Ich bin zwar kein starker Raucher, rauche aber gerne am Abend oder am Wochenende eine Zigarre auf meinem Balkon. Der über mir wohnende Nachbar beschwert sich immer wieder bei mir und hat mir gestern gedroht, er werde mich verklagen. Ich werde doch noch auf meinem eigenen Balkon eine Zigarre rauchen dürfen! Kann mein Nachbar mir wirklich das Rauchen verbieten?
Paul W., Innsbruck
Lieber Herr W.!
Es kann tatsächlich sein, dass Ihr Wohnungsnachbar einen Unterlassungsanspruch gegen Sie hat. Das Eindringen von Tabakrauch ist jedenfalls dann unzulässig, wenn er ortsunüblich ist und dadurch die ortsübliche Nutzung der eigenen Wohnung wesentlich beeinträchtigt wäre.
So hat der Oberste Gerichtshof bereits ausgesprochen, dass ein Nachbar unter bestimmten Umständen einen nachbarrechtlichen Unterlassungsanspruch gegen Tabakrauch haben kann. Wenn der Mieter etwa auf seinem Balkon und in seiner Wohnung täglich mehr als fünf Stunden intensiv wahrnehmbarem Zigarrenrauch ausgesetzt ist, der von der Wohnung des Nachbarn eindringt, so stellt dies eine ortsunübliche Geruchsimmission im Sinne des §364 Absatz 2 ABGB dar, die die ortsüblich Nutzung der eigenen Wohnung wesentlich beeinträchtigt.
Ob der durch Sie verursachte Tabakgeruch schon das ortsübliche Ausmaß überschreitet und zu einer wesentlichen Beeinträchtigung der Nutzung der Nachbarwohnung führt, hängt nicht nur von der Häufigkeit des Zigarrenkonsums ab, sondern auch von der Tages- oder sogar Jahreszeit. So werden Geruchsimmissionen ebenso wie Geräuschimmissionen zur Nachtzeit als besonders störend empfunden, weshalb es auch in diesem Fall etwa unzulässig sein kann, in der Zeit von 22 bis sechs Uhr in den Sommermonaten am Balkon zu rauchen. Auch zu anderen Tageszeiten, etwa zu "üblichen" Essenszeiten (zwischen acht und zehn Uhr, zwischen zwölf und 15 Uhr und zwischen 18 und 20 Uhr) kann eine Geruchsimmission als besonders störend empfunden werden. Da Ihr Nachbar in den Sommermonaten seinen Balkon nutzt und die Fenster verstärkt öffnet, können besondere Regelungen für die Zeit von Mai bis Oktober gelten. Ähnlich wie bei Geräuschimmissionen kann das Gericht daher Zeiträume festsetzen, in denen Sie das Rauchen auch auf Ihrem eigenen Balkon zu unterlassen haben, um Ihrem Nachbarn die ungestörte Nutzung seiner Wohnung zu ermöglichen.
Der Oberste Gerichtshof hat auch festgehalten, dass eine derartige Regelung nicht das Persönlichkeitsrecht des Rauchers oder dessen Recht auf Privatleben verletzt. Aber zumindest zu bestimmten Zeiten kann Ihnen das Rauchen auch am eigenen Balkon schon verboten sein.
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