News Logo
ABO

Südkoreas Opposition beantragt Amtsenthebung des Präsidenten

Subressort
Aktualisiert
Lesezeit
6 min
Yoons Vorgehen ging nach hinten los
©APA/APA/South Korean Presidential Office/HANDOUT
  1. home
  2. Aktuell
  3. News
Nach der kurzzeitigen Ausrufung des Kriegsrechts in Südkorea hat die Opposition ein Amtsenthebungsverfahren gegen den konservativen Präsidenten Yoon Suk-yeol eingeleitet. "Wir haben einen Amtsenthebungsantrag eingereicht", sagten Vertreter von sechs Oppositionsparteien am Mittwoch bei einer Pressekonferenz. Die größte Oppositionspartei, die sozial-liberale Demokratische Partei (DP) kündigte zudem an, Yoon und weitere hochrangige Beamte wegen Aufruhrs verklagen zu wollen.

von

Wegen eines Streits um das Budget hatte Yoon am Dienstag das Kriegsrecht ausgerufen - und wenige Stunden später nach einem Parlamentsvotum gegen die Maßnahme wieder aufgehoben. "Wir werden der Bitte der Nationalversammlung nachkommen und das Kriegsrecht in einer Kabinettssitzung aufheben", sagte Yoon in einer Ansprache. Die vor dem zeitweise abgeriegelten Parlament versammelten Demonstranten begrüßten die Ankündigung mit großem Jubel. Das Kabinett stimmte der Aufhebung des Kriegsrechts kurz darauf zu, wie die südkoreanische Nachrichtenagentur Yonhap berichtete.

Yoons Zukunft ist nun ungewiss. Die Opposition nannte noch keinen Zeitpunkt für eine Abstimmung über die Amtsenthebung, erklärte aber, dass diese bereits am Freitag abgehalten werden könnte. Die Opposition verfügt im 300 Sitze fassenden Parlament über eine komfortable Mehrheit, bräuchte aber dennoch einige Überläufer von der Partei des Staatschefs, um auf die nötige Zweidrittelmehrheit zu kommen. Zudem drohen dem Präsidenten rechtliche Konsequenzen: "Wir werden Strafanzeige wegen Aufruhrs erstatten", erklärte die DP. Diese werde sich gegen Yoon, seine Innen- und Verteidigungsminister sowie Schlüsselfiguren aus Armee und Polizei richten.

Der wichtigste Gewerkschaftsverband des Landes rief zu einem "unbefristeten Generalstreik" bis zum Rücktritt des Präsidenten auf. Auch der Chef von Yoons regierender Partei der Volksmacht (PP), Han Dong-hoon, sprach von einer "tragischen Situation" und gab an, alle Verantwortlichen müssten "streng zur Rechenschaft gezogen werden".

Mehrere Minister im Kabinett von Südkoreas Präsident Yoon Suk Yeol wollen indes ihre Ämter niederlegen. Nach Meldungen der südkoreanischen Nachrichtenagentur Yonhap zählen dazu unter anderem Finanzminister Choi Sang-mok, Bildungsminister Lee Ju-ho sowie Justizminister Park Sung-jae. Sie wollen demnach die Verantwortung für das Verhalten von Yoon übernehmen, der zuvor überraschend das Kriegsrecht verhängt und dies Stunden später nach massivem politischem Widerstand wieder aufgehoben hatte.

Am Mittwoch zogen weiterhin tausende Protestierende durch das Zentrum der Hauptstadt Seoul. Wie Journalisten der Nachrichtenagentur AFP berichteten, schwenkten sie Plakate und forderten den Rücktritt Yoons. Die Demonstranten bewegten sich demnach auf der Hauptstraße in Richtung des Parlaments, wo eine weitere von der Opposition organisierte Kundgebung stattfinden sollte.

Der überraschenden Ausrufung des Kriegsrechts war ein Budgetstreit zwischen Yoons Partei PP mit der DP vorausgegangen. Yoon hatte am Dienstag im Fernsehen erklärt, die Opposition habe ohne jede Rücksicht auf das "Auskommen" der Bevölkerung die Regierung "gelähmt". Er warf der Opposition zudem vor, die Regierung behindern zu wollen, um Ermittlungen gegen Oppositionsführer Lee Ja-myung verhindern zu wollen. Gegen den Chef der DP wird in mehreren Fällen wegen Korruption ermittelt. Er streitet alle Vorwürfe ab.

"Um ein liberales Südkorea vor den Bedrohungen durch Nordkoreas kommunistische Truppen zu schützen und um anti-staatliche Elemente zu eliminieren (...), rufe ich hiermit das Kriegsrecht aus", sagte Yoon zur Begründung seiner Entscheidung. Die Abgeordneten der Opposition hatten mit ihrer Mehrheit in der vergangenen Woche nur eine deutlich abgespeckte Fassung des Budgetentwurfs im zuständigen Parlamentsausschuss gebilligt.

Der Präsident nannte keine konkreten Bedrohungen in Bezug auf Nordkorea. Die beiden Bruderstaaten befinden sich jedoch seit dem Ende des Korea-Krieges 1953 formell nach wie vor im Kriegszustand. Die Beziehungen beider Länder befinden sich derzeit auf einem Tiefpunkt.

Nach Yoons Ankündigung wurde das Parlament in Seoul abgeriegelt, mehr als 280 Soldaten drangen in das Gebäude ein, Hubschrauber landeten auf dem Dach. Alle politischen Aktivitäten seien untersagt, erklärte der Befehlshaber des Kriegsrechts, Park An-su. Medien und Publikationen würden der Kontrolle des Kriegsrechtskommandos unterliegen. Vor dem Parlamentsgebäude versammelten sich Hunderte Menschen und demonstrierten gegen die Maßnahme. "Verhaftet Yoon Suk-yeol", skandierten sie.

In der Nacht auf Mittwoch gelangten schließlich 190 Abgeordnete in das Parlamentsgebäude und votierten einstimmig für die Aufhebung des Kriegsrechts, wie Parlamentspräsident Woo Won-shik mitteilte. Die südkoreanische Verfassung sieht vor, dass das Kriegsrecht zurückgenommen wird, wenn eine Mehrheit im Parlament dies verlangt.

International hatte das Vorgehen Yoons Besorgnis ausgelöst. Die USA, ein wichtiger Verbündeter Südkoreas, forderten eine Lösung, die der "Rechtsstaatlichkeit" folgt. Das Weiße Haus zeigte sich nach Rücknahme des Kriegsrechts "erleichtert", dass der südkoreanische Präsident seinen Kurs geändert und das Votum des Parlaments respektiert habe. Auch die südkoreanische Börse erholte sich nach Aufhebung des Kriegsrechts leicht. Der südkoreanische Leitindex Kopsi schloss am Mittwoch mit einem Minus von 1,44 Prozent. Bei Börseneröffnung war er zunächst um 2,3 Prozent gefallen.

Über die Autoren

Logo
Monatsabo ab 20,63€
Ähnliche Artikel
2048ALMAITVEUNZZNSWI314112341311241241412414124141241TIER