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Im Volkstheater lebt die Hoffnung, in Grafenegg auch

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Heinz Sichrovsky

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Es hätte für Wiens Krisentheater schlimmer kommen können als mit Jan Philipp Gloger. In Grafenegg legt Rudolf Buchbinder 2026 die Intendanz zurück. Er bleibt Identitätsstifter, ein hochkarätiger Manager folgt ihm

Weil ja die eitle Bescheidenheit, die man von den Demutsbekundungen wiedergewählter Dorfschulzen kennt, so verwerflich ist wie das übermäßige Selbstvertrauen ... deshalb bemerke ich halbgesenkten Blicks, aber nicht unhörbar: Den neuen Volkstheaterdirektor konnten Sie eine Woche vor Bekanntgabe zuerst bei mir nachlesen. So wie schon seine drei Vorgänger, den amtierenden Operndirektor und vier Burgtheaterdirektoren, unter ihnen der designierte.

Lassen Sie mich also noch beim Volkstheater-Designatus Jan Philipp Gloger bleiben, einem branchenberühmt charmanten, teamorientierten Menschen. Nicht, dass man uns mit wortidenten Tiraden nicht schon den Amtsinhaber Kay Voges angedient hätte. Als wortident ist mir auch das Konzept in Erinnerung, mit dem uns schon Voges den Himmel auf Erden avisiert hat, um anschließend das Ensemble auf die Straße zu setzen und das Haus billafilialenreif zu schießen: niederschwellig, divers, inklusiv, Sie kennen das, wenn auch ungern. Dennoch wäre es ein Fehler, die beiden zu verwechseln. Gloger ist kein gutgelaunter Provinzblasenhopper, dafür hat er als Opernregisseur schon zu gute Adressen bedient.

Auch rühmt man ihn vorsichtiger Affinität zu wiedererkennbaren klassischen Texten. Und die beiden großen Szenenfotos seiner Uraufführungsinszenierung von Elfriede Jelineks "Das Licht im Kasten" würden noch heute die Küchenwand der Nobelpreisträgerin schmücken, wäre der zugehörige Münchner Wohnsitz nicht aufgelassen worden.

Das ist nicht nichts, und Gloger ist ehrlich willkommen zu heißen. Obwohl ich mich für die Zukunft frage, woher die Panik der Kulturpolitik vor österreichischer Expertise rührt. Als Michael Niavarani im Scherz erwog, das Volkstheater für einen Euro käuflich zu erwerben, hätte er politischerseits keine ruhige Stunde mehr haben dürfen. Nikolaus Habjan? Thomas Gratzer vom Rabenhof, Alexander Pschill von Bronski & Grünberg, Paulus Manker und Maria Happel, die schon vor zwei Fehlentscheidungen übergangen wurden? Anna Maria Krassnigg, die in den niederösterreichischen Kasematten ein Prachtprogramm verantwortet? Marie Rötzer, die in St. Pölten ein tadelloses Regiment führt, soll der Findungskommission nicht gefallen haben. Wehmütig denke ich da an die Zeiten, als große Kulturpolitiker wie Ursula Pasterk, Rudolf Scholten und Franz Morak noch ihre Eigenexpertise bemüht, ein paar konspirative Informationsrunden gedreht und dann entschieden haben. St. Pölten ist ja bequem bereisbar und das Kritikenaufkommen bis zur "New York Times" sogar digital abrufbar.

All das für die Zukunft, wohlgemerkt. Glogers Gedeihen hängt jetzt davon ab, dass er das Entscheidende begreift: In Wien geht man zu den Schauspielern. Am Volkstheater wurde da verwüstet, was nur zu verwüsten war. Schon Anna Badora hat Michael Schottenbergs Koryphäen abmontiert. Andrea Eckert und Maria Bill wenigstens als Gäste zurückzubitten, das wäre ein Anfang. Badoras sehr gutes Ensemble wiederum schmückt heute "Burg" und Josefstadt. Aber um die aufzuspüren, die in die Bundesländer oder an die kleinen, aufregenden Bühnen gegangen sind (das elementare Fabelwesen Isabella Knöll fiele mir da ein), muss man einen ortskundigen Begleithund adoptieren, der keinen Tag der verbleibenden eineinhalb Jahre ungenutzt verstreichen lässt. Voges wird seine an den Publikumsschwund vergeudeten Dortmunder wohl nach Köln mitnehmen. Das wäre die Chance. Importiert Gloger jetzt halb Nürnberg, ist sie vertan.

An einen Schauplatz bevorstehender Entscheidungen hätte ich Sie gern noch entführt. Als der visionäre Kulturpolitiker Erwin Pröll 2007 ein Klassikfestival in die Wiese vor Schloss Grafenegg zu stellen gedachte, verpflichtete er als Intendanten den Weltpianisten Rudolf Buchbinder, und über der Pampa ging das Licht an. Buchbinder ist jetzt 77, auf der Höhe seines Könnens und aktiv wie wenige Jüngere. Aber im Sommer verkörpert er als Musiker, Gestalter und Gastgeber seine Festspiele. Einen Identifikationsträger seiner Statur muss man lang suchen. Und genau darum ging es zuletzt: Buchbinder legt mit dem 80. Geburtstag im Jahr 2026 die Intendanz zurück. Der große Konzertsaal wird nach ihm benannt, aber was dann?

Schön, dass man sich auf die niederösterreichische Kulturverwaltung auch in koalitionär bedenklichen Umständen verlassen kann. Mobbende Aufzeiger aus der zweiten Reihe haben mitsamt ihren Begehrlichkeiten die Festspiele verlassen. Man hat lang gesucht und jetzt offenbar gefunden. Der frühere Staatsoperndirektor Dominique Meyer, derzeit in Mailand und höchst qualifiziert, wird es nicht. Der interessiert sich für Salzburg. Eher könnte ein Konzertmanager der hohen Liga bekanntgegeben werden. Einer wie Thomas Angyan, der im Musikverein Geschichte geschrieben hat, Michael Haefliger aus Luzern oder Johannes Neubert, 54, bis 2019 Geschäftsführer der Wiener Symphoniker und heute beim Orchestre National de France. Ein Könner, so oder so, kein intriganter Gschaftlhuber. Und auch Buchbinder, darauf würde ich wetten, bleibt nicht nur als Ehrentafel im Bewerb.

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