Donnerstag Stiftungsrat, Freitag „Dancing Stars“: Das gemahnt an Brot und Spiele. Doch das Klischee über Zugkraft von Information und Unterhaltung ist falsch. Die „ZIB 2“ vom Vorabend hatte mehr Marktanteil als der Start zum vermeintlichen Quotenhit vom Tanzparkett.
Wenn der ORF ruft, rückt Österreich so nah zusammen, wie Bundeskanzler Christian Stocker sich das wünscht. Dazu braucht es nicht erst die von ihm ersehnte Wiederbelebung der Konsensdemokratie. Es genügt die Auftrittsabfolge von Stiftungsrat und „Dancing Stars“ auf dem Küniglberg.
Das Personal dafür verkörpert eine gewisse Geschmeidigkeit – am Tanzparkett wie im Tagungsraum. Herbert Fechter und Christian Kolonovits, die einander seit ihren Urzeitrollen als Manager und Produzent von Rainhard Fendrich kennen, sind Musterbeispiele dafür. Heute vertreten sie Bundesregierung und Burgenland im Stiftungsrat. De facto verdankt der eine sein türkises Ticket dem Wohlwollen von Sebastian Kurz und der andere sein rotes Mandat der Wertschätzung von Hans Peter Doskozil.
Die blauen ORF-Routiniers
Den Langzeitrekord als Wiedergänger hält allerdings Peter Westenthaler, der schon im Vorgänger-Organ des Stiftungsrats als Kurator die FPÖ vertrat. Das war vor 26 Jahren, als Thomas Prantner, früherer Büroleiter des einstigen ORF-Chefs und späteren Leider-nicht-SPÖ-Vorsitzenden Gerhard Zeiler, Kommunikationsleiter auf dem Küniglberg war. Der Verselbstständigung nach gescheiterter Gegenkandidatur zu Generaldirektor Roland Weißmann folgte nun die – ehrenamtliche – Rückkehr als Stiftungsrat der erblauten Steiermark. Es wirkt als besonders österreichische Ironie des Schicksals, dass die FPÖ-Verbinder in der öffentlich-rechtlichen Aufsicht die längste interne ORF-Erfahrung haben.
1999, als Westenthaler und Prantner auf dem Küniglberg zusammentrafen, kam Eva Glawischnig gerade erst in den Nationalrat. Nun ist die grüne Ex-Parteichefin (2008–2017) die erste Spitzenpolitikerin unter den „Dancing Stars“ – es sei denn, der 2019 angetretene Stefan Petzner, einst Adlatus von Jörg Haider und Klubobmann-Vize des BZÖ im Nationalrat, zählt auch zu dieser Kategorie, die tänzerisch vom Journalismus abgehängt wird: Claudia Reiterer, die von 2017 bis 2024 „Im Zentrum“ moderierte und Ende April den ORF verlässt, hat „Dancing Stars“ 2009 gewonnen.
Der „ZIB 2“-Quotenkiller
Der Tanz-Auftakt 2025 bescherte das zweitgeringste Publikum (683.000) und den drittkleinsten Marktanteil (27 Prozent) aller 16 Staffeln. Es reichte jedoch aus, um die parallele „ZIB 2“ ins Quotentief (232.000/13 %) zu stürzen. Dieser Direktvergleich vom Freitag wirkt allerdings als trügerischer Kompass für das öffentlich-rechtliche Selbstverständnis. Wie brüchig das allseits wiedergekäute Narrativ von Unterhaltung als Zuschauermagnet ist, zeigt ein Vergleich mit der „ZIB 2“ vom Vorabend, als der neue Finanzminister Markus Marterbauer beim ebenso frisch gefangenen Moderator Stefan Lenglinger war: 599.000 Seher und 29 Prozent Marktanteil. Seit 2013 hatte der Start der „Dancing Stars“ nur zweimal eine bessere Quote als diese reguläre Ausgabe des Nachrichtenmagazins am Spätabend.
Würde bei den Aufstellungen der meistgesehenen Sendungen eines Jahres nicht bloß eine Ausgabe pro Format berücksichtigt, füllten „Zeit im Bild“ und „Bundesland heute“ 90 Prozent der top 100. Brot schlägt Spiele: Diese Einsicht braucht es vor allen neuen Konzepten für die Zukunft des ORF.
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Dieser Beitrag ist ursprünglich in der News-Printausgabe Nr. 12/2025 erschienen.