News Logo
ABO

Die unterschätzten regionalen Spielgestalter

Subressort
Aktualisiert
Lesezeit
4 min

©beigestellt
  1. home
  2. Aktuell
  3. News

Im Wahlherbst und -winter bietet jedes Gespräch zu Regierungsbildungen in Bund und Ländern wechselseitig Anlass für Spekulationen über Koalitionssignale. Unterdessen wird der allfällige Einfluss von regionalen Medienverhältnissen unterschätzt

Vorarlberg ist abgehakt, die Steiermark steht bevor, im Jänner folgt das Burgenland. Und nach der Neubestimmung der drei Landtage sind in Niederösterreich noch die größten Kommunalwahlen der Republik, die bis dann vielleicht noch keine neue Regierung hat. Das flott umgefärbte Ländle bleibt also das einzige Koalitionssignal – wie die Frage, ob es beispielhaft wirkt oder Gegenwind erzeugt.

Während über solche regionale Einflussfaktoren zuhauf spekuliert wird, erscheint ein ebenso starker Aspekt vollkommen unterbelichtet: Welche Mediennutzung prägt die Länder? Niederösterreich und das Burgenland sind die einzigen ohne angestammte Tageszeitung und die letzten, in denen ÖVP und SPÖ absolute Mandatsmehrheiten erreicht haben. Die schwarze ist schon weg, die rote wird wohl folgen. Die Parallele des Fehlens eigener täglicher Printmedien in den stärksten Parteihochburgen verblüfft. „Krone“ und „Kurier“ aus dem gemeinsamen Haus Mediaprint erreichen hier ihre prozentuell größten Reichweiten. In Niederösterreich sind sie sogar in absoluten Leserzahlen stärker als in Wien.

Hier Duell, dort Dominanz

In der Steiermark hingegen prägt den Medienmarkt die Konkurrenz von „Kleine“ und „Krone“, die dort zuletzt vor 30 Jahren stärker war. Seitdem hat dort die in Graz ansässige zweitgrößte Kaufzeitung Österreichs immer die Nase vorn. Mehr als ein Drittel der Bevölkerung in der Steiermark und Kärnten liest sie täglich auf Papier oder als E-Paper. Dazu kommen pro Tag fast 180.000 Nutzer des sonstigen Onlineangebots. Digital liegt die „Kleine“ in Südösterreich aber etwas knapper vor der „Krone“.

Das sind ganz andere Verhältnisse als im Ländle, wo keine Tageszeitung von außen wirklich Erfolg hat. Russmedia dominiert mit „Vorarlberger Nachrichten“ und „Neue“ den einzigen Regionalmarkt außer Wien mit zwei eigenen Blättern. Dazu kommen Bewegtbild-, Radio-, Podcast-, Online- und Newsletter-Angebote vom gleichen Unternehmen. So wie aus „Krone“, „Kurier“ und „Kleine“ (Styria) längst Multimediahäuser entstanden sind. Letzteres zudem mit starken Gratis-Wochenzeitungen. Die sind auch in Niederösterreich und Burgenland weit verbreitet, aber im Wettbewerb mit wöchentlichen Kaufblättern: „NÖN“ für die schwarze und „BVZ“ für die rote Region kommen vom gleichen Verlag.

Privater Druck auf den ORF

In das genannte privatwirtschaftliche Info-Angebot der aktuell von Wahlen betroffenen Bundesländer bricht nennenswert nur jener ORF ein, wo die Landeshauptleute bei der Filialdirektorenkür mitreden. Unterdessen ist der Öffentlich-Rechtliche vor allem in Vorarlberg und der Steiermark durch starke Privatradios unter Druck, und im Ländle macht ihm auch das TV-Angebot von Russmedia zu schaffen.

Mindestens so sehr wie allfällige Signale durch Gespräche zur Regierungsbildung im Bund können Medienverhältnisse vor Ort Wahlen beeinflussen. Die regional führenden Tageszeitungen genießen dabei wie die ORF-Zweigstellen zu wenig nationale Aufmerksamkeit. Nicht nur für die soeben geschlagene US-Wahl galt: Die Medien können keine Schiedsrichter sein, sind aber Spielgestalter.

Was meinen Sie? Schreiben Sie mir: pp@plaikner.at

Kolumnen

Über die Autoren

Logo
Monatsabo ab 20,63€
Ähnliche Artikel
2048ALMAITVEUNZZNSWI314112341311241241412414124141241TIER