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Miriam Fussenegger: "Ich war schon immer eine Rebellin"

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Walking on Sunshine - Miriam Fussenegger: "Ich war schon immer eine Rebellin"
©Bild: Ricardo Herrgott/News
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Sie startete ihre Karriere als Buhlschaft und ist der blonde Star des ORF-Hits "Walking on Sunshine". Ihren Erfolg sieht Miriam Fussenegger ebenso kritisch wie Blondinen-Klischees. Sie will scheitern dürfen

Den gestiegenen Status ihres Ruhmes bekam sie erst unlängst wieder zu spüren. Da war sie im Stiegenhaus in Oberösterreich am Weg zu ihren Eltern. Es war einer der Momente, in denen es besonders seltsam anmutet, von wildfremden Menschen erkannt zu werden. Die 28-Jährige grüßte selbstverständlich den Mann, der ihr entgegenkam. Der stockte, sagte: "Moment, du bist doch die Schauspielerin!" Im privatesten Umfeld vor der Wohnungstür der eigenen Kindheit plötzlich "die" Schauspielerin zu sein, findet Miriam Fussenegger noch immer "sehr schräg".

Daran hat auch der Rummel um ihre Person im Sommer vor fast drei Jahren nichts geändert. Im Alter von 25 Jahren wurde sie damals zur zweitjüngsten Buhlschaft auf dem Salzburger Domplatz. Fotoshootings, Interviews, ihr Bild auf Titelseiten und Autogrammjäger gehörten damals zu ihrem Alltag in der Mozartstadt. Nun ist es abermals laut um ihre Person geworden. Der Erfolg der ORF-Serie "Walking on Sunshine" sorgte dafür. Die zehnteilige Serie startete Anfang des Jahres mit hervorragenden Kritiken, Topquoten von mehr als 700.000 Zusehern und Marktanteilen jenseits der 20-Prozent-Marke. Noch bis Anfang März ist Miriam Fussenegger in der Serie neben Robert Palfrader als ebenso blonde wie berechnende Wettermoderatorin Sophie zu sehen. Eine zweite Staffel der Ereignisse rund um die Mitarbeiter der ORF-Wetterredaktion ist bereits in Planung. Die Prominenz scheint demnach prolongiert für die Jungschauspielerin. "Wie meine private und öffentliche Person koexistieren, weiß ich noch nicht ganz", sagt sie dazu. "Ich verschwinde nämlich schon gern in meine Anonymität."

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Quotenhit. In der ORF-Serie "Walking on Sunshine" etabliert sich Fussenegger (hier mit Aaron Karl) als neuer Publikumsliebling © ORF/Hubert Mican

Dabei ist Fussenegger keine schüchterne Person. Den Fragen und dem Fotoshooting stellt sie sich mit Offenheit und ehrlicher Konzentration bei der Suche nach treffenden Antworten. Dennoch scheint dieses Spiel mit dem eigenen Glanz und der eigenen Bedeutung für die Schauspielerin mehr Pflicht als Kür zu sein. Wenn sie wenig später über den roten Teppich des Österreichischen Filmpreises gehen wird, dann in einer weiten Lederjacke als Kontrapunkt zum tief dekolletierten, schwarzen Hosenanzug. Als wollte sie sagen: "Ich könnte schon, aber ich will nicht."

Nicht die Paradeblondine

Von klischeehaften Rollen, die sich um die Attribute jung, fesch, blond ranken, möchte sich Fussenegger fernhalten. Zur Paradeblondine österreichischen Filmschaffens zu avancieren, wäre ihr ein Gräuel. So galt es nach dem Durchbruch als Buhlschaft, über die Rolle der blonden Karrieristin in der Wetterredaktion, die ihre optischen Vorzüge strategisch einsetzt, erst nachzudenken. Doch waren die Rollen in ihrer Karriere seit dem Abschluss am Max-Reinhardt-Seminar vor fünf Jahren ohnehin einigermaßen vielfältig. Die Lucy etwa, in Sven-Eric Bechtolfs Inszenierung der "Dreigroschenoper" bei den Salzburger Festspielen 2015, die Kriminalermittlerin an Josef Haders Seite in den Landkrimis "Der Tote am Teich"(2015) und "Der Tote im See"(2018) oder die Hofdame Johanna im TV-Dreiteiler "Maximilian -Das Spiel von Macht und Liebe"(2017).

Aussehen ist ein Thema, das mich nicht sonderlich interessiert

Die Gefahr, in eine Stereotypen-Schublade zu fallen, schien klein. Außerdem, gibt sie zu, habe das Spiel mit Klischees durchaus seinen Reiz. "Ich schaue nun mal aus, wie ich ausschaue. Die damit verbundene Ausstrahlung ist mir oft selbst nicht bewusst. Ich weiß ja, wer ich bin und was mich ausmacht", sagt sie. "Mich dauerhaft über mein Äußeres zu definieren, würde mir nicht gerecht werden und mich nicht erfüllen." Sich selbst beschreibt sie vor allem als reflektierte Person, die sich gern und häufig kritisch mit sich und der Welt auseinandersetzt. Äußerlichkeiten würden daneben klein, meint sie. "Aussehen ist ein Thema, das mich einfach nicht sonderlich interessiert", so Fussenegger. Ich kann mich nicht auf das Bild der schönen, süßen, sexy Frau reduzieren und verstehe auch nicht, wenn es andere tun."

Zweifel als ständiger Begleiter

Als prägend erlebte Fussenegger im kleinen Dorf nahe Linz neben der bedingungslosen Liebe der Eltern die Ermutigung zur Rebellion. "Meine Mutter hat immer gesagt: 'Wenn dir etwas nicht passt, dann wehr dich.' Ein rebellischer Geist hat mir innegewohnt und der wurde gefördert und gutgeheißen", erzählt die Schauspielerin. Diesen Teil ihres Ichs würde sie noch immer sehr mögen, sagt sie. In einer Branche wie der ihren, in der man Gefahr läuft, sich zu verbiegen, wie sie sagt, ist es ihr wichtig, sich treu zu bleiben. "Man muss nein sagen können. Mit Autoritäten habe ich nach wie vor Probleme", setzt Fussenegger nach.

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 © Ricardo Herrgott/News

Nachdenkpausen gehören dazu, wenn sie den Kern einer Aussage sucht und dann druckreif formuliert. Gern wechselt sie von Hochdeutsch in oberösterreichischen Dialekt, wenn es gefühlig wird oder witzig. Wie etwa, wenn sie erklärt, dass sich in der Familie noch immer alle fragen, warum aus ihr eine Schauspielerin wurde. Mit dem Vater, der als Informatiker arbeitet, und der Mutter, einer Betriebswirtin, schien der Weg in ein künstlerisches Fach weit. "Bei uns lernt man etwas Gescheites, hat dann einen soliden Beruf, ein klares Gehalt und fixe Arbeitszeiten", erzählt die Mimin. Umso größer war ihr Respekt vor dem Beruf, von dem sie nichts wusste. Die Aufnahmeprüfung bestand sie gleich an zwei Schauspielschulen. Seit 2014 hat die Reinhardt-Seminaristin ihr Diplom. Dass es seitdem stets steil nach oben ging, sieht sie differenziert: "Ich hatte viele tolle Möglichkeiten, aber es gab auch Vorsprechen, die nicht erfolgreich waren. Insofern sind Zweifel mein ständiger Begleiter."

Das Nächste hätte der Oscar sein müssen. Die Anstiegshöhe kannst du nicht halten

Die Schönheit und die Herausforderung des Berufes sind es, die sie weiter treiben, beschreibt Fussenegger. "Man konfrontiert sich stark und direkt mit sich selbst. Das kann sehr schmerzhaft sein, aber auch reinigend und lustvoll und fast euphorisch. Ich liebe es, mich in andere Leben reinzudenken. Es ist für mich ein Privileg, wenn ich mir für eine Rolle etwas aneignen darf, mit dem ich ohne diese Rolle nie konfrontiert geworden wäre", schwärmt sie. Mut habe sie die Schauspielerei gelehrt, sagt sie. Auch wenn man nicht will, müsse man sich seinen Ängsten und Zweifeln stellen und dabei lernen, sich nicht zu wichtig zu nehmen. "Der Kick, wenn man das geschafft hat, ist jedes Mal ein riesiger Schritt in der Entwicklung", zieht sie Bilanz. Oft wird sie gefragt, ob die Rolle der Buhlschaft ihrer Karriere weitergeholfen habe. Hat sie? Das kann sie nicht beantworten: Sie wisse ja nicht, wie es ohne die Rolle gewesen wäre, meint sie. "Es war schon auch eine Bürde: Ich war die Anfängerin in dieser prestigeträchtigen Rolle. Das hat bei den Leuten eine große Erwartungshaltung erzeugt. Der nächste Schritt hätte eigentlich der Oscargewinn sein müssen. Diese Anstieghöhe - von null zur Buhlschaft - kannst du ja nicht halten", fasst sie den Ausflug in die Höhen der dünnen Karriereluft zusammen.

Danach wollte sie nur zurück zum Feilen am Handwerk. Ohne Trubel. "Rausfinden, wie ich arbeiten will, was ich sein will. Es ist wichtig, scheitern zu dürfen und weg von dieser Lupe zu kommen, die plötzlich auf mich gerichtet war", sagt Fussenegger. Momentan ist auch wieder so ein Punkt. Sie hat wieder Lust, weit weg vom Rampenlicht nach der Essenz des Berufs zu graben. Bis die nächste Rolle sie wieder vor den Vorhang zerrt.

Dieser Artikel erschien ursprünglich in der News Ausgabe Nr. 7/19

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