Klaus Woltron treibt es nicht mehr bunt und es gibt keine „Post von Jeannée“: Die Krone verliert Reibebäume. Unter dem Eindruck von Social Media suchen alle Boulevard-Marken neue Vermittlungswege. Im Bewegtbild findet sie bisher vor allem der Außenseiter oe24.
Während das selbstbeschauliche Medienkarussell sich um den ORF dreht, gerät der Boulevard aus dem Visier der auf Qualität pochenden Konkurrenz. oe24.tv hat 2024 unter Niki Fellner 1,32 Prozent Marktanteil erreicht. Dieses Billigst-Fernsehen verbucht die größte Steigerung nach ServusTV und ist aktuell doppelt so stark wie Puls24. Angesichts des Bewegtbild-Erfolgs gelangt die 2006 ebenfalls von Wolfgang Fellner gegründete (Gratis-)Tageszeitung Österreich/oe24 bereits in den Hintergrund.
Die Kost-Nix-Konkurrenz Heute hat unterdessen den Schweizer Mitgesellschafter TX Group verloren und gehört nun vor allem Stiftungen rund um Eva Dichand. Der Gratistitel vollzog seit dem Rückzug von Chefredakteur Christian Nusser einen auffallenden Kurswechsel in Richtung FPÖ. Das war deutlich mehr als nur die Nutzung von Herbert Kickl als Interessengarant – wie einst bei Jörg Haider.
Der Abgang des Kolumnisten
Im Schatten dieser schrilleren Konkurrenz vollzieht die Krone unauffällig ihre Transformation. Während hinter den Kulissen Christoph Dichand und seine Geschwister intern wie extern erbittert um die Übernahme der Anteile der deutschen Funke-Gruppe am Vermächtnis ihres Vaters ringen, setzt die Redaktion immer mehr auf eine Familienzeitung im inhaltlichen Sinn. Boulevard verliert als Machart für Kauf-Titel angesichts von Social Media rasant an Zugkraft.
Doch die Krone hat dank Regionalisierung und 85 Prozent Abo-Quote andere Optionen als die Herkunft vom Straßenverkauf. Zur Nutzung dieses Potenzials braucht es eine Imagekorrektur. Das Engagement von Ex-Presse-Chefredakteur Rainer Nowak war ein erster Wink mit dem Zaunpfahl, die Verpflichtung der früheren Woman-Herausgeberin Euke Frank ein noch stärkeres Zeichen. Ihre Handschrift wird in der Krone bunt immer deutlicher – samt verzögertem Knalleffekt: Klaus Woltron, 79, taucht dort seit 2. Februar nicht mehr auf. Der einstige Top-Manager und Unternehmer war in seinen Kolumnen u. a. als Trump-, Musk- und Kickl-Versteher auffällig. Nun beklagt er auf seiner Website die neue Entwicklung der Sonntags-Illustrierten; samt untergriffigem Seitenhieb auf Frank: „(Gattin von Dr. Armin Wolf, ORF)“.
Die Postler von „Bild“ und „Krone“
Unspektakulärer vollzieht sich bisher die Absenz von Michael Jeannée, dem umstrittensten Krone-Schreiber. Am ersten Advent erschien von ihm „Grüß:Göttin“; einen Monat vor dem Start von Frank. Seitdem gab es keine „Post von Jeannée“ mehr. Ein Titel, den er der Bild entlehnt hat, für die er viele Jahre arbeitete. Dort schreibt Franz-Josef Wagner seit 2001 die ebenfalls oft kritisierte „Post von Wagner“. (Überraschende weitere Bio-Parallele: Er wurde wie Jeannée 1943 in Olmütz geboren.)
Dem späten Rückzug von Reibebäumen stehen Misserfolge bei der Markenausweitung gegenüber. Bild TV hat spektakulär das Ziel von einem Prozent Marktanteil verfehlt. Ebenso kurzlebig war die Kooperation von Krone und ServusTV. Umso bemerkenswerter wirkt die Entwicklung von oe24.tv. Das „Nicht einmal ignorieren“ durch die Konkurrenz konnte den Bewegtbild-Boulevard nicht stoppen.
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Dieser Beitrag ist ursprünglich in der News-Printausgabe Nr.11/2025 erschienen.