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Spitzentöne: Wie der Name eines Mäzens spurlos von der Homepage der Volksoper verschwand

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Heinz Sichrovsky

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Erinnern Sie sich noch an das Zerwürfnis zwischen dem Theatermann Paulus Manker und dem Mäzen Christian Zeller um das Südbahnhotel auf dem Semmering? Manker ist im Konkurs, Zeller begegnet unfreundlichen Gerüchten

Dermaßen gründlich wurde vermutlich seit dem 1964 gestürzten sowjetischen Staats- und Parteichef Chruschtschow kein Mächtiger mehr aus der amtlichen Dokumentation gelöscht: Noch einen Tag, bevor das Nachwuchsstudio der Wiener Volksoper mit dem Österreichischen Musiktheaterpreis geehrt wurde, erinnerte die hauseigene Homepage an die Studiogründung „dank der großzügigen Unterstützung durch die Christian Zeller Privatstiftung“. Tags darauf fand sich dort das Resultat erkennbar eiliger Retusche: „Mit der Spielzeit 2022/23 wurde dank der großzügigen Unterstützung die Neugründung eines Opernstudios der Wiener Volksoper ermöglicht.“

Auch zwei mächtige Firmenlogos des Mäzens und Immobilienentwicklers Christian Zeller waren über Nacht unauffindbar. Dafür setzte sich die Nachrede in Bewegung: Zeller – prominent als Eigentümer des Südbahnhotels auf dem Semmering im Zerwürfnis mit dessen Kurzzeitbespieler Paulus Manker – schulde der Volksoper 200.000 Euro und habe womöglich überhaupt nichts bezahlt.

Das Studio erhält jetzt der dem Haus eng verbundene Finanzmagnat Martin Schlaff. Es gebe kein Zerwürfnis, versichert Zeller, es sei nur nach zwei Jahren das Vertragsverhältnis beendet worden. Dass der Nachfolgemäzen auf der Website im Vordergrund stehe, entspreche den Gepflogenheiten. Die 200.000 Euro? „Das stimmt nicht.“ Außenstände? „Auf Gerüchte antworte ich nicht.“ Seitens des Hauses gibt man sich indes wortkarg: Der Vertrag mit dem Mäzen sei per 1. September ausgelaufen, mehr habe man nicht zu verlautbaren.

Und der Semmering?

Die Verlängerung wäre möglich gewesen, ergänzt Zeller. Sein Gesamtaufwand für Kultur bewege sich allerdings im bloß sechsstelligen Bereich. Da müsse vernünftig und gerecht aufgeteilt werden. „Und wir haben neue inhaltliche und regionale Schwerpunkte festgesetzt.“

Hier gerät naturgemäß die „Südbahnhotel Kultur GmbH“ in den Fokus, die im sanierungsbedürftigen Gemäuer auf Betreiben des Eigentümers Zeller das Kulturprogramm ausrichtet. Allerdings hat sie sich jetzt vom ursprünglichen Geschäftsgegenstand erkennbar abgekoppelt: Sie heißt mittlerweile nach den Geschäftsführern Ingrid Skovhus und Stefan Wollmann „S&W Kulturmanagement GmbH“ und hat ihren Sitz vom Semmering an Wollmanns Wiener Privatadresse verlegt. Die Veranstaltungen im Hotel werden jetzt vom angeschlossenen gemeinnützigen „Kulturverein Südbahnbühne“ durchgeführt, bloße Formalitäten, wie Geschäftsführerin Skovhus versichert. Die laufende Saison auf dem Semmering ist jedenfalls beendet. Die Modalitäten der Fortsetzung? Ungewiss.

Kampf um den Semmering

Darf man mit einer Fortsetzung überhaupt rechnen? Da muss ausgeholt werden: Den Sommer 2023 hat noch Paulus Manker als Koproduzent mit „Alma“ und dem Karl-Kraus-Projekt „Die letzten Tage der Menschheit“ bestritten. Im Gefolge sich aufbauender Meinungsverschiedenheiten sollte er aber schon davor, im Februar und dann im April 2023, aus dem Haus gewiesen werden. Er erhob zunächst erfolgreichen Einspruch bei Gericht und spielte gegen den Willen des Eigentümers bis in den Herbst, während seine und Zellers Bodyguards handgreiflich aneinandergerieten.

Laut Zeller weigert sich Manker, Karteneinnahmen von 500.000 Euro auf ein gemeinsames Konto zu überweisen, es seien noch erhebliche Summen offen. Laut Manker habe hingegen die Kultur-GmbH Subventionen des Landes widerrechtlich nicht mit ihm geteilt. Ihm selber stünden deshalb 230.000 Euro zu, er werde zudem Anzeige wegen Förderbetrugs einbringen.

Das Gericht neigte zuletzt allerdings Zellers Version zu und schickte Manker in die Insolvenz. Und weil Manker die Ausstattung für „Alma“ und „Letzte Tage“ nicht abtransportiert hatte, schritt der triumphierende Prozessgegner zur Zwangsversteigerung, erwarb die Requisiten selbst für 8.000 Euro und will sie nun für einen guten Zweck veräußern. Sind die beiden Produktionen womöglich tot, wenn ein Fundus von Tausenden Ausstattungsstücken verschwindet? Nein, sagt Manker, die wertvollen Stücke habe er retten können, der Rest sei ersetzbar. Ein Gastspiel in Hamburg sei in Verhandlung.

Wer regiert auf dem Semmering?

Aber wie geht es auf dem Semmering weiter? Mit der früheren „Südbahnhotel Kultur GmbH“, jetzt „SWS“, bestehe ein Vertragsverhältnis, das beidseitig aufgelöst werden könne, sagt Zeller. Manker habe durch seine Blockaden die Programmierung zwei Jahre lang massiv eingeschränkt, Skovhus und Wollmann hätten unter diesen Umständen Großartiges geleistet. „In welcher Form“ die Kulturgesellschaft nächstes Jahr weitermachen werde, liege freilich in deren eigener Entscheidung. „Eine kulturelle Nutzung des Hauses wünsche ich mir jedenfalls auch in Zukunft.“ Geschäftsführerin Ingrid Skovhus erwidert auf Anfrage bloß wortkarg: „Es ist zu früh, darüber zu sprechen, wer künftig was macht.“

Das nächste Branchengemurmel ist da nicht weit: Die Festspiele Reichenau könnten eine Außenstelle im historischen Biotop auf dem Semmering gebrauchen. Der Wunsch nach Kooperation bestehe, bestätigt Zeller, er habe angefragt, es gebe aber noch keine Vereinbarung. „Freuen würden wir uns darüber sehr, wenn unabhängig von privaten Gewinnmaximierungen endlich hochwertige Kulturveranstaltungen stattfinden würden. Das Südbahnhotel wurde bisher von vielen Nutzern ausgebeutet, nie ist ein Cent in das Haus zurückgeflossen.“ Dem Thema sind offenbar keine Herbstferien gegönnt.

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