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Suzanne Ciani wurde im Jahr 1946 als Tochter italienischer Einwanderer geboren und wuchs in einem Vorort von Boston auf. Bereits mit sechs Jahren erhielt sie Klavierunterricht. Als sie später am privaten Frauencollege Wellesley "Freie Künste" studierte, konzentrierte sie sich zunächst auf eine Ausbildung als klassische Pianistin. Die französische Komponistin Nadia Boulanger, die damals in Paris unterrichtete, war eine der Inspirationen, sich für Komposition zu interessieren.
Trotz der Anerkennungsschwierigkeiten, mit denen sie als Frau in der kreativen Musikszene zu kämpfen hatte - einer ihrer Lehrer verstieg sich sogar zu der Aussage, dass Frauen auf dem Podium nichts verloren hätten -, absolvierte sie Ende der Sechziger-Jahre im kalifornischen Berkeley ein Masterstudium für Komposition. Im Zuge der 68er-Studentenproteste wurde sie sogar verhaftet, weil die Polizei dachte, ihre elektronische Musikausrüstung diene dem Bau von Bomben, wie Ciani beim "Artist Talk" im Grazer Heimatsaal erzählte.
Ciani besuchte zu dieser Zeit auch einen Kurs für Computermusik am Artificial Intelligence Lab an der Stanford University, wo sie unter anderem Unterricht bei Max Mathews bekam, und wandte sich in der Folge immer mehr der elektronischen Musik und völlig neuen Kompositionsmethoden zu. Sie lernte den 2016 verstorbenen Synthesizer-Pionier Don Buchla kennen und "verliebte" sich nach eigener Aussage sofort in dessen revolutionären analogen Synthesizer. Ihr erstes selbstproduziertes Album, "Voices Of Packaged Souls", erschien am Ende ihrer Studienzeit in extrem limitierter Auflage.
Erste Anerkennung ihrer unorthodoxen musikalischen Ansätze fand Ciani Anfang der 1970er-Jahre bei kommerziellen Unternehmen wie Coca-Cola oder General Electrics, für die sie Klänge für Werbespots produzierte. Mit dem Geld, das sie als Sounddesignerin verdiente, konnte sich Ciani schließlich den Traum erfüllen, ein erstes "richtiges" Album, "Seven Waves", aufzunehmen, das 1982 erschien. Bereits davor gelang ihr auch der Durchbruch als Filmkomponistin, nachdem sie für "Die unglaubliche Geschichte der Mrs. K." als erste Frau überhaupt den Soundtrack für einen Hollywoodfilm geschaffen hatte.
1986 schickte sich ihr zweites Album "The Velocity Of Love" kurzzeitig an, ein Radio-Hit zu werden. Der Verkauf ihrer Plattenfirma an den Branchengiganten BMG und dessen Weigerung, das Album zu promoten, vereitelten jedoch einen möglichen breiten Erfolg als Elektronik-Instrumentalistin, wie das zuvor etwa dem Franzosen Jean-Michel Jarre gelungen war. "Eine Popkarriere habe ich nie angestrebt", betonte Ciani am Rande des Elevate Festivals im APA-Gespräch. Ein bisschen damit liebäugelt die 78-jährige Musikpionierin aber trotzdem: Unmittelbar nach ihrem Festivalauftritt in Graz verabschiedete sie sich nach London, wo eine vielversprechende Zusammenarbeit mit dem erfolgreichen britischen Elektronikmusiker Darren Cunningham alias Actress ansteht.
Von Graz verabschiedete sich Ciani spätabends am Donnerstag im Dom im Berg, in den sie auf und gemeinsam mit ihrem teils selbstständig arbeitenden Lieblingsinstrument, dem Buchla 200, ein fulminantes, rund einstündiges Set zauberte, das mit Vintage-Sounds der 1970er-Jahre ebenso wenig geizte wie mit extravaganten, polyrhythmischen Klanggewittern. Ein Jahr lang ist hingegen noch jene ebenfalls nostalgisch angehauchte Liftmusik von Suzanne Ciani im Schloßberglift zu hören.
(Von Andreas Stangl/APA)
(S E R V I C E - https://elevate.at)
Seit Jahren stand sie auf der Wunschliste der Festival-Kuratoren, dieses Jahr hat es endlich geklappt. "Americas first female synth hero", Suzanne Ciani, war einer der Top-Acts beim Grazer Elevate Festival. Im Bild: Suzanne Ciani während der Eröffnung des Festivals am 5. März 2025.