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Unwetter: Fünf Tote in Niederösterreich

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Unwetter und Überflutungen in Niederösterreich.

©APA/BUNDESHEER/BMLV/DANIEL TRIPPOLT
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Die Unwetter-Situation in Österreich ist weiterhin angespannt. Besonders im Osten des Landes hat es bezüglich Hochwasser am Montag keine Entwarnung gegeben. Aufgrund der starken Regenfälle bleibe die Lage "weiterhin ernst", betonte Bundeskanzler Karl Nehammer am Montag vor Journalisten. Monetäre Hilfe kündigte er durch den Katastrophenfonds an: 300 Millionen Euro würden bereitstehen. In Wien entspannte sich die Situation zwar leicht, doch war hier die Sorge vor einer "zweiten Welle" groß. Vor allem in Niederösterreich, das zum Katastrophengebiet erklärt wurde, waren die Einsatzkräfte im Dauereinsatz. Hier forderte das Hochwasser am Montag und Dienstag vier weitere Tote und somit bereits fünf Opfer.

Nach Angaben von Polizeisprecher Johann Baumschlager vom Abend wurde in Klosterneuburg (Bezirk Tulln) ein vorerst Unbekannter geborgen. Ein 70- und ein 80-Jähriger waren in ihren Wohnhäusern gestorben und dort gefunden worden. Bereits am Sonntag war der Tod eines Feuerwehrmannes im Einsatz in Rust im Tullnerfeld in der Gemeinde Michelhausen (Bezirk Tulln) bekannt geworden.

Der Tote in Klosterneuburg wurde laut Baumschlager am späten Montagnachmittag beim Strandbad in Bauchlage im Wasser treibend entdeckt. Es handelte sich um einen 40 bis 50 Jahre alten Mann. Die Todesursache war noch unklar, sagte der Sprecher. Eine Leichenbeschau werde am Mittwoch stattfinden. Die Landespolizeidirektion Niederösterreich ermittelt.

Eine 81-Jährige aus Würmla (Bezirk Tulln) ist das fünfte Todesopfer beim aktuellen Hochwasser in Niederösterreich. Die Frau starb laut Chefinspektor Johann Baumschlager von der Landespolizeidirektion in ihrem gefluteten Wohnhaus. Die Leiche wurde Dienstagfrüh von Einsatzkräften entdeckt.

Unwetter: Gesamte Donau in Österreich für Schiffsverkehr gesperrt

Die Donau ist am Dienstag in ganz Österreich für den Schiffsverkehr gesperrt worden. Die Wasserpegel gehen zwar tendenziell langsam zurück, "ein großer Unsicherheitsfaktor bleibt jedoch die Unvorhersehbarkeit der Schneeschmelzen durch die wieder steigenden Temperaturen", so das Verkehrsministerium. Ein absehbarer Zeitpunkt zur Aufhebung Sperren entlang der Donau ist "aktuell nicht möglich".

"Die Sicherheit auf der Donau hat für Passagier und Güterschiffe oberste Priorität. Die aktuelle Lage lässt eine Freigabe des Schiffsverkehrs nicht zu. Wir können erst Entwarnung geben sobald das sichere Ab- und Anlegen und eine sichere Weiterfahrt der Schiffe möglich ist", sagte Martin Steingruber, Leiter der Schifffahrtsaufsicht.

Bereits vor der Gesamtsperre war die Donau nur bis zur Station Ennshafen-Wallsee an der Grenze von Ober- und Niederösterreich befahrbar gewesen. Am Dienstag befanden sich 70 Personenschiffe und 70 Güterschiffe im gesperrten Bereich. "Die hohen Wasserpegel sorgen dabei für eine schwierige Sicherheitslage für Passagiere und Besatzung", hieß es. Die Passagiere wurden aber fast vollständig bereits vor Beginn des Hochwasserereignisses von Bord der Schiffe gebracht.

"Bis der Wasserstand entsprechend gesunken ist, gilt: Sicherheit hat Priorität. Deshalb bleibt die Schifffahrtssperre auf der Donau vorerst aufrecht. Die Prognosen für die nächsten Tage schauen grundsätzlich positiv aus. Die Schifffahrtsaufsicht überwacht die Lage kontinuierlich", sagte Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) nach einer Sitzung der Obersten Schifffahrtsbehörde.

Im Fall des Schweizer Bootes MS Thurgau Prestige, das in Wien am Anleger Nussdorf mit 102 Passagieren an Bord stillstand, wurde eine Lösung gefunden. Hier sollte im Laufe des Tages "eine geordnete Abreise in Zusammenarbeit mit der Schifffahrtsaufsicht durchgeführt werden" - geplant war, dass das Schiff Handelskai anlegen kann.

Unwetter: Sieben Ortschaften im Tullnerfeld evakuiert

Im Zusammenhang mit dem Hochwasser in Niederösterreich sind am Montag bzw. in der Nacht auf Dienstag sieben Ortschaften im Tullnerfeld evakuiert worden. Das Rote Kreuz hat in der Messe Tulln ein Notquartier eingerichtet. Bis zu 1.000 Menschen können untergebracht werden. Feldbetten stehen ebenso wie eine Feldküche zur Verfügung. Dienstagfrüh wurden laut Sonja Kellner vom Roten Kreuz 325 Personen betreut. Etwa 450 seien es in der Spitze in den Nachtstunden gewesen.

Auch Mitarbeiter von Kriseninterventionsteams waren in dem Quartier in den Hallen 6 und 10 der Messe Tulln an Ort und Stelle. Die Einrichtung in der Bezirksstadt bleibe so lange in Betrieb, wie sie gebraucht werde, sagte Kellner.

Einen gefährlichen Zwischenfall gab es am Montagabend in Krems am gleichnamigen Fluss. Ein Rollstuhlfahrer dürfte eine Absperrung missachtet haben und kam im Uferbereich des Flusses zu Sturz, berichtete die Feuerwehr. Der Mann wurde gerettet.

Nachdem Passanten seine Hilferufe gehört hatten, waren die Einsatzkräfte alarmiert worden. Sie brachten den Rollstuhlfahrer zurück in den sicheren Bereich und übergaben ihn an Helfer des Roten Kreuzes. Der Mann wurde ins Landesklinikum Krems transportiert.

Hochwasser-Hotspots

Als Hotspots bezeichnete der LH-Stellvertreter Stephan Pernkopf (ÖVP) am frühen Abend das Tullnerfeld, wo Zivilschutzalarm ausgelöst wurde und mehrere Ortschaften evakuiert werden, das Pielachtal sowie das gesamte östliche Mostviertel. Auch am Kamp stiegen die Pegel wieder. Im südlichen Tullnerfeld wurden Evakuierungen vorsorglich in Rust und auch in Asparn, Langenschönbichl, Neusiedl, Pischelsdorf sowie Kronau vorgenommen.

Niederösterreich sei "weiter im Krisenmodus", sagte Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) am Montagvormittag nach einer weiteren Lagebesprechung in Tulln. Sie wies darauf hin, dass neuerlich starke Regenfälle prognostiziert seien. Die Situation sei "sehr angespannt, sehr kritisch". An die Bevölkerung richtete die Landeshauptfrau den Aufruf, von nicht notwendigen Fahrten Abstand zu nehmen, um sich einerseits nicht selbst zu gefährden und andererseits die Sicherheitskräfte nicht zu behindern. "Es bleibt kritisch, es bleibt dramatisch." Die Landespolizeidirektion Niederösterreich wies explizit darauf hin, "dass die hochwasserführenden Flüsse nach wie vor lebensgefährliche Bereiche darstellen". Am Abend war Nehammer laut oe24.at im niederösterreichische Kamptal - einem Hotspot der Überschwemmungskatastrophe.

Aus dem Stausee Ottenstein, wo am Sonntagnachmittag die Hochwasserklappen der Staumauer abgesenkt worden waren, gab es in den Nachmittagsstunden einen kontrollierten Ablauf von 230 Kubikmetern Wasser pro Sekunde. Der Zulauf betrug 240 Kubikmeter pro Sekunde. "Wir puffern immer noch geringe Mengen an Wasser zwischen", sagte EVN-Sprecher Stefan Zach. Zwischenzeitlich sei bei weniger Zulauf erneut Kapazität geschaffen worden, in den Nachmittagsstunden gab es so weiterhin sechs Millionen Kubikmeter freies Volumen. Für die Abendstunden wurde mit einem Zulauf von etwa 320 Kubikmetern in der Sekunde gerechnet.

Leichte Entspannung in Wien

In Wien entspannte sich die Hochwassersituation leicht. Die Pegel sind zurückgegangen, in den stark betroffenen Gebieten entlang des Wienflusses im Bezirk Penzing gab es erste Aufräumarbeiten. Zuversichtlich zeigte sich auch Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) am Nachmittag: Der Hochwasserschutz im Bereich der Donau oder am zum Teil wieder renaturierten Liesingbach habe funktioniert. "Wien kann Hochwasser", versicherte der Bürgermeister. Ludwig warnte angesichts der unklaren Wetterlage aber auch vor einer "zweiten Welle".

Als Folge des Unwettergeschehens wurden zudem die Wiener Parks gesperrt. Dies sei nötig, da der Boden aufgeweicht sei und Bäume umstürzen könnten, führte Ludwig aus. Die Lage dort werde nun geprüft. Erst nach den Kontrollen würden sie wieder geöffnet, führten die Wiener Stadtgärten bzw. die städtischen Forstbetriebe dazu in einer Aussendung aus. Auch der Wiener Donauturm ist seit Sonntagnachmittag geschlossen. Der Dauerregen habe zu Wassereintritt an einzelnen Stellen in den oberen Etagen des Wahrzeichens geführt, hieß es am Montag.

Die Einschränkungen bei den Öffis werden in Wien wohl noch bis Mittwoch dauern, wurde nach einem am Montagnachmittag Krisenstab-Treffen bekräftigt. Betroffen sind weiterhin die U-Bahn-Linien U2, U3, U4 und U6. An neuralgischen Punkten wurden dort Schutzmaßnahmen mit Dammbalken oder Sandsäcken errichtet.

Unwetter: Experte warnt vor zeitverzögerten Hangrutschungen und Muren

Die Starkregenereignisse der vergangenen Tage brachten Hochwasser, steigern aber auch wieder massiv die Gefahr von Muren und Hangrutschungen - um deren Ausmaß zu erkennen, "müssen wir aber sicherlich noch bis zum Wochenende abwarten", sagte Thomas Glade, Experte für Geomorphologie, Risikoprävention und Katastrophenschutz der Universität Wien, zur APA. Bei dem aktuellen Unwetter habe sich jedenfalls gezeigt: Auf der Seite der Vorhersage ist man mittlerweile gut aufgestellt.

Auch wenn mit dem vergangenen Wochenende eine Wetterlage aufgetreten sei, die man in dieser Stärke und Größe "so noch nicht erlebt hat": "Wir hatten eine gute Vorstellung von der Niederschlagsmenge, die uns erwartet, wie auch, welche Regionen besonders betroffen sein könnten", sagte Glade. Für den Geomorphologen, der sich auch mit dem nachhaltigen Management von Flusseinzugsgebieten befasst, haben sich aber auch einige Aspekte klar gezeigt: "Ja, es wird immer Großereignisse geben, die die Kapazitäten, auf die wir uns vorbereitet haben, überschreiten. Damit müssen wir rechnen. Extreme werden extremer." Sich darauf einzustellen, wäre eine große Herausforderung.

Auch wenn man bei der Prognose von regionalen Starkregenereignissen wie auch Hochwassergebieten gut aufgestellt sei, sieht der Experte gerade bei der Einschätzung der möglichen Konsequenzen und Schäden "sehr große Defizite" - auf dieser Seite müsse man in Zukunft noch nachlegen. Das sei auch wichtig für die Einsatzplanung, für das Management auf Gemeindeebene sowie für die Bewohnerinnen und Bewohner selbst.

Der Experte fordert mehr Augenmerk auf "Konsequenz-Analysen" zu legen. Also der Frage nachzugehen, welche ökologischen, ökonomischen und sozialen Folgen ein Ereignis hat: z.B. für Straßen, andere Infrastruktur, Industriebetriebe, aber auch für verschiedene Gesellschaftsgruppen, etwa Kleinkinder, mobile ältere Menschen, Pendler. "Was sind direkte, lokale Konsequenzen, also wie hoch steht das Wasser vor Ort? Was sind indirekte Konsequenzen, also was zieht ein Brückeneinsturz nach sich - in Bezug auf die Mobilität der Bewohner, auf den Gütertransfer, auf die Sicherheit etc.? Diese Zusammenhänge müssen besser untersucht und kommuniziert werden", so Glade.

Mit einer Vielzahl von Hangrutschungen und Muren infolge der regional teils sehr großen Niederschläge ist insbesondere in Niederösterreich zu rechnen. Auch wenn der Fokus der medialen Berichterstattung derzeit auf dem Hochwasser liegt, ist sich Glade, der in der Vergangenheit auch Gefahrenhinweiskarten für das gesamte Bundesland in puncto Rutschungen und Felsstürze erstellt hat, "sehr sicher, dass schon jetzt viele Rutschungen und auch Muren abgegangen sind bzw. noch abgehen werden". Die Böden seien vollkommen wassergesättigt. Auch in den nächsten Tagen sei daher mit entsprechenden Rutschungsereignissen zu rechnen.

Hochwasser-Lage im Burgenland, in OÖ, Steiermark und Tirol

Auch im Burgenland war die Hochwasserwarnung bei Leitha im Burgenland weiter aufrecht, teilte das Landesmedienservice mit. Weiterhin gelte daher für die Bevölkerung, man solle sich vom Ufergebiet sowie tiefer gelegenen Räumlichkeiten wie Keller oder Garagen fernhalten. Die Pegelstände wurden weiterhin kontrolliert und Vorsorgemaßnahmen getroffen, da Überschwemmungen zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht ausgeschlossen werden können.

Die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) konnten die von schweren Unwettern betroffenen Bahnstrecken zum Teil wieder für den Zugverkehr zu öffnen, bei weiteren Verbindungen ist der Zugverkehr voraussichtlich ab Dienstag wieder möglich. So ist etwa die Tauernstrecke (Bad Hofgastein - Bad Gastein) und die Südstrecke im Nahverkehr - Wien Hbf - Payerbach-Reichenau - wieder vollständig befahrbar, der Nah- und Fernverkehr zwischen Wien Hbf - Mürzzuschlag soll voraussichtlich ab 4.00 Uhr wieder möglich sein. Ab diesem Zeitpunkt soll auch die Pottendorfer Linie (Wien Hbf - Wiener Neustadt Hbf) wieder befahrbar sein. Die Reisewarnung bleibt jedoch weiterhin bis Donnerstag aufrecht. Der Bahnverkehr war am Montag in weiten Teilen Niederösterreichs wegen rund 40 Streckenunterbrechungen massiv eingeschränkt. Unterbrechungen gab es auch bei der Westbahn.

In der Obersteiermark sind die aufgrund der Hochwassersituation befürchteten Evakuierungen im Raum St. Barbara im Mürztal (Bezirk Bruck-Mürzzuschlag) am Sonntagabend unterblieben. Das Bezirksrettungskommando sei jedoch weiterhin in Alarmbereitschaft, weil im Laufe des Tages noch Niederschläge erwartet wurden.

"Wir sind in der Nacht auf heute ohne Evakuierung ausgekommen. Es war alles aufgebaut, um den erwarteten 100 Bewohnern eine sichere Übernachtung zu bieten, aber der Betreuungseinsatz war dann doch nicht notwendig", sagte Christoph Strahlhofer vom Bezirksrettungskommando Bruck-Mürzzuschlag.

Nach einer relativ ruhigen Nacht waren die Feuerwehren am Montag auch in Oberösterreich wieder in Alarmbereitschaft. Neuerlich intensive Niederschläge ließen die Pegel wieder ansteigen. "Aktuell beobachten wir die Lage und warten auf eine mögliche zweite Welle", sagte der Sprecher des Landes-Feuerwehrkommandos, Markus Voglhuber. Kleinere Einsätze und auch schon Aufräumarbeiten werden natürlich durchgeführt. Die wieder intensiver werdenden Niederschläge könnten die kleineren und mittleren Gewässer in Oberösterreich am Montag im Laufe des Nachmittags bzw. der Nacht ansteigen lassen. Dabei seien die Gewässer im unteren Mühlviertel wie Aist und Naarn derzeit auch noch hoch, sagte Peter Kickinger vom Hydrografischen Dienst des Landes Oberösterreich. Das lasse bis zu 30-jährliche Hochwässer und erneut Überflutungen erwarten.

Die Unwetterlage ist auch in Tirol weiter großteils ruhig und stabil geblieben. Trotz prognostizierter Niederschläge bis Dienstag werde "keine kritische Hochwassersituation" erwartet, hieß es vom Land. Es habe auch am Wochenende keine "außerordentlichen Ereignisse" gegeben, sagte der Sprecher des Landesfeuerwehrverbandes, Anton Wegscheider, zur APA. Montagmittag machten sich daher 110 Feuerwehrleute aus Tirol auf den Weg nach Niederösterreich.

Auch die Salzburger Einsatzkräfte ließen ihren niederösterreichischen Kollegen Hilfe zukommen. Das Landesfeuerwehrkommando hat Montagfrüh drei Katastrophenzüge nach Niederösterreich abkommandiert, um dort beim Hochwassereinsatz zu helfen. "Die Züge sind um 6.00 Uhr aufgebrochen", sagte ein Sprecher zur APA. Im Bundesland Salzburg selbst stehen die Zeichen auf Entspannung. Seit Sonntagnachmittag mussten die Hilfskräfte nur mehr zu rund einem Dutzend Einsätzen ausrücken.

Von Kärntner Seite wurden 260 Einsatzkräfte der Feuerwehren zum Hilfseinsatz nach Niederösterreich geschickt, teilte Walter Egger vom Kärntner Landesfeuerwehrverband mit. "Die Kollegen des KAT 5 sind bereits im Bereich Tulln vor Ort", so Egger und: "Der KAT 2 wird um 9.30 Uhr im zugewiesenen Einsatzgebiet eintreffen". Hilfe nach Niederösterreich kommt auch aus Vorarlberg. Noch am Montag brachen Vorarlberger Feuerwehren mit Schwerpunkt Hochwasserausrüstung ins Katastrophengebiet nach Niederösterreich auf, so Landesfeuerwehrinspektor Herbert Österle am Vormittag.

Hunderte Menschen in Niederösterreich gerettet

In der Nacht auf Montag waren in Niederösterreich 950 Feuerwehrmitglieder bei 104 Einsätzen gefordert. Es kam zu Behinderungen im Frühverkehr, aber bisher gab es keine massiven Staus.

Im von Überschwemmungen stark getroffenen Niederösterreich sind am Wochenende Hunderte Menschen gerettet worden. 304 waren es bis zum späten Sonntagabend laut einer Bilanz der Feuerwehr allein im Bezirk St. Pölten. "In vielen Gemeinden herrscht Land unter. Die Lage bleibt im ganzen Land angespannt", teilte LH-Stellvertreter Stephan Pernkopf (ÖVP) mit. Die Nacht auf Montag sei ruhig verlaufen, sagte Klaus Stebal vom Landesfeuerwehrkommando in der Früh zur APA.

Das Bundesland gilt seit Sonntag als Katastrophengebiet. Im Fokus stehen laut Pernkopf Dammsanierungen und Schutz der Dämme, zahlreiche Menschen wurden bereits evakuiert. "Die Regenfälle beginnen wieder stärker und massiv zu werden", teilte der Landesvize der APA mit. Die Böden können diese Niederschläge nicht mehr aufnehmen, daher bestehe auch die Gefahr von weiteren Dammbrüchen. "Ab dem Vormittag ist in allen Flüssen Niederösterreichs mit einem neuerlichen Ansteigen der Wasserstände zu rechnen", so Pernkopf.

In der Nacht auf Montag waren 181 Feuerwehren mit 950 Mitgliedern bei 104 Einsätzen gefordert. Die Schwerpunkte hätten sich nicht verändert, erklärte Stebal. Im Vordergrund standen nach wie vor Menschenrettungen, berichtete das Bezirksfeuerwehrkommando St. Pölten. Unterstützung dabei gab es durch Hubschrauber ebenso wie durch die Wasserrettung. Zudem liefen in der Nacht auf Montag zahlreiche Großpumpen. Der Fall war das u.a. im Landespensionistenheim St. Pölten-Wagram. Die Pegel aller Flüsse in der Region waren fallend.

Im Bezirk St. Pölten waren in der Nacht auf Montag 61 Feuerwehren mit 854 Mitgliedern im Einsatz. Zusätzlich aufgeboten waren Züge des Katastrophenhilfsdienstes aus Amstetten, aus Braunau und Grieskirchen (jeweils Oberösterreich) sowie aus Leibnitz (Steiermark). Je zwei weitere aus Oberösterreich und der Steiermark waren für Montag angefordert.

Im Frühverkehr war mit erheblichen Problemen zu rechnen. In den Morgenstunden gab es Behinderungen und Verzögerungen, aber vorerst "keine massiven Staus", berichtete ein ÖAMTC-Sprecher. Die Südautobahn (A2) war seit der Früh wieder befahrbar. Weiterhin unpassierbar waren mehrere Auf- und Abfahrten von Autobahnen und Schnellstraßen sowie zahlreiche Bundes- und Landesstraßen. Probleme gab es auch bei den öffentlichen Verkehrsmitteln. Die Weststrecke der Bahn zwischen Linz und Wien blieb gesperrt.

"Wir haben bis in die frühen Morgenstunden eine zweite Verteidigungslinie in Form eines über 500 Meter langen Sandsackdamms errichtet", berichtete Christoph Firlinger, Kommandant der Feuerwehr Hadersdorf am Kamp (Bezirk Krems-Land). Probleme bereitete der Gschinzbach. Außerdem wurden Behelfsdämme auf einer Länge von 1.300 Metern gebaut. Für Montag wurden erneut Black Hawk-Hubschrauber erwartet. Diese sollten wie bereits am Sonntag mithilfe von "Big Packs" den Damm sichern. "Über die Nacht ist der Pegel gefallen, wir erwarten laut Prognosen aber am Nachmittag noch eine Spitze", sagte Firlinger. Wie sehr der Wasserstand steige, hänge auch davon ab, wie stark die Niederschläge im Waldviertel ausfallen.

Aus dem Stausee Ottenstein, wo am Sonntagnachmittag die Hochwasserklappen der Staumauer abgesenkt worden waren, wurde der kontrollierte Ablauf von zunächst 130 Kubikmetern Wasser pro Sekunde "in Abstimmung mit der Behörde" auf etwa 250 erhöht, teilte EVN-Sprecher Stefan Zach Montagfrüh mit. In den Nachtstunden seien bei einem Zufluss von bis zu 330 Kubikmetern pro Sekunde weitere 2,5 Millionen Kubikmeter eingespeichert worden. Das freie Volumen in dem Waldviertler Stausee bezifferte Zach mit vorerst sechs Millionen Kubikmeter. Am Freitag seien es noch 32 Millionen gewesen.

Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) hatte am späten Sonntagnachmittag erklärt, dass nach wie vor "keine Entwarnung" gegeben werden könne. Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) sagte seitens der Bundesregierung Mittel aus dem Katastrophenfonds zu. "Wir werden in den kommenden Wochen und Monaten den Fokus auf die Hauptbetroffenen legen, die am meisten verloren haben", hielt Bundespräsident Alexander Van der Bellen in der ZiB2 am Sonntagabend fest.

Mehr als 25.000 Einsatzkräfte aus Niederösterreich "und darüber hinaus" seien aufgeboten, sagte Landesfeuerwehrkommandant Dietmar Fahrafellner. Dazu zählten auch Soldaten des Bundesheeres.

In Pottenbrunn, einem Stadtteil von St. Pölten, fiel nach Überflutungen die Abwasserentsorgung großteils aus. In der Nacht auf Montag wurden daher fünf mobile WC-Containeranlagen in Betrieb genommen. Für das Benutzen von Duschen und Toiletten wurde das städtische Freibad geöffnet. Es kam auch zu Problemen mit der Trinkwasserversorgung, etwa in Wilhelmsburg (Bezirk St. Pölten). Weiters gab es Stromausfälle in Teilen des Landes.

Von Unwetter betroffene Schüler automatisch entschuldigt

Die heftigen Unwetter seit Freitag haben in einigen Teilen Österreichs auch die Infrastruktur massiv betroffen. Schulkinder in betroffenen Gebieten sind deshalb am Montag automatisch entschuldigt, teilte das Bildungsministerium am Sonntag mit. Ebenso gelten Schülerinnen und Schüler automatisch als entschuldigt, die nicht zur Schule kommen können, weil ihnen wegen Behinderungen im Verkehr der Schulweg nicht möglich ist oder weil dieser infolge der Schäden zu gefährlich wäre.

Sofern ganze Schulstandorte geschlossen werden müssen, werden die Eltern, die Schülerinnen und Schüler sowie Lehrkräfte direkt vom Schulerhalter, also der betroffenen Gemeinde, oder der Direktion heute noch verständigt, heißt es in der Regelung des Ministeriums. Sollten geplante Schulveranstaltungen abgesagt oder verschoben werden müssen, so werden die Eltern, die Schülerinnen und Schüler direkt über die Schule informiert.

Für Lehrkräfte und das Verwaltungspersonal an Schulen gilt sinngemäß dieselbe Regelung. All jene Lehrkräfte und Verwaltungsbediensteten, die im Katastrophenschutz zum Beispiel im Rahmen der Freiwilligen Feuerwehr tätig sind und deren Anwesenheit im Katastrophengebiet unmittelbar erforderlich ist, sind automatisch freigestellt. Die Regelung ist unter https://www.bmbwf.gv.at/Themen/schule/unwetter_202409.html abrufbar.

Auch Zivildiener können bei dringend notwendigen Hilfeleistungen freigestellt werden. "Bitte nehmt Kontakt mit euren Einrichtungen auf, wenn ihr bei der Freiwilligen Feuerwehr seid und dringend gebraucht werdet, damit auch die Einrichtungen entsprechend planen können", appelliert Zivildienststaatssekretärin Claudia Plakolm. In Krisen wie diesen müsse bei jeder helfenden Hand abgewogen werden, wo sie notwendiger gebraucht werde, denn auch das Rettungswesen sei gerade massiv gefordert und brauche seine Kräfte und vor allem eine gewisse Planbarkeit, so Plakolm.

Analog zur Regelung des Bildungsministeriums wird in Wien und Niederösterreich, das von den Unwettern besonders stark betroffen ist, auch der Kindergartenbetrieb gestaltet. "Kinder im verpflichtenden Kindergartenjahr gelten mit Benachrichtigung der Kindergartenleitung ebenso als entschuldigt. Dort, wo es die aktuelle Lage zulässt, soll jedenfalls ein Betreuungsbetrieb aufrecht erhalten bleiben. Sollte es zu einer Veränderung der aktuellen Lage kommen, werden umgehend Informationen an die Erziehungsberechtigten ergehen", teilte Bildungslandesrätin Christiane Teschl-Hofmeister (ÖVP) in einer Aussendung mit.

Weiterhin eingeschränkter U-Bahnbetrieb in Wien

In Wien gibt es wegen Hochwassers infolge der Unwetter weiterhin eingeschränkten U-Bahnbetrieb. Betroffenen sind die Linien U2, U3, U4 und U6, teilten die Wiener Linien Montagnacht mit. Die U2 ist nur zwischen den Stationen Seestadt und Taborstraße in Betrieb, die Linie U3 fährt zwischen Ottakring und Schlachthausgasse und die Linie U4 verkehrt zwischen den Stationen Heiligenstadt und Friedensbrücke. Die Linie U6 ist zwischen Meidling und dem Westbahnhof außer Betrieb.

Es wurde ersucht auf Straßenbahnen, Autobusse und großräumig auf andere U-Bahnlinien auszuweichen. Wie die Wiener Linien weiters mitteilten, ist das Störungsende derzeit nicht absehbar.

Innerhalb von 24 Stunden hat die Berufsfeuerwehr Wien bis Montagfrüh mehr als 1.300 Einsätze abgearbeitet. Zu Spitzenzeiten langten mehr als 100 Einsatzanforderungen pro Stunde bei der Feuerwehr ein. In den Nachtstunden gab es indes leichte Entspannung, hieß es in einer Aussendung.

Die Einsätze waren etwa zu zwei Drittel auf den Niederschlag und zu einem Drittel auf den Wind zurückzuführen. Es handelte sich dabei durchwegs um Standardeinsätze, wie z.B. umgestürzte Bäume, abgebrochene Äste, Wassereintritte in Gebäude, Keller und Tiefgaragen, berichtete Feuerwehrsprecher Gerald Schimpf.

Ein leichter Rückgang der Pegelstände der Wiener Gewässer sorgte ab den Abendstunden für eine Stabilisierung der Einsatzzahlen. Die Einsatzkräfte der Berufsfeuerwehr, der Freiwilligen Feuerwehren Wiens und des Katastrophenhilfsdienstes Wien waren rund um die Uhr mit der Abarbeitung der gemeldeten Gefahrenstellen beschäftigt.

Örtlich nahe beieinanderliegende Einsätze wurden zu sogenannten Einsatzblöcken zusammengefasst und jeweils einem Fahrzeug zur Bearbeitung zugewiesen, erläuterte Schimpf. Dadurch sei es gelungen gegen 4.00 Uhr alle noch offenen, vorgemerkten Einsätze niedriger Priorität abzuarbeiten. Die Feuerwehr rechnete jedoch weiterhin mit einem sehr hohen Einsatzaufkommen.

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