Rainer Nowak ist schon seit Jahreswechsel „back on track“. Matthias Schrom feiert ab November sein Comeback. Die einstigen Chefredakteure von „Presse“ und ORF mussten dafür allerdings regelrecht die Seiten wechseln – zu „Krone“ und ServusTV
Sie haben das böse C-Wort durch das gute ersetzt: Chats ade, Comeback ahoi! Rainer Nowak und Matthias Schrom genießen in der Branche zwar nicht mehr so viel Sozialprestige wie einst, doch ihre neuen Jobs sind kaum schlechter als die alten. Der Ex-Chefredakteur der „Presse“ ist schon zehn Monate Superressortleiter der „Krone“ für Wirtschaft, Innen- und Außenpolitik – samt TV-Präsenz vom hauseigenen Kanal bis zum ORF. Dazu noch Newsletter per E-Mail, in denen er statt früher mit dem Formulierungsflorett nun mit dem Artikulationssäbel auf die Politik eindrischt. Das ist zwar immer noch sprachlich zu anspruchsvoll für das klassische Boulevard-Publikum, aber dieses droht so flüchtig zu werden wie die ehemalige Stammklientel der SPÖ. Die Zeichen stehen auf Zielgruppenerweiterung.
Schrom-Wirkung wie Klopp-Effekt?
Der Ex-Chefredakteur der Fernsehinformation des ORF hingegen startet nach Allerseelen als Gesamt-Redaktionsleiter von dessen Hauptrivalen ServusTV. Das geschieht in einer Phase, in der die Quoten für die „ZIB 2“ wieder auf das – immer noch sehr hohe – Vor-Pandemie-Niveau gesunken sind und die „Servus Nachrichten“ erstmals einen zweistelligen Marktanteil erreicht haben. Hinter den Kulissen des Fernsehmarkts der Eitelkeiten bahnt sich nach den Kooperationen für Sportevents im technischen Bereich eine weitere Zusammenarbeit von ORF und Servus an. Da hilft es, wenn einer beide Welten kennt. Der Privatsender braucht keinen Know-how-Transfer. Doch so wie Jürgen Klopp Red Bull auch Fankultur beibringen soll, dient Schrom als Wissensquell zur Unternehmenskultur auf dem Küniglberg.
Dass die Rückkehrer sich nicht mehr Chefredakteur nennen können, liegt weniger an Vorbehalten als an Hierarchien bei den neuen Brötchengebern. Bei ServusTV haben General Manager Goetz Hoefer und Intendant Ferdinand Wegscheider die letzten Worte. In der „Krone“ ist Miteigentümer Christoph Dichand der nominelle und Klaus Herrmann der geschäftsführende Chefredakteur. So wie Nowak wird auch Schrom weiter Spott, Häme und Anfeindung aushalten müssen. Ihre unverzeihlichen Chats mit Heinz-Christian Strache und Thomas Schmid werden nicht so schnell vergessen. Doch ungeachtet ihrer früheren Kapitalfehler tun Schrom und Nowak nicht nur ihren neuen Arbeitgebern, sondern der Medienlandschaft gut. Denn sie setzen die Segel von Außenseitern auf Integrationskurs.
Handwerk zur Feindbild-Korrektur
„Krone“ und ServusTV sind Feindbilder der Linken, des akademischen Establishments und innerhalb der Branche. Die Wechsel von deklarierter Qualitätszeitung zu verschrienem Boulevardblatt und von öffentlich-rechtlichem Paradekanal zu privat-rechtslastigem Alternativsender vermögen zu zeigen, dass die Güte von Journalismus nicht vom Ruf des Mediums abhängt. Nowak und Schrom können sich rehabilitieren, wenn sie das Beste ihrer alten Welten in die neuen einbringen. Dabei geht es nicht um andere Positionierung, sondern korrektes Handwerk. Wenn „Krone“ und Servus das besser gelingt, ist die Austro-Medienbranche insgesamt wirksamer -gewappnet gegen digitale globale Info-Kolonialisierung.
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