Wie geht es dem einstigen DSDS-Dauerkandidaten und Dschungelkönig Menderes Bagci heute? Wir haben nachgefragt.
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Im Jahr 2002 bist du erstmals zum Casting von "Deutschland sucht den Superstar" gegangen. Wie bist du auf die Idee gekommen, dich zu bewerben?
Damals hatte ich gerade meine Ausbildung gemacht, in einer Jugendzeitschrift habe ich den Castingbogen entdeckt, ausgefüllt und hingeschickt.
Wenn du dich heute im Rückblick selber siehst: Würdest du sagen, dass du damals gut warst oder hatte die Jury Recht damit, dich abzulehnen?
Ich selber konnte das damals vielleicht noch nicht so wirklich einschätzen. Ich habe halt gerne gesungen, so für mich selbst, und dachte, das ist gut. Wenn ich selber schon gedacht hätte, dass es nicht gut klingt, wenn ich nicht von mir überzeugt gewesen wäre, wäre ich vielleicht nie zum Casting gegangen. Dort hat man professionelles Feedback erhalten, ob man damit arbeiten kann, oder nicht.
Merkst du selbst, wie sehr du dich seit damals gesanglich verbessert hast?
Ich denke schon, dass ich mich zum Positiven entwickelt habe. Egal welcher Künstler, keiner ist hundertprozentig perfekt, jeder hat noch irgendwo seine Defizite, aber ich denke schon, dass ich mich weiterentwickelt habe. Nicht nur äußerlich, sondern auch von meiner Persönlichkeit her. Mich hat die Geschichte auch abgehärtet. Ich denke, es ist wichtig, dass man sich nicht von Niederlagen abschrecken lässt, sondern dass man weitermacht. Ich musste viel einstecken, aber letztendlich hat es sich für mich gelohnt.
Was war das für ein Gefühl, als du es in der 8. Staffel von DSDS zum ersten Mal in den Recall geschafft hast?
Es war unglaublich, weil ich selber nicht damit gerechnet habe, dass ich den Recall-Zettel bekomme. Es war unfassbar, ich konnte es in dem Moment wirklich nicht glauben. Auf jeden Fall war es ein tolles Glücksgefühl, etwas ganz Besonderes. Die meisten Leute haben immer zu mir gesagt, dass ich es nie schaffen werde, und letztlich habe ich alle vom Gegenteil überzeugt.
Bist du traurig, dass du inzwischen aufgrund der Alterbeschränkung nicht mehr bei DSDS mitmachen kannst? Würdest du ansonsten weiterhin antreten?
Das ist nicht so tragisch. Ich bin schon so lange dort gewesen, ich war ja auch in den letzten Jahren immer schon so ein "Special Kandidat". Wer kann denn von sich selbst behaupten, dass er immer gescheitert ist, aber letztendlich doch damit erfolgreich war? Wenn man alles Revue passieren lässt: Ich hatte Live-Auftritte dort, die hat kein anderer gehabt und ich war gar kein regulärer Kandidat. Trotzdem war ich auf der Live-Bühne und konnte mich dort präsentieren. Das ist für mich ein Erfolg, denn die Leute wollten mich sehen, und das ist entscheidend. Das Publikum, die Fernsehzuschauer, haben es mir gegönnt, die wollten mich sehen. Deshalb habe ich die Auftritte bekommen.
Neben manchen Siegern – wie etwa Alexander Klaws oder Pietro Lombardi – hast du wohl am meisten von DSDS profitiert.
Ich glaube, man sollte mich nicht mit anderen Leuten vergleichen, ich stehe gerne für mich allein. Ich persönlich glaube schon, dass ich meinen Weg gegangen bin. Es war nicht immer alles erfolgreich, aber in Amerika beispielsweise gibt es viele Leute, die Startups gründen und dabei scheitern. Die werden dann aber nicht belächelt, sondern es wird honoriert, sie werden gelobt, weil sie Sachen ausprobieren, auch wenn sie mal scheitern. Und irgendwann nach zehn Jahren stellt sich der Erfolg ein und die Leute werden bewundert, man gönnt es ihnen. Sie bekommen Applaus für ihren Optimismus.
Viele Leute machen es sich oft zu einfach, weil sie denken, dass im Leben alles auf Anhieb, im ersten Anlauf klappt. Alles, egal was. Aber so funktioniert das Leben nicht. Im Leben gibt es Phasen, in denen Sachen nicht direkt funktionieren. Da muss man dranbleiben. Wenn man selbst von sich überzeugt ist, sollte man sich nicht unterkriegen lassen, auch wenn Leute sagen: "Ach komm, das funktioniert nicht, hör mal besser damit auf." Du selber entscheidest, ob du wirklich daran glaubst. Klar, wenn dir die Leute immer wieder sagen, dass es nicht klappt, wirfst du schon mal die Flinte ins Korn. Aber du weißt dann nicht, ob sich nicht nach drei oder fünf Jahren doch der Erfolg eingestellt hätte.
Das Leben besteht nicht nur aus Siegen oder Glücksmomenten, sondern es schmeißt dich auch ganz oft auf den Boden. Damit musst du auch klarkommen. Ich zum Beispiel habe gerade eine Phase, wo es wieder bergauf geht, aber bei mir ist es immer wie eine Achterbahnfahrt. Mal geht es hoch, dann wieder abwärts, aber das ist halt so. Das ist wie bei einer Aktie, die bleibt ja auch nicht immer konstant. Damit muss man einfach klarkommen.
Du hast gerade erwähnt, dass es momentan gut bei dir läuft, du hast dieses Jahr mit "Schakalaka Eyo" und "Wir feiern den Sommer" bereits zwei neue Songs veröffentlicht. Wie zufrieden bist du damit?
Für meine Verhältnisse läuft es hervorragend. Ich bin ja sehr selbstkritisch und nicht immer ganz zufrieden. Ich glaube aber, das ist auch gut so, dass man nicht immer hundertprozentig zufrieden mit sich und seiner Arbeit ist. Ich analysiere das immer und versuche mich zu verbessern. Klar, es gelingt mir nicht immer auf Anhieb, alles braucht seine Zeit, aber was lange dauert, wird auch irgendwann einmal gut.
Letztendlich ist Zufriedenheit aber nicht immer gut. Wenn man zufrieden ist, stellt sich Stagnation ein, so wird man sich nicht weiterentwickeln. Man kann nicht hundertprozentig zufrieden sein mit allem, was man macht. Aber das ist auch das Gute im Leben, denn wenn man komplett zufrieden ist, wäre es auch langweilig, dann gäbe es keine Spannung mehr, keine Weiterentwicklung. Ich glaube, es gehört dazu, dass man immer unzufrieden ist. Bestimmte Sachen können einen in einem gewissen Augenblick zufriedenstellen, aber dann muss man wieder neue Sachen ausprobieren. Man will sich selbst herausfordern und noch mehr herauskitzeln. Manchmal ist es aber auch wichtig – auch wenn das jetzt ein bisschen widersprüchlich klingt – ein bisschen zufrieden zu sein. Zufrieden und unzufrieden – beides muss sein. Man muss dankbar, aber trotzdem unzufrieden sein, denn das hilft, neue Sachen auszuprobieren und zu sagen: "Damit bin ich eher zufrieden."
Ein Beispiel: Du probierst verschiedene Hautcremes aus. Du kaufst dir eine, machst sie auf die Haut aber erkennst, dass sich deine Haut trotzdem zu trocken oder zu fettig anfühlt, je nachdem. Dann kaufst du noch weitere Hautcremes und irgendwann hast du die perfekte für dich gefunden. Aber wenn du es vorher nicht ausprobiert hättest, wüsstest du ja nicht, ob du irgendwann die perfekte findest. So ist es auch im Leben. Du probierst verschiedene Sachen aus und irgendwann findest du vielleicht das, was am besten zu dir passt. Ich bin auf dem Weg dahin. "Der Weg ist das Ziel", wie man so schön sagt.
Somit habe ich noch etwas zu tun. Denn Leute, die irgendwann nicht mehr das Gefühl haben, dass sie noch etwas erreichen müssen, gewöhnen sich an den Zustand. Ich will das nicht. Ich habe beispielsweise kein eigenes Auto, wenn ich zu Auftritten fahre, dann miete ich mir eines. Ich finde das gut, denn früher hatte ich einen Sponsorwagen und da habe ich gemerkt, dass man mit eigenem Auto faul wird. Man wird zu gemütlich, zu komfortabel, man fährt überall mit dem Auto hin. Da laufe ich lieber, bin aktiv.
Kannst du von der Musik, von deinen Aufritten, leben?
Ja, das mache ich jetzt schon seit geraumer Zeit. Vielleicht würden andere sagen, sie können nicht davon leben, jeder hat ja einen gewissen Lebensstandard und ich komme damit ganz gut zurecht. Ich brauche nicht viel, um mein Leben zu finanzieren. Klar gibt es Fixkosten, aber ich bin nicht der Typ, der viel braucht, um sich besser zu fühlen.
Natürlich gönne ich mir hin und wieder etwas. Essen ist für mich etwas Besonderes, ich ernähre mich vegan, da gibt es Sachen, die auch mal ein bisschen mehr kosten. Eigentlich ist die vegane Ernährung aber relativ kostengünstig.
Ich habe gelernt, mit wenig Geld auszukommen. Auch wenn ich mehr Geld verdiene, gebe ich nicht unbedingt mehr aus. Während meiner Ausbildungszeit habe ich 5,50 Euro die Stunde verdient. Jetzt verdiene ich mehr, aber ich weiß, wie es ist, wenn man weniger verdient und ich weiß, wie schwer es ist, Geld zu verdienen. Das ist nicht so einfach, das muss man sich alles erarbeiten. Keiner schenkt dir was. Man darf sich nicht daran gewöhnen, deshalb versuche ich auch, so zu leben, wie vorher auch. Ich will mich nicht total verändern.
Wie sieht den Tagesablauf aus? Wie viele Auftritte hast du derzeit pro Woche bzw. pro Monat, wie kann man sich das vorstellen?
Das kann ich jetzt nicht pauschal sagen, das ist immer unterschiedlich. Es gibt Wochen, da habe ich drei Auftritte, aber das ist nicht die Regel.
Hast du eigentlich noch Kontakt zu Dieter Bohlen?
Eher sporadisch. Wir haben ein gutes Verhältnis, es hat sich alles zum Positiven entwickelt, das hat man ja auch im Laufe der Jahre mitverfolgen können. Es ist alles im grünen Bereich, aber ich will da auch nichts hineininterpretieren, das nicht stimmt. Man sieht sich bei bestimmen Events, auch bei DSDS, ansonsten haben wir aber relativ wenig Kontakt.
Er hat dir also bis dato noch keine Zusammenarbeit angeboten?
Nein, das wir noch nicht Gesprächsthema.
Im Jahr 2016 warst du im Dschungelcamp, wurdest zum Dschungelkönig gewählt. Wie hat sich dein Leben seither verändert?
Im Rückblick gesehen war es natürlich eine tolle Zeit für mich, ich habe es genossen. Es war aber letztlich nur eine Momentaufnahme. Irgendwann bist du dann wieder in deinem Alltagstrott. Die Zeit hat mich schon ein bisschen verändert, es war ja keine normale Situation, so etwas erlebt man nicht tagtäglich. Ich glaube, ich bin dort über mich hinausgewachsen, denn mich hatte ja niemand auf dem Schirm gehabt, viele haben im Vorfeld gedacht, dass ich nach ein paar Tagen rausgehe und den Satz "Ich bin ein Star – holt mich hier raus!" sage. Aber das war nicht der Fall. Ich hatte auch ein Handicap mit meiner veganen Ernährung. Ich war ehrlich im Vorfeld, habe den Leuten reinen Wein eingeschenkt.
Letztendlich habe ich es geschafft, dass die Leute, die ursprünglich gegen mich waren, plötzlich für mich waren. Das ist nicht einfach zu schaffen. Die Leute, die vorher skeptisch waren und mir gegenüber negativ gestimmt waren, haben es mir dann gegönnt und waren auf meiner Seite. Das war schon ein tolles Gefühl. Ich selber hatte nicht damit gerechnet. Ich dachte im Vorfeld, dass es schwer für mich werden wird. Ich hatte ja auch das Handicap mit meiner Krankheit (Colitis ulcerosa, einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung, Anm.).Ich habe gehofft, dass sie mir keinen Strich durch die Rechnung macht. Ich bin ein Typ, wenn ich etwas anfange, will ich das auch bis zum Ende durchziehen. Letztendlich habe ich Stärke bewiesen.
Als ich aus dem Dschungel raus war und mein Handy wieder bekommen habe, habe ich gedacht, ich bin im falschen Film. Es gab nur positives Feedback, das war mir richtig unheimlich. Ich wollte mich aber nicht zu sehr an dieses positive Gefühl gewöhnen, weil ich dachte, irgendwann gibt es sicher wieder Negatives.
War das Dschungelcamp ein Wendepunkt in deinem Leben? Zuvor haben sich viele über dich lustig gemacht und plötzlich warst du der große Held.
Man hat erkannt, wie ich wirklich bin. Das wussten die Leute vorher ja nicht, sich haben mich immer nur musikalisch bewertet. Als Typ kannten sie mich nicht, also haben sie mich im Dschungel sozusagen neu entdeckt. Die meisten haben mich dort erst als Menschen gesehen, davor war ich ja nur so eine Witzfigur. Ich will das aber nicht komplett negativ darstellen, denn die letzten Jahre bei DSDS waren auch schon positiver. Ab dem Jahr, in dem ich in den Recall gekommen bin, ging es in eine positive Richtung, das darf man auch nicht vergessen. Da war ich nicht mehr so lachhaft, da hat es bei den Leuten schon geklingelt und die Leute haben gemerkt, dass ich das nicht nur aus Spaß mache, sondern es mir wirklich wichtig ist. Es hat halt lange gedauert.
Hast du noch Kontakt zu ehemaligen Dschungelcampern?
Wenn ich ehrlich bin, nicht wirklich. Bei bestimmten Leuten, habe ich mir vorgenommen, möchte ich mich schon nochmal melden. Manche Kandidaten sind mir ans Herz gewachsen, zumindest zu der Zeit dort. Es war eine ganz andere Situation, jetzt hat jeder wieder sein eigenes Leben. Aus den Augen, aus dem Sinn. Klar, trennen sich dann die Wege, aber irgendwann möchte ich wieder ein paar Leute kontaktieren, dann kann man sich unterhalten. Aber es wird nie wieder so sein wie im Dschungel, das ist klar. Wenn du irgendwo im Urlaub bist, ist das Feeling, die Atmosphäre anders, als wenn du wieder zurück in Deutschland bist. Da verliebst du dich vielleicht in jemanden, aber wenn ihr wieder zurück seid, versteht ihr euch vielleicht gar nicht mehr.
Das ist wie beim Bachelor. Die sind an den schönsten Orten, Sommerfeeling, tolles Wetter, Swimmingpool, gutes Essen - das ist alles schön und wunderbar, aber es ist halt mehr Schein als Sein. Eigentlich müsste der Bachelor in Deutschland stattfinden, sodass man im wahren Leben sieht, ob man wirklich miteinander klarkommt. Das ist meine Meinung. Die Sendung ist unterhaltsam, aber viele Beziehungen gehen in die Brüche. Wenn sie in Deutschland sind, trennen sie sich, auf einmal sind sie doch nicht zusammen.
Apropos Bachelor: Könntest du dir vorstellen, selber mal der Bachelor zu sein?
Ach, keine Ahnung, dazu möchte ich mich jetzt nicht äußern.
Gibt es eine Frau in deinem Leben?
Nimm’s mir nicht übel, aber dazu möchte ich mich auch nicht mehr äußern. Dieses Thema hatte ich schon ganz oft. Ich habe mir vorgenommen, dieses Kapitel privat zu halten und abzuschließen. Ich glaube, es für mich besser, wenn ich das aus der Öffentlichkeit raushalte.
Hast du auch einen Österreich-Bezug? Warst du schon öfter hier?
2010 war ich zum ersten Mal in Österreich, ich bin gerne hier. Ich würde mich freuen, wenn die Veranstalter mich mehr kontaktieren würden. Ich finde die Mentalität gut, ich mag euren Dialekt. Als ich noch Fleisch gegessen habe, habe ich auch gerne Wiener Schnitzel gegessen.
Ist es möglich, dich für eine Privatfeier zu buchen? Kann man sich das leisten?
Kommt drauf an, das bearbeitet mein Management. Es gibt Leute, die wollen das und dann machen wir das manchmal auch, aber das ist nicht das Hauptgeschäft. Aber es kommt vor, es spricht nichts dagegen.
In Österreich war ich beispielsweise in Leoben, in Mattersburg, in Graz, in Innsbruck in diversen Clubs. Ich mag es hier in Österreich, es ist voll schön. Ihr Österreicher spart viel Sprit, weil ihr dürft nur höchsten 130 fahren. Da hab ich mir mal ein Auto ausgeborgt und voll wenig verbraucht. In Deutschland verbrauchst du viel mehr, weil du ganz oft viel schneller fahren darfst.