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Der #eXit ist die Suche nach einem konstruktiven Gespräch

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Der Umzug des Großteils der stärksten heimischen Journalisten-Accounts von X zu Bluesky könnte die Verlagerung des permanenten Austro-Diskurses auf die von Twitter-Gründer Jack Dorsey mitgeschaffene Plattform bewirken. Dazu sollten die Politiker nachziehen

Es war Samstag um 11.40 Uhr, als Armin Wolf in einer nicht öffentlichen Direktnachricht an 38 Medienmenschen auf X seinen Vorschlag erläuterte, diese Plattform gemeinsam zu verlassen und auf Bluesky zu wechseln – ein 2023 erstmals gehyptes Pendant. Die Anregung fand derart rasant Zustimmung, dass der ursprünglich für Ende November angedachte Ausstieg noch aufs Wochenende vorverlegt wurde. Gesagt, getan. Seit Sonntag, 18 Uhr, sind die beiden stärksten österreichischen Journalisten-Accounts auf X stillgelegt: Armin Wolf hatte 640.000, Florian Klenk 350.000 Follower.

Weil Twitter zu X verkommen ist

Mit ihnen und dem Hashtag #eXit vollzogen rund 30 weitere den Schritt, andere taten es nicht. Viele hatten eine individuelle Begründung dafür, andere gingen kommentarlos – ausführlich Digitalexpertin Ingrid Brodnig, lapidar Puls-4-Info-Direktorin Corinna Milborn. Einigendes Band: Seit Elon Musk 2022 um 44 Milliarden Dollar Twitter gekauft hat und zu X verkommen ließ, ist es dort kaum noch erträglich. Das empfand auch Ihr Kolumnist und schrieb dagegen an, dass der reichste Mensch die wichtigste Informationsplattform besitze, sie mit Unsäglichem überschwemmen lasse, via Algorithmen politisch missbrauche – und nun auch noch ein Regierungsamt in den USA bekomme.

Das Maß war voll, die eigene Glaubwürdigkeit durch den X-Verbleib aber ständig erschüttert. Ein Dilemma, denn der individuelle Ausstieg auch bloß als aktiver Nutzer hätte den Verzicht auf das wichtigste Kommunikationsnetzwerk bedeutet. Deshalb war der Schritt vor allem von Wolf und Klenk so wichtig. Sie haben am meisten zu verlieren. Wenngleich auch die Follower-Zahlen von Milborn (160.000), Robert Misik (106.000), Brodnig (67.000), Marcus Wadsak (61.000), Euke Frank (53.000), Susanne Schnabl (34.000), Stefan Kappacher (34.000) und Julia Ortner (30.000) zeigen, welch riesige Gefolgschaft nun nicht mehr bedient wird. Neben zahlreichen ORF-Stars sind zudem Printgrößen wie Gerold Riedmann, Christoph Kotanko, Michael Jungwirth, Oliver Das Gupta, Sebastian Loudon, Eva Linsinger, Cathrin Kahlweit, Meret Baumann und auch Kabarettist Florian Scheuba auf Bluesky umgezogen. Vorerst mit großem Erfolg. Wolf hatte bis Dienstagmittag schon 35.000, Klenk 25.000 Follower. Die Verlagerung des permanenten Austro-Diskurses könnte gelingen.

Haltungsfrage? In diesem Falle ja

Dafür spricht auch manch wütende Reaktion. FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker behauptet: „Mit X-Exodus offenbaren ,Haltungs-Journalisten‘ ihren problematischen Zugang zu Meinungsvielfalt.“ Das wirkt eigenartig angesichts seiner eigenen Nutzung (13.000) seit 2010 und jener von FPÖ-TV (24.000). Es stimmt jedoch, dass Herbert Kickl dort keine große Nummer ist. Die stärksten Austro-Politiker-Accounts haben Sebastian Kurz (460.000), Alexander Van der Bellen (320.000), Christian Kern (150.000) und Helmut Brandstätter (105.000). Würden sie samt Karl Nehammer (88.000), Werner Kogler (87.000), Beate Meinl-Reisinger (77.000) und Andreas Babler (65.000) ebenfalls umziehen, hätte das Österreich-Gespräch einen neuen Standort. Und – ja: Das hat mit Haltung zu tun.

Was meinen Sie? Schreiben Sie mir: pp@plaikner.at

 

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