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Fendrich startete seine Karriere mit der nicht ganz ernst gemeinten Liebesode an ein Auto - "Zweierbeziehung" -, und so beginnt er auch sein Tourprogramm. Doch sehr schnell wird klar, dass der Altstar viele, viele (selbst-)kritische Songs geschrieben hat - und die in dieser Tour d'Horizon seiner Karriere auch spielt. Der "Raini" ist einer der erfolgreichsten Vertreter des Austropop, aber er war nicht immer nur "oben", es gab in all den Jahren auch Tiefen und Durchhänger. Jedoch: "Nur die, die wandern, finden wieder zurück", heißt es in einem seiner Lieder. Und der 70-Jährige macht jetzt wirklich den Eindruck, wieder zurückgefunden zu haben, zu sich selbst bzw. zu einem Selbst, das er sehr gerne immer gewesen wäre: souverän, (selbst)kritisch und doch auch berechtigt stolz auf seine Leistungen, heißt: Songs. Und: Seine Stimme ist wieder erstaunlich präsent auf der Bühne.
Es wäre nicht Fendrich, wenn er nicht gleich zu Beginn ein Bonmot zum Altern raushauen würde: "Irgendwann ist man kein Geburtstagskind mehr, sondern ein Jubilar." Und dieser Jubilar hat auch die Größe und Distanz, manche seiner Super-Erfolge richtig einzuordnen, Paradebeispiel "I Am From Austria" - "Das ist wie ein Geist aus der Flasche gekommen", meinte er zu dem von ihm in dieser Dimension kaum erahnten Erfolg (es handelt sich ja quasi um die zweite "Bundeshymne"). "Das wurde in Stadien gesungen und auch von Gruppierungen, denen ich nicht angehören möchte", bilanzierte er in der Stadthalle - um zum wichtigen Nachsatz anzuheben: "Man kann seine Heimat auch lieben, ohne andere zu hassen."
Generell sind die 33 (!) Songs der "Wimpernschlag"-Tour - benannt nach dem aktuellen, sehr gelungenen Album - eine einzige Abfolge von Hits, in ständigem Wechsel zwischen engagierten Werken bzw. fein-getragenen Liedern wie "Zwischen Eins und Vier" und andererseits den besonders erfolgreichen, eher leichten Hadern a la "Strada del Sole". Dazu ein Fendrich-Geständnis: "Ich war noch nie in meinem Leben an der Strada del Sole. Ich hab' den Song im Salzkammergut, in St. Wolfgang, geschrieben."
Gegen Ende des zweiten Showteiles öffneten sich dann bei "Midlifecrisis" quasi die Schranken im Publikum: Beim Auftakt zum Testosteron-Viererpack mit "Schickeria", "Blond" und "Macho Macho" drängten die Fans tanzend zur Bühnenkante, um bis zum Schluss dort zu bleiben. Fendrich versuchte, mit dem neuen "Wimpernschlag" die Euphorie ein bissl abzubremsen, um vor dem Zugeben-Set wenigstens pro forma von der Bühne runterzukommen, aber bei "Es lebe der Sport" und "Oben Ohne" war wieder Vollgas angesagt.
"Weilst a Herz hast wie a Bergwerk" wurde dann zum Gänsehaut-Moment pur, und zwar zu einem sehr langen Gänsehaut-"Moment", so wie Rainhard Fendrichs Karriere denn doch wohl auch sein sehr langer "Wimpernschlag" war und noch ist. Ganz zum Schluss ging er noch mal voll ins Risiko: Nach all der Euphorie kam er ganz allein nur mit seiner Gitarre auf die Bühne und sang ein sehr bewegendes "Nie mehr Krieg".
Die aktuelle Tour geht am Sonntag in Salzburg weiter. Vor Wien hat Fendrich bereits elf Konzerte in Deutschland gespielt, bis 4. November werden es in Summe 45 sein - also sozusagen genau eines pro Live-Karriere-Jahr. Am 16. Mai gibt es übrigens ein eigentlich bereits ausverkauftes Zusatz-Konzert in der Wiener Stadthalle, für welches die Veranstalter aber gerade noch irgendwo ein kleines Kontingent freier Sitzplätze "rausgequetscht" haben, die - vermutlich rasch - gekauft werden sollten.
(Von Werner Müllner/APA)