Die FPÖ nutzt bei der Attacke auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk seine Konkurrenz zu anderen Medien: teile und herrsche. Doch nicht nur der ORF verdient trotz all seiner Mängel die Solidarität von Zeitungen und Privatsendern. Sondern auch sie – zu ihrem Selbstschutz
Und sie bewegen sich doch. Nach dem Protestlein des Vereins der Chefredakteure und dem Appellchen der Medienverbände schreibt der Redaktionsrat des ORF: „Aus parteipolitischer Taktik will die FPÖ den öffentlich-rechtlichen Rundfunk ruinieren.“ Diese analytische Schärfe erinnert an den Presseclub Concordia, der als erste journalistische Organisation einen blauen Verbal-Rülpser am Rande der Koalitionsverhandlungen klar eingeordnet hat: „Die Zeitungslandschaft soll durch die Umleitung der Medienförderung zu parteinahen Propagandakanälen existenziell geschädigt werden, der ORF demontiert.“ Samt Erklärung des demokratiegefährdenden Rahmens, dass die FPÖ parallel dazu ihr eigenes Medienhaus als Sprachrohr ausbaut – als PR-Konkurrenz zu kritischem Journalismus.
Attacke via Propagandakanal
Wie sie funktioniert, zeigt FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker in seiner Reaktion zum „Die Zerstörung des ORF beginnt“ betitelten Aufschrei. Gespickt mit persönlichen Angriffen gegen den Redaktionsrat-Vorsitzenden Dieter Bornemann unterstellt er den Journalisten vom Küniglberg „helle Panik um ihre Pfründe“. Auf dem YouTube-Kanal FPÖ TV erntet er dafür 55.000 Aufrufe und eine Unzahl weitergehender Kommentare. Das ist nicht verwunderlich, doch der FPÖ-Mediensprecher, der in seiner Biografie auf der Website des Parlaments auch „Journalist, selbstständig seit 2002“ anführen lässt, spielt „teile und herrsche“. Denn prompt fragt Ernst Sittinger in der „Kleinen Zeitung“: „Kreisen manche ORF-Spitzenjournalisten (und in ihrem Kielwasser der Nachwuchs) überwiegend selbstreferenziell und gefallsüchtig in ihrer Blase?“ Der Leitartikel erntet viel Leser-Zustimmung.
Die FPÖ nutzt die interne Konkurrenz von Medien und Journalismus zur Durchsetzung der Pläne, den ORF zu kappen und den Kuchen seiner Mitbewerber durch Mitverpflegung von parteinahen Kanälen zu schmälern. Die ÖVP wirkt unter Susanne Raab, die sich mit dieser Verhandlungsführung aus der Politik verabschiedet, nicht als Bollwerk dagegen. Die anderen Parteien treten zu leise pro ORF auf.
Dreieinigkeit inklusive „Krone“
Journalisten sind auf sich selbst angewiesen, um die verhohlenen Attacken auf ihre demokratische Funktion abzuwehren. Dabei wäre es eine grundsätzliche Fehleinschätzung von Privatmedien, offene Rechnungen mit dem ORF gerade jetzt begleichen zu wollen. Auch wenn manche berechtigt sind. So wie es eine grundsätzliche Fehleinschätzung im ORF wäre, nur sogenannten Qualitätsjournalismus als Verbündeten zu suchen und Public Value, den gesellschaftlichen Nutzen, weiter als Hausmonopol zu betrachten. Er braucht mehr Solidarität, auch vom ungenannten, aber gemeinten Boulevard. Erst eine Dreieinigkeit von ORF und Zeitungen inklusive „Krone“ kann Übergriffe der Politik stoppen. Es braucht einen neuen Hugo Portisch (Initiator des legendären Rundfunkvolksbegehrens), der ihre Gegensätze im Sinne des größeren Ganzen auflöst und eine massive gemeinsame Gegenwehr orchestriert.
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist wie ein Dominostein. Wenn er fällt, werden alle anderen Nachrichtenmedien kippen, die diesen Namen verdienen.
Was meinen Sie? Schreiben Sie mir: pp@plaikner.at
Dieser Beitrag ist ursprünglich in der News-Printausgabe Nr.05/2025 erschienen.