"Hey Leute und herzlich willkommen auf meinem Kanal. Heute zu Gast habe ich meine kleine Schwester. Und wir waren ein bisschen shoppen." Eine junge Frau sitzt vor der Kamera, graues bauchfreies Stricktop. Munter plaudert sie drauf los. So, als ob sie noch nie etwas anderes gemacht hätte. Profi durch und durch. Ort des Drehs die Wohnung der Eltern in Graz Umgebung, hinter der Kamera steht Mama Andrea. 755.000 Zuseher haben sich seit dem Upload bereits hineingeklickt. Auf Instagram hat die Steirerin über eine Million Fans. Nur zum Vergleich dazu, um das einordnen zu können: Skistar Marcel Hirscher hat mit knapp 590.000 gerade einmal die Hälfte.
Sie schmeißt die langen braunen Haare nach hinten und knüpft sie dann wieder zusammen. Zusammen mit Emilia, 18 Monate, packt sie die stylishen Teile aus. Weißes T-Shirt, schwarze Leggings, Sneakers, Katzenohren, Kappe, Tasche. Dazu werden die entsprechenden Modefirmen eingeblendet, so funktioniert Social Media. Für solche Kooperationen werden Influencer in den Sphären einer Lisa-Marie bezahlt. Das Ganze läuft unter dem Motto „Transforming my little SISTER into ME“. Soll heißen: Lisa-Marie und Emilia ziehen einfach dasselbe an. Sympathisch und sehr frisch.
Der Mix macht es aus
In anderen Videos wiederum zeigt Lisa-Marie ihr Zimmer, erzählt warum sie den Schulabschluss verschoben hat und wie man bessere Bilder postet. Auf Instagram zeigt sie gerne Mode, Lifestyle und Sport, zwischendurch postet sie auch Videos über kritischere Themen. In einem ihrer Videos spricht sie zum Beispiel über Mobbing-Erfahrungen in der Schule und sie engagiert sich gegen Homophobie: „Ich möchte vermitteln, dass jeder auf seine Art schön ist.“ Vor allem junge Frauen zwischen 18 und 24 mögen den Mix. Das wissen auch die Firmen. Internationale Marken klopfen ständig an wegen Kooperationen, sie wird zu Fotoshootings und Autogrammstunden eingeladen. 2018 kam es auch zu einer Zusammenarbeit mit Karl Lagerfeld.
Wie viele Leute ihre Arbeit verfolgen, merkt sie auf der Straße. Sogar beim Urlaub in Lignano Anfang Juni sprachen sie Fans ständig an und wollten Selfies mit ihr. In Graz wird sie ohnehin ständig erkannt. Lisa-Marie kann es sich leisten, auszuwählen, was sie annimmt. "Sie muss sich wohlfühlen mit dem Produkt, sonst wirkt sie nicht authentisch", sagt ihr Vater Christian. Nach 18 Jahren im Vertrieb hat er nun inspiriert von seiner Tochter auch sein Berufsfeld gewechselt. Mit einem Geschäftspartner gründete er die Social-Media-Agentur Trismile mit Sitz in Wien und Berlin. Betreut werden 15 Influencer mit 12 Mio. Fans auf Musical.ly und 4,7 Mio. Instagram-Followern.
Harmloser Anfang
Begonnen hat alles ganz harmlos. Mit einem Foto, das Lisa-Marie 2014 auf Instagram postete. Man sieht sie darauf mit ihrer Familie in Tracht: die Eltern Andrea und Christian und Bruder Noah, 15. Das war der Moment, in dem der Funke übersprang – und sie machte weiter und weiter. Wenige Jahre später ist die Grazerin unter den Top der wichtigsten Influencer Österreichs und Deutschlands. „Mir hat Fotografieren und Filmen einfach riesig viel Spaß gemacht“, sagt Lisa-Marie, „am Anfang hätte ich aber nie gedacht, dass es so etwas Großes wird.“
Derzeit ist ihr Terminkalender bereits ein Dreivierteljahr im Voraus mit Terminen ausgebucht. Aktuell standen drei Wochen New York auf der Liste. Maybelline schickte die Einladung zu Shootings im Big Apple. Lisa-Marie ist das Onlinezugpferd der Schiffners, dass bei dem Erfolg auch die anderen Familienmitglieder mitziehen würden, war logisch. Mama Andrea hat bereits 74.500 Abonnenten, Papa Christian bringt es auf 22.000. Gut dabei auch Lisa-Maries Bruder Noah (15) mit knapp 118.000.
Wie man es zu so einer Gemeinschaft bringt? „Man muss kein Model sein. Authentisch sein ist das Rezept“, rät Christian Gruber, „im Prinzip kann es jeder, sogar eine Oma könnte Instagram-Star werden. Wenn sie das werden will und sich bewusst ist, dass es sich hier um Arbeit handelt.“
Dieser Beitrag ist ursprünglich im VGN Steiermark Magazin (05/2019) erschienen.