Erst jüngst hat die EU-Kommission mit einer Verordnung für Pommes frites, mittels der deren Bräunungsgrad festgelegt werden soll, für Wirbel gesorgt - jetzt folgt der nächste potenzielle Aufreger: Die EU hat nämlich ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich wegen der sogenannten Hausbrennerei eingeleitet. Damit soll der bisherigen Steuerfreiheit für in Kleinmengen hergestellte Schnäpse von Bauern, Kleinbetrieben und Privatpersonen ein Riegel vorgeschoben werden.
Das Verfahren befindet sich momentan auf der ersten Stufe: Das heißt, im Frühling 2017 hat es ein Mahnschreiben aus Brüssel gegeben, in dem Österreich darauf hingewiesen wird, dass die heimische Steuerregelung der EU-Rechtslage widerspreche. Im Juli erfolgte nun eine Stellungnahme aus Wien dazu, in der die geltenden österreichischen Vorschriften verteidigt werden. Jetzt ist wieder die EU-Kommission am Zug, die entscheiden muss, ob eine Klage gegen Österreich eingebracht wird. Sie beruft sich in ihrem Mahnschreiben u. a. auf eine rechtliche Entscheidung zu einer ähnlichen Rechtslage in Ungarn, die vom EuGH ausgehebelt wurde.
182 Jahre alte Regelung
Freilich ist die Situation in den beiden Ländern eine völlig andere: Während die Magyaren nach ihrem EU-Beitritt ihre Alkoholsteuerregelung von Österreich übernommen haben, existiert die hierzulande bereits seit 1835 - also seit mittlerweile 182 Jahren. "Das ist eine traditionelle Regelung, die seither durchgehend im Rechtsbestand war -und Österreich bei den Verhandlungen im Zuge des EU-Beitritts auch zugestanden worden ist", sagt Johann Zimmermann von der Abteilung Sozial- und Steuerpolitik der Landwirtschaftskammer Österreich. "Die entsprechende EU-Gesetzeslage ist daher auch nicht in den Beitrittsvertrag eingeflossen."
(Stellungnahme aus dem Büro von Finanzminister Hans Jörg Schelling)
Diese Argumentation vertritt auch das Bundeskanzleramt in seiner Stellungnahme an die EU, das die Vorgangsweise der involvierten Stellen in Österreich koordiniert. Des Weiteren wird darin auf das Gleichheitsprinzip verwiesen: Eine ähnliche Regelung gebe es auch für Bier, weshalb diese für Schnaps ebenso gelten müsse. Im Finanzministerium wird ebenfalls auf die im Rahmen des EU-Beitritts verhandelte Ausnahmevereinbarung hingewiesen. Dort geht man von einer Entscheidung in der Causa im kommenden Jahr aus. Abgesehen davon würden einige EU-Staaten eine Überarbeitung der Alkoholsteuerrichtlinie verlangen, weil es auch in anderen Ländern ähnliche Problematiken mit dieser Rechtslage gebe, heißt es dazu aus dem Büro von Finanzminister Hans Jörg Schelling: "Österreich will sich hier in die Überarbeitung der Alkoholsteuerrichtlinie proaktiv einbringen und wir werden der Kommission zu gegebener Zeit unsere Vorschläge präsentieren."
50.000 Betroffene
Würde die geltende österreichische Regelung tatsächlich gekippt, hieße das, dass die heimischen Kleinproduzenten um ihre Freimengen umfallen und dafür Steuern zu bezahlen hätten. Betroffen wären rund 50.000 landwirtschaftliche Betriebe bzw. Privatpersonen, die als sogenannte Abfindungsbrenner (siehe Kasten) eigenes Obst zu Schnäpsen verarbeiten. "Zwar geht es dabei um einen finanziell überschaubaren Betrag in einstelliger Millionen-Euro-Höhe, das Thema ist aber hochemotional", sagt Zimmermann.
Besonders in Westösterreich dürften die Wogen hochgehen: Denn in Vorarlberg und Tirol dürfen die "Hausbrenner" bis zu 51 Liter 100-prozentigen Alkohol pro Jahr steuerfrei herstellen -im Gegensatz zu 27 Litern im Rest von Österreich. Kurioses Detail am Rande: Begründet wird die größere Freimenge für Tiroler und Vorarlberger Produzenten historisch u. a. mit Tiergesundheit. In früheren Zeiten seien nämlich neugeborene Kälber mit Alkohol desinfiziert oder Infektionen bei Tieren mit Alkohol bekämpft worden.
Wie auch immer: Laut Experten ist das Abfindungsbrennen für kleine landwirtschaftliche Betriebe durchaus von wirtschaftlicher Relevanz. Abgesehen von der steuerlichen Freimenge dürfen in der Regel bis zu 200 Liter und in Ausnahmefällen bis zu 400 Liter steuerbegünstigt gebrannt werden. 200 Liter reiner Alkohol (normalerweise sind es 96 Prozent, Anm.) entsprechen auf normalerweise 40 Prozent verdünnt rund 500 Litern handelsüblichem Schnaps. Und ein guter Brand ist alles andere als billig und wird in der Regel in 0,35-Liter-Flaschen verkauft. "Das beginnt bei zehn bis 15 Euro für einen Drittelliter guten Brand, kann aber auch bis zu 50 Euro etwa für einen Vogelbeerschnaps reichen. Und damit lässt sich schon ein ordentliches Zusatzeinkommen für einen bäuerlichen Betrieb lukrieren", sagt Wolfgang Lukas, Kammer-Obstbauexperte und Organisator der Spezialmesse Destillata, bei der jährlich die besten heimischen Spirituosen präsentiert und prämiert werden.
Kleinbetriebe dominieren
Tatsächlich wird die heimische Spirituosenbranche von vielen Kleinbetrieben dominiert. Geschätzte zwei Drittel der Abfindungsbrenner sind Landwirte. Nur rund ein gutes halbes Dutzend sind Großbetriebe, die Schnäpse unter industriellen Bedingungen herstellen - Unternehmen wie z. B. Bailoni, Pfau oder Hämmerle. Sollte die EU die Steuerfreiheit für Kleinmengen unterbinden, so wird befürchtet, dass "Hunderte, wenn nicht Tausende" Hausbrenner ihre Tätigkeit aufgeben, so Lukas: "Und das wäre fatal - auch für die Obstbaubewirtschaftung und die Landschaftspflege."
Während manche in der Branche von einem "Angriff der EU auf österreichisches Kulturgut" sprechen, versucht der Präsident der Landwirtschaftskammer Österreich, Hermann Schultes, zu kalmieren. Er gibt sich zuversichtlich, dass die heimische Regelung für "Hausbrenner" beibehalten werden könne: "Ich glaube nicht, dass die politische Führung unter EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker mit dem Thema eine Freude hat." Die EU habe eindeutig wichtigere Probleme zu lösen - auch in steuerlicher Hinsicht, etwa was die Bevorzugung von Konzernen betreffe, erklärt Schultes: "Und entsprechend sollte sie auch die Prioritäten setzen."
Pauschale für Kleinbetriebe
Bei der Herstellung von Alkohol unter Abfindung (d. h. nach einem steuerlichen Pauschalsatz, Anm.) werden selbst gewonnene alkoholbildende Stoffe wie Obst, Beeren, Trauben oder Getreide mittels eines zugelassenen einfachen Brenngeräts verarbeitet. Für den sogenannten Hausbrand sieht das Alkoholsteuergesetz vor, dass eine bestimmte Menge reiner Alkohol pro Jahr steuerfrei gebrannt werden darf - in Tirol und Vorarlberg maximal 51 Liter, in den anderen Bundesländern 27 Liter. Darüber hinaus dürfen pro Jahr in der Regel bis zu 200 Liter und in Ausnahmefällen (laut Maria-Theresien-Recht) bis zu 400 Liter zu einem ermäßigten Steuersatz von 6,48 Euro hergestellt werden. Der Normalsteuersatz beträgt zwölf Euro pro Liter. Der Vertrieb des Abfindungsbrands ist limitiert.
Profi-Verschlussbrenner
Im Gegensatz zu den Hausbrennern sind Großbetriebe sogenannte Verschlussbrenner. Das heißt, die Herstellungsanlage ist verschlusssicher eingerichtet; zudem ist eine gewerbliche Betriebsgenehmigung nötig. Ab einer Produktion von 400 Litern gilt der normale Steuersatz. Generell gelten strenge Zulassungs- und Aufzeichnungspflichten; es wird regelmäßig kontrolliert. Bei Verstößen gegen die gesetzlichen Bestimmungen drohen empfindliche Strafen.
Kommentare
AnmeldenMit Facebook verbindenstrizzi1949So., 27. Aug.. 2017 00:05meldenantwortenKlopft doch diesen penetranten EU-Idioten endlich einmal ordentlich auf die Finger! Was geht es die EU an, wofür Österreich Steuern erhebt oder auch nicht? Die sollen sich um EU-Themen kümmern und nicht un innerstaatliche Bereiche! Ich hoffe, dass bei einer neuen Regierung auch die unfähigen EU-Parlamentarier aus Österreich, die zu Allem "ja" und "amen" sagen, ausgetauscht werden!
chucky99Sa., 26. Aug.. 2017 15:51meldenantwortenJetzt weiß ich wenigstens das mein steuergeld an ein par pfosten in brüssel geht die sich gedanken über pommes machen. :D
Rigi999Fr., 25. Aug.. 2017 19:30meldenantwortenWas lassen wir uns von diesen Irren in Brüssel noch alles gefallen??? Sind für absolut nichts, zerstören Europa und verschwenden Milliarden!!!
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