernimmt zusätzlich zu den Einsätzen eines Infanterieverbandes Repräsentationsaufgaben. Wird ein Staatsgast mit militärischen Ehren empfangen, bildet die Garde in ihren grauen Uniformen und den roten Baretten die Ehrenformation.

Auch das will gelernt sein. Also steht für die Rekruten neben der Kampfausbildung das Exerzieren am Übungsplan. Und das braucht Zeit: "Da müssen sich hundert Soldaten im Gleichklang bewegen", erklärt Oberleutnant Jakob Bergmann.

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 © Ricardo Herrgott/News

Tritt die Garde unter seinem Kommando am Heldenplatz oder im Inneren Burghof an, sind Kameras und die Augen der Zuschauer auf sie gerichtet, und jeder Fehltritt würde auffallen. "Ich gebe zu, da geht auch mir der Puls etwas schneller", sagt Bergmann.

Vergangenen Dienstag stand die Garde anlässlich des Botschafterempfanges bei Bundespräsident Alexander Van der Bellen am Heldenplatz. Was Zaungästen dabei aufgefallen sein mag: Eine Soldatin links außen in der ersten Reihe, eine weitere bei der Insignientruppe -Frauen sind hier noch immer die absolute Ausnahme.

So viele Soldatinnen sind beim Herr

22 machen Dienst bei der Garde, insgesamt gibt es derzeit 681 Soldatinnen beim Bundesheer -und 15.373 Soldaten (ohne Grundwehrdiener). Aber immerhin meldet man im 22. Jahr des Fraueneinsatzes einen kleinen Rekord: Unter den 626 Personen, die derzeit an der Heeresunteroffiziersakademie in Enns ausgebildet werden, sind 55 Soldatinnen. Das sei weit über dem sonstigen Schnitt.

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 © Ricardo Herrgott/News

Was diese Frauen antreibt? Bei jenen vier Soldatinnen, die sich hier in Bruckneudorf auch auf einen Assistenzeinsatz an der ungarischen Grenze vorbereiten, ergibt sich ein einheitliches Bild. Sie waren schon als Kinder "gern draußen" unterwegs. Und ihre ersten Berufserfahrungen auf anderen Gebieten waren enttäuschend.

Koric ist in der Chemie-HTL "viel im Labor gestanden. Da hab ich gemerkt, das ist nichts für mich. Beim Bundesheer wird man nicht nur geistig gefordert, sondern auch körperlich. Man kann in keinem anderen Beruf so viel erleben wie hier."

Die sportlichen Aufnahmekriterien

Liegestütz, 2.400-Meter-Lauf, Standhochsprung, Klimmzüge und Schwimmen werden für die Aufnahme ins Heer getestet. Leutnant Nadine Feurhuber, 22 und seit vier Jahren dabei, war zuvor Kunstturnerin. "Ich weiß dadurch, dass ich viel Kraft habe und was meine Hände und Füße machen können", sagt sie. Und: "Kunstturnen ist eine sehr konservative Sportart, da ist die Disziplin sehr hoch und der Umgangston teilweise ein bissel rauer. Daher fällt es mir nicht schwer, Befehle oder Aufträge einzuhalten."

Das ist das Bundesheer, wie man es sich vorstellt

Feurhuber gibt nun selbst Befehle. Als Zugskommandant plant und koordiniert sie die Ausbildung der Grundwehrdiener. Doch noch immer ist es der Gefechtsdienst, der ihr am meisten liegt. "Das ist das Bundesheer, wie man es sich vorstellt. Was ich bei der Garde auch kennengelernt habe, ist das Exerzieren. Ich hätte nie gedacht, dass mir das so gefällt. Das Gefühl der Zusammengehörigkeit, wenn man in der Ehrenkompanie steht, ist schon groß."

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 © Ricardo Herrgott/News

Diese Zusammengehörigkeit führen auch ihre Kameradinnen ins Treffen. Gilda Machowetz, 20, ist schon als 14-Jährige in die Militärschule nach Wiener Neustadt gegangen, wo sie eine vormilitärische Ausbildung erhielt. "Das war die beste Entscheidung meines Lebens. Die Freundschaften, die da entstehen, kann man mit nichts anderem vergleichen."

Man lernt sich dabei wieder besser kennen, muss eine schwierige Situation meistern

Auch jetzt noch "ist es die meiste Zeit lustig, man lernt viele Leute kennen -und was es heißt, gemeinsam zu leiden und durch anstrengende Zeiten zu gehen. Du siehst, wie dich die Gemeinschaft stärken kann." Als sie das sagt, sind viele hier am Truppenübungsplatz seit gut 48 Stunden wach. Sie haben eine Nacht in einem ungeheizten Gebäude zu schlafen versucht, in der zweiten Nacht Gefechtsaufgaben absolviert. "Man lernt sich dabei wieder besser kennen, muss eine schwierige Situation meistern und dabei auch noch auf seine Leute schauen", erklärt Feurhuber.

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 © Ricardo Herrgott/News

"Für meinen Papa bin ich der Superhero", erzählt Dzenita Koric stolz. "Er war selber beim Heer und freut sich, wenn er mich in Uniform sieht." Ob sie sich als Frau jemals anders behandelt fühlt als die Männer beim Heer? "Ich hab hier bei der 3. Kompanie gelernt, was totale Gleichberechtigung ist.

Was wirklich zählt

Das Packerl von einer Frau wiegt nicht weniger als das von einem Mann. Wir haben all das selbe an, sind Soldaten, wurscht, ob Mann oder Frau." Macht es einen Unterschied, dass nun mit Klaudia Tanner erstmals eine Frau das Verteidigungsministerium führt?"Nein, überhaupt nicht", sagt Feurhuber. "Wir machen alle unsere Hackn. Und wenn man es gut macht, ist es egal, ob man ein Mann oder eine Frau ist."

Dieser Artikel erschien ursprünglich in der News Ausgabe Nr. 4/20

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