Wenn die Funke Gruppe ihre Anteile an „Krone“ und „Kurier“ an die Mitgesellschafter verkauft, sind alle relevanten Austro-Medien – außer im Privat-TV – wieder komplett in österreichischer Hand. Das klingt gut, birgt aber als Gefahr eine unfähige heimische Politik
Das einstige Zugpferd Deutschland ist nicht einmal mehr Motorbremse. Sein Leerlauf beschleunigt den Abstieg Europas, das nicht in die Gänge kommt. Aus diesem Blickwinkel ist eine Entkoppelung Österreichs vom großen Nachbarn kein unbedingter Schaden. Im Mediensektor stehen solch seltene Abnabelungen offenbar unmittelbar bevor. Die Funke Gruppe dürfte ihre Anteile an „Krone“ (50%) und „Kurier“ (49,44%) den jeweiligen Mitgesellschaftern verkaufen – Familie Dichand und Raiffeisen. Die beiden Zeitungstitel betreiben gemeinsam die Mediaprint – das größte heimische Unternehmen verlegerischer Herkunft. Zumindest die „Krone“ ist damit unglücklich.
Ihr Fortbestand wäre unsicher. Erstmals seit 37 Jahren hätten – außer im Privatfernsehen – alle relevanten Austro-Player ausschließlich heimische Besitzer. Nur das Red Bull Media House und damit ServusTV haben de facto zu 51 Prozent thailändische Eigentümer. Und die Gruppe um Puls4 und ATV gehört zur börsenotierten deutschen Pro-SiebenSat.1 (P7S1), die zunehmend unter italienischen und tschechischen Gesellschaftereinfluss gerät.
Deutsche Teilhaber und Geburtshelfer
Ein Kauf der restlichen „Krone“- und „Kurier“-Anteile durch die Dichands und Raiffeisen wäre das Finale einer Entwicklung, die genau dort begonnen hat. 1987 und 1988 hatte die „Westdeutsche Allgemeine Zeitung“ (WAZ) – wie Funke früher hieß – je 45 Prozent der zwei Wiener Blätter erworben. Im gleichen Jahr wurde der Axel Springer Verlag zum Hälfte-Gesellschafter bei der „Standard“-Gründung. 1989 beteiligte er sich zu 45 Prozent an der Moser Holding („Tiroler Tageszeitung“), 1992 war er fifty-fifty bei der Gründung von „News“ an Bord. Seine Anteile an der daraus entstandenen Gruppe verkaufte er dann an den Hamburger Magazinriesen Gruner+Jahr (G+J) – eine Tochter des Weltkonzerns Bertelsmann. Erst 2016 stieg die Schweizer TA Media bei „Heute“ ein – und soeben wieder aus. G+J hatte sich schon vor dem Austro-Start der Eidgenossen zurückgezogen, Springer 2002 sein hiesiges Engagement beendet.
Wenn auch Funke geht, ist kein ausländischer Verlagsriese mehr hier tätig. Wir sind wieder allein zu Haus – auch mit den Sorgen, ob Erbe Mark Mateschitz bei Red Bull und Ex-Puls 4-Chef Markus Breitenecker im P7S1-Vorstand das österreichische Nachrichtenmedien-Fähnchen auf Dauer hoch genug halten können.
Gefährdeter nationaler Anbietermarkt
Die Lage erinnert ausgerechnet an den Start von deutschem Privatfernsehen und den Beutezug der nachbarlichen Großverlage in Österreich. Die heimische Medienpolitik hatte die TV-Liberalisierung falsch eingeschätzt und als Reaktion bloß den ORF mit „Bundesland heute“ regionalisieren lassen. Nun sind die vergleichsweise kleinen Austro-Player – wohl bald ohne Konzernpartner – einem noch stärkeren Angriff durch globale digitale Plattformen ausgesetzt. Wer glaubt, das ließe sich durch eine kleine ORF-Gesetzesreparatur abwehren, ist in der Medienpolitik fehl am Platz. Auf dem Spiel steht der Fortbestand eines nationalen Anbietermarkts. Alle Experten sagen, das sei wichtig für die Demokratie. Wie wichtig sie wem ist, lässt sich aber auch in Österreich nicht mehr klar beantworten.
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