Wie wird es weitergehen? Diese Frage beschäftigt derzeit viele. In zehn, zwanzig Jahren - das werden die meisten von uns noch selbst erleben - oder in dreißig, vierzig, fünfzig. Können die Menschen, unsere Kinder und Enkelkinder, noch gut leben, wenn es immer heißer wird? Denn das ist das Versprechen, das in Österreich nach dem Zweiten Weltkrieg gegeben wurde: Man kann hier gut leben. Geografisch, klimatisch und geopolitisch privilegiert, wirtschaftlich stabil. Dieses Versprechen steht auf dem Spiel.
Nicht weil verrückt gewordene Klimaaktivisten sich auf Straßen festkleben oder grüne Verbotsparteien allen anderen den Spaß verderben wollen - das sind die diskutablen Folgen -, sondern weil die Erwärmung der Erde eine enorme Bedrohung unserer Lebensgrundlagen darstellt. Trockenheit, Wassermangel, Extremwetter, Bergstürze. Globale Fluchtbewegungen aus unbewohnbar gewordenen Regionen dieser Erde. Diese Phänomene sind jetzt schon Realität, und es wird noch viel schlimmer. Die meisten Menschen in Österreich wissen das. 62 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher, hat eine Eurobarometer-Umfrage ergeben, betrachten den Klimawandel als "sehr ernstes Problem". Gut die Hälfte erwartet sich von der Regierung weitreichendere Maßnahmen.
Anstatt sich an dieser Mehrheit zu orientieren, sie zu bestärken und zu vergrößern, richtet sich Österreichs Politik aber lieber nach der skeptischen Minderheit. Man muss kein Fan der Klimaaktivisten sein, die regelmäßig Staus verursachen - sie schaden ihrer Sache inzwischen mehr, als dass sie ihr nützen -, aber die Debatte ausschließlich an den Ressentiments gegen eine winzige Minderheit auszurichten, ist fahrlässiger Populismus. Genauso wie die Normalitätsdefinition, die Niederösterreichs Landeshauptfrau Mikl-Leitner aus diesen Ressentiments ableitet: Normal ist, wer die Aktionen der Klimakleber ablehnt. Un- oder abnormal also, wer mit ihnen sympathisiert, und sei es auch nur, was ihre übergeordneten Ziele, nicht was die Methoden betrifft. Dieses Muster lähmt dieses Land seit Jahren: Anstatt ambitionierte Zukunftspolitik für die Mehrheit der Österreicher zu machen, orientiert sich die seit fast 40 Jahren ununterbrochen regierende ÖVP lieber an den Wechselwählern zur FPÖ, die Sebastian Kurz erfolgreich geködert hatte, bevor sie wieder zur Kickl-FPÖ zurückwechselten. In dem Versuch, diese Gruppe anzusprechen, ist man sich für nichts zu schade. Der Rest der Wählerinnen und Wähler wendet sich ratlos und frustriert von der Politik ab.
Die türkis-grüne Bundesregierung ist vor vier Jahren angetreten, um für Österreich "das Beste aus beiden Welten" herauszuholen. Bedeutet sinngemäß vielleicht: harte Asyl- und konsequente Klimapolitik. Zumindest von Letzterer ist nicht viel zu sehen. Die Vorzeichen, dass es in dieser Legislaturperiode noch ein Klimaschutzgesetz geben wird, stehen schlecht. Es brauche Zeit, die Menschen von Klimaschutzmaßnahmen zu überzeugen, hört man oft. Fair enough in einer Demokratie, auch wenn uns die Zeit davonläuft. Aber diese Regierung versucht nicht einmal, zu überzeugen. Und das wird als fatales Versäumnis in die Geschichtsbücher eingehen. Was für ein bitteres Ende einer historischen Chance.
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