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Nehammer pokert hoch mit gezielten Koalitionsaussagen

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Johannes Huber

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Weder mit Kickl noch mit Gewessler: Die ÖVP wird bei der Wahl abstürzen. Ihr Chef versucht jedoch den Eindruck zu vermitteln, bestimmend zu bleiben. Ob das aufgeht, ist offen.

Nehammer pokert hoch mit gezielten Koalitionsaussagen

23,5 Prozent werden der ÖVP in der "Sonntagsfrage" durchschnittlich ausgewiesen. Gegenüber der Nationalratswahl 2019 ist das ein Minus von 14 Prozentpunkten. Ein Absturz beim Urnengang Ende September ist damit wohl fix. Umso bemerkenswerter ist, dass ihr Chef Karl Nehammer selbstbewusst agiert, als werde er in der Koalitionsfrage hinterher bestimmend sein und fix Kanzler bleiben. Freiheitliche mit Herbert Kickl nehmen sich seinen Darstellungen zufolge als Partner genauso aus dem Spiel wie Grüne mit der angeblich ideologiegetriebenen Klimaschützerin Leonore Gewessler. Auch mit einer SPÖ, die vom "linken" Andreas Babler geführt wird, scheint ein Bündnis für ihn schwer vorstellbar zu sein.

Bei alledem geht es für Nehammer darum, Signale an Wähler auszusenden, die erwägen, ihre Stimme der FPÖ zu geben. Sie ist auf dem Weg zur Nummer eins, liegt mit knapp 27 Prozent nach wie vor klar vorne. Es bleibt jedoch Zeit, sich darum zu bemühen, potenzielle Wähler von ihr umzustimmen. Koalitionsaussagen dienen dazu: Sie sollen die Leute glauben machen, dass Kickl nie "Volkskanzler" werden könne und es daher vernünftiger sei, die ÖVP zu stärken; zumal diese Gewessler und Babler eh auch so ablehnend bis distanziert gegenüberstehe, wie sie es tun.

Ob das aufgeht, ist offen: Es muss erst zu einem Wahlergebnis kommen, das es Nehammer ermöglicht, allenfalls etwa Druck auf die FPÖ auszuüben, Kickl fallen zu lassen, damit Türkis-Blau auch nur eine Option sein kann. Kickl macht es ihm nicht einfach und befeuert Gerüchte, allein zu seiner Verhinderung werde hinter den Kulissen längst eine türkis-rot-pinke Koalition vorbereitet. Das ist Unsinn. Ziel ist es jedoch, in entscheidenden Teilen der Wählerschaft eine "Jetzt erst recht FPÖ"-Stimmung zu erzeugen.

Woran es bei der Mindestsicherung für geflüchtete Menschen hapert

Die Leistung ist nicht als bedingungsloses Einkommen, sondern als Starthilfe gedacht. Relevanter als die Höhe ist daher, wie sehr sie dieser Funktion gerecht wird

"Großfamilie aus Syrien erhält 4.600 Euro Mindestsicherung", meldete die Zeitung „Heute“ Ende Juli. Vor allem Freiheitliche und Türkise äußerten sich umgehend empört, dass eine neunköpfige Familie aus Syrien in Wien auf diese Summe komme – pro Monat und inklusive Mietbeihilfe.

Die Unterstellung, Flüchtlinge würden ausschließlich ins Sozialsystem zuwandern, scheint sich damit zu bestätigen. Großes Verständnis dafür kann es schwer geben. Was auch damit zusammenhängt, dass die Mindestsicherung gemeinhin als bedingungslose Überweisung gilt, von der es sich leben lässt – ja die im Extremfall eine Höhe erreicht, die durch Erwerbstätigkeit nicht erzielbar ist.

In Wirklichkeit ist die Mindestsicherung bei Flüchtlingen aber als Start- oder Überbrückungshilfe gedacht, bis sie Deutsch gelernt und einen Job gefunden haben. In einer Studie der Wiener Wirtschaftsuniversität (WU) ist von der "Funktion eines Sprungbretts" die Rede. Relevant ist daher in erster Linie, wie sehr diese Funktion erfüllt wird. Hier sehen die Autorinnen Handlungsbedarf: Geflüchtete hätten besondere Bedürfnisse, "an denen das öffentliche Hilfesystem regelmäßig scheitert". Umgekehrt könnten sie "mit dem Hilfesystem häufig nicht gut umgehen".

Wobei: Die Integration in den Arbeitsmarkt läuft schleppend, aber nicht gar nicht. Das macht sich budgetär bemerkbar. Laut Wirtschaftsforschungsinstitut "Eco Austria" bleibt der Unterstützungsbedarf für alle Geflüchteten, die 2015 bis 2022 nach Österreich gekommen sind, in Summe groß. 2025 wird diese Gruppe bei steigender Tendenz jedoch 2,5 Milliarden Euro an Steuern und Beiträgen zahlen – was zum ersten Mal zumindest gleich viel sein wird, wie sie an staatlichen Hilfen erhält.

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