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„Sexy ist nicht, was die alt gewordenen weißen Männer damals definiert haben“

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Mariusz Jan Demner

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Von Mariusz Jan Demner stammen Slogans wie „Gemeinsam oder einsam?“ Aktuell erregt die Palmers-Kampagne seiner Agentur für Aufsehen. Vieles hat sich seit der Agenturgründung vor 55 Jahren geändert: Demner arbeitet nur noch 40 Stunden, ohne Büro, aber mit KI. Die Erfolgsformel ist gleich geblieben. Er hat sie uns verraten.

Die aktuelle Kampagne ihrer Agentur mit u. a. Aktivistin Waris Dirie, Dragqueen Pandora Nox oder Best-Ager-Model Ewa Grabowska in Bikinis und Dessous für Palmers hat viel Aufsehen erregt. Welches ist ihr Lieblingssujet?

Wissen Sie, ich habe einen Lieblingssohn, denn ich habe nur den einen. Bei unseren Arbeiten fällt mir die Antwort schwerer. Wichtiger als die einzelnen Sujets finde ich die Haltung, die dahinter steht. Das Bild von Frauen und ihre gesellschaftliche Position haben sich stark verändert. Das wird in der Werbung noch viel zu selten adäquat abgebildet. Werbung ist bei gesellschaftlichen Trends oft spät dran und spielt sie erst zurück, wenn sie sich etabliert haben. Am Anfang der Palmers-Kampagne ist der Insight einer Studie gestanden, die belegt, dass sich Frauen deutlich häufiger entschuldigen als Männer. Daraus hat ein über wiegend weibliches DMB.-Team „Sexy, not sorry“ entwickelt.

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Palmers: Mit “Sexy, not sorry“ wurde die Traditionsmarke wiederbelebt

 © Palmers Textil AG
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XXXLutz. Von der Idee zum Sujet in wenigen Stunden: der Coup zur Krönung dank KI

 © DMB

Der Erfolg der Kampagne beruht also auch auf Timing und Gespür für gesellschaftliche Entwicklungen?

In der Werbung sucht man immer die Differenzierung. Gerade bei Palmers ist das in den 90er-Jahren mit damals spektakulären Fotos der weltbesten Fotografen gelungen. Die Sujets waren für die damalige Zeit außergewöhnlich sexy, der Slogan „Trau dich doch“ wurde zum Skandal! Danach hat es lange keine interessante Werbung mehr gegeben. Zu meinem Instagram-Posting der neuen Kampagne habe ich deshalb „Wachgeküsst“ geschrieben. Prompt hat das ein Fotograf, der seine Glanzzeit in den 90ern hatte, verunglimpfend kommentiert: Es sei kein Wunder, dass Männer heute Unterstützung im erotischen Bereich brauchen. So etwas gibt es leider noch immer. Aber die überwältigende Mehrheit des Feedbacks war positiv. Sexy ist eben nicht, was die alt gewordenen weißen Männer damals definiert haben.

Ist so ein Provokationsmomentum wichtig an einer Kampagne?

Ich finde, da ist kein Provokationsmomentum. Es gibt ein Aufmerksamkeitsmomentum, weil man solche Sujets nicht oft sieht. Als Gesellschaft sprechen wir schon lange von Gleichstellung und Female Empowerment. Beides wird in der Realität zu wenig abgebildet. In unserem Metier geht es um Aufmerksamkeit. Willst du dich differenzieren, musst du die Aufmerksamkeit finden. In diesem Fall haben wir einen gesellschaftlichen Anspruch betont, der sonst zu wenig reflektiert wird, und zusätzlich ein Überraschungsmomentum generiert, weil dies Palmers nicht zugetraut wurde.

War es schwierig, den Kunden vom neuen Weg zu überzeugen?

Er hat uns überzeugt. Die Kampagne ist bereits 2022 entstanden, damals hat man sich für ein anderes, konventionelleres Angebot entschieden, das keinerlei Aufsehen erregt hat. Dann gab es personelle Veränderungen beim Kunden, und der neue CEO Janis Jung wollte wissen, ob je eine andere Art von Werbung probiert worden ist. Man hat ihm unsere Entwürfe gezeigt, die haben ihn begeistert, und er hat sofort Marcello (Anm.: Demner) angerufen. Diese Wachheit in Unternehmen braucht es für solche Kampagnen. Es ist wichtig, dass im Unternehmen jemand versteht, dass man Aufmerksamkeit nicht mit Allerwelt-Sujets bekommt.

© News/Matt Observe

Steckbrief

Mariusz Jan Demner

Beruf
Unternehmer und Gründer der "Demner.Group"

Mariusz Jan Demner Jahrgang 1945, geboren in Wien, studierte Jus, Publizistik und Kunstgeschichte und gründete während des Studiums als Autodidakt 1969 die Werbeagentur, die später als Demner, Merlicek & Bergmann zur Legende wurde. Die operative Führung gab Demner 2022 ab, er ist aber nach wie vor für langjährige Kunden wie XXXLutz, Darbo, Markenartikelverband und Wiener Städtische tätig.

Hat Werbung in Ihren Augen gesellschaftspolitische Relevanz und Verantwortung, gerade wenn es um nachhaltige Veränderungen wie Gleichstellung geht?

Wir haben in der Agentur eine lange Tradition von Kampagnen, die nicht unbedingt gerade traditionelle Werbung waren. In den 90er-Jahren haben wir für das Frauenministerium gearbeitet, um die Gleichstellung im Haushalt voranzubringen. Der Slogan war „Ganze Männer machen halbe-halbe“. Das war eine ganz bewusste Provokation, die enorme Diskussionen ausgelöst hat. Politisch hat es hohe Wellen geschlagen und dadurch viel bewegt. Leider hat die Kampagne angeblich die mutige Frauenministerin Helga Konrad den Job gekostet. Mit Werbung kann gerade bei öffentlichen Anliegen viel bewegt werden. Österreichs Referendum zum EU-Beitritt ist heuer genau 30 Jahre her. Da ist es uns gelungen, aus zwei Drittel EU-Skeptikern zwei Drittel Befürworter zu machen. Daraus habe ich viel gelernt.

Was lernt man als Werber aus einer Kampagne für den EU-Beitritt?

Sehr viel, denn es ist ein Thema, das nicht nur einzelne Zielgruppen betrifft. Ich bin ohnehin der Meinung, dass wir zu oft Zielgruppen nachlaufen, statt das Gemeinsame möglichst vieler Menschen zu finden. Bei einem Referendum, das alle erreichen soll, muss man etwas finden, bei dem sich möglichst viele von ihnen verstanden fühlen. Das war damals ein Slogan, erstmals in der politischen Werbung als Frage formuliert, welche die Befindlichkeit des Landes auf den Punkt gebracht hat: „Gemeinsam oder einsam?“. Der Schluss war: Du kannst es dir aussuchen. Selbst jene, die skeptisch bleiben wollten, haben damals entschieden, dass sie als kleines Land im großen Europa nicht überbleiben wollen. Damals habe ich gelernt: Die meisten Menschen wählen nicht, weil sie für etwas sind, sie sind eher dagegen, der Großteil wählt im Zorn. Aber im Zweifelsfall wählt man das, was man für das kleinere Übel hält.

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EU-Beitritt. Vor der Kampagne waren zwei Drittel der Österreicher EU-Skeptiker. Drei Worte halfen, Österreich für den EU Beitritt zu gewinnen

 © DMB

Gleichzeitig erleben wir zunehmend fragmentierte Zielgruppen. Funktioniert die These von der Suche nach Gemeinsamkeiten noch?

Ich denke schon. Erlauben Sie mir ein Beispiel: Wir haben eine Kampagne für die Creditanstalt, die heutige Bank Austria, gemacht. Der damalige Generaldirektor war ein zahlenorientierter Mann, der mich barsch aufgefordert hat: Machen Sie schnell, ich brauche die Zeit, um das Geld zu verdienen, das Sie zum Fenster raus-schmeißen! Um ihn vom Gegenteil zu überzeugen, habe ich zu seinem Entsetzen metallene Späne auf dem teuren Mahagonitisch ausgeleert und dann ein magnetisches Hufeisen aus der Tasche gezogen. Das Hufeisen sei die CA, und was sie den Menschen zu sagen hat, sei die Botschaft. Die Späne sind das Publikum. So muss Werbung arbeiten. Wir laufen den Menschen nicht nach, wir ziehen sie an. Werbung muss Magnetismus entwickeln, dann ist das Geld nicht verschwendet.

Sie sprechen vom Markenmagnetismus, der erforscht wurde und auf drei Komponenten zurückzuführen ist: Reputation, Emotion, Neugierde.

Ja, das Modell ist auf der Wirtschaftsuniversität weiterentwickelt worden und dient der Überprüfung, Messung und Planung. Unsere strategische Consultancy Fly ist da top. Ich persönlich habe diesen Magnetismus immer sehr simpel gesehen. Mich interessiert: Wie verdichten wir, was ein Produkt, ein Unternehmen kann? Jeans-Werbung nach Zielgruppen? Die trägt ein Lehrling genauso wie ein Freiberufler oder ein Manager. Den seinerzeitigen Fragmentierungen nach Haushaltseinkommen und Bildungsstatus habe ich immer misstraut. Wenn die Botschaft auf Insights beruht, extrem verdichtet ist, findet sie ihr Publikum. Das funktioniert bei uns bis heute.

Wichtiger als die Zielgruppe sind demnach die Attribute des Produkts?

Sie müssen auf den Punkt bringen, was ganz unterschiedliche Menschen abzuholen vermag. Bei Darbo-Konfitüre vereinzelten Zielgruppen nachzulaufen, wäre müßig. Es braucht die magnetische Botschaft, in diesem Fall: „In Darbo naturrein kommt nur Natur rein“. Das ist ein „ewiger“ Slogan, der mitgeholfen hat die Marke von 28 Prozent auf über 60 Prozent Marktanteil zu bringen. Wie schaffen Sie diese Aura, diese emotionale Bindung zum Publikum? Das ist immer die Frage. Magnetische Marken, die gut aufgeladen sind, schaffen das über einen langen Zeitraum, ohne dass man sich zu allzu sehr den Kopf über Zielgruppen zerbrechen musste. Sie finden dank der Anziehungskraft ihrer Botschaft und der dazu geschaffenen Markenaura ihre Zielgruppen.

Was hat sich, davon abgesehen, an den Erfolgsrezepten der Werbebranche verändert?

Es ist evident, dass die Digitalisierung uns alle verändert hat. Das betrifft unser soziales Verhalten, unser Informationsverhalten und die Schnelligkeit der Kommunikation. Die Impulse, die jeden von uns täglich erreichen, haben sich verzigfacht. Heute bleibt noch viel weniger Zeit, eine Botschaft abzusetzen, als früher. Was sich nicht verändert hat, ist die Erfolgsformel, die Aufmerksamkeit heißt. Je schneller sich alles dreht, desto schwieriger ist es, sie zu generieren. Deshalb muss eine Botschaft heute noch fokussierter sein. Ich habe immer versucht, Slogans von maximal drei, vier Worten zu finden. Wenn Sie das nicht können, bringen Sie keine Botschaft an die Kunden.

Was muss Werbung heute anders machen als früher?

Sie müsste noch mehr verdichten, noch mehr verkürzen, viel signalhafter werden, weil niemand die Zeit hat, Informationen aufzunehmen. Unser Informationsverhalten entspricht heute eher einem Abtasten nach Sensationsbefriedigung. Wenn Sie im Lebensraum Smartphone keine Idee haben, ihre Botschaft noch origineller, noch auffälliger, noch kürzer, noch bildhafter rüberzubringen, landen Sie im Nirgendwo. Ich habe einst behauptet, 90 Prozent der Werbung seien Schrott, jetzt sind es wahrscheinlich 98 Prozent. Das hat sich durch die schiere Menge verändert.

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Was sind heute die wichtigsten Eigenschaften eines Werbers? Sprechen wir von Ideen einerseits und Verkaufstalent andererseits?

Unsere Arbeit ist ja keine Kunst, auch wenn wir mit künstlerischen Mitteln arbeiten, mit Bildern, Worten, Tönen. All das wird zweckgerichtet eingesetzt. Empathie und Menschenverstand spielen eine große Rolle, ebenso hochspezialisierte Strateg:innen. Am Ende unterscheidet dich aber die Idee, die aus all dem entsteht. Ein Beispiel: Obwohl ich nie parteipolitische Werbung machen wollte, hat es sich 2008 ergeben, dass wir den Wahlkampf für den neuen Spitzenkandidaten der SPÖ übernommen haben. Damals hat die ÖVP die Koalition gesprengt, und bei der SPÖ ist Werner Faymann auf Gusenbauer gefolgt. ÖVP-Chef Molterer damals: „Es reicht.“ Die ÖVP lag bei 25 Prozent, die SPÖ bei 21, die FPÖ bei 20. Unsere Kampagne hat erst acht Wochen vor der Wahl begonnen, mit dem Überraschungseffekt des bis dahin undenkbaren Starts im „Urlaubsmonat“ August. Die Saat ist aufgegangen. Der Blitzstart mit dem Zwei-Wort-Slogan „Genug gestritten“ – das kleinere Übel – endete in einem Erdrutschsieg für die SPÖ mit fast 30 Prozent. Da sieht man, was in zwei Monaten möglich ist: Ein Sprung um 8,5 Prozent nach oben. Kickl zu verbundeskanzlern, ist verfrüht.

Warum haben Sie es sich anders überlegt und doch politische Werbung gemacht?

Mir hat nicht gefallen, dass die FPÖ damals leicht nach vorne hätte kommen können. Das war meiner persönlichen Haltung geschuldet. Der Gedanke, dass es wieder zu einer schwarz-blauen Koalition wie unter Schüssel kommen könnte, hat mich bestärkt. Unter dieser Koalition habe ich damals auch unseren EU-Etat zurückgelegt, weil ich für solch eine Regierung nicht arbeiten wollte.

 Wäre Ähnliches heute wieder möglich?

Alles ist möglich. Ich habe keine parteipolitischen Präferenzen, nur eine Abneigung gegen zu weit außen, egal, ob rechts oder links. In einem Markt von so vielen Wählern, die von der Politik verärgert sind, musst du überlegen, wie du die abholen kannst: Die Nichtwähler, die stillen Protestler, die Angefressenen.

„Genug gestritten“ war damals die magnetische Botschaft, der sogar Gegner zustimmen konnten. Spitzenpolitiker müssten bessere Kommunikatoren sein, die richtigen Signale setzen können. Das haben außer Herbert Kickl, der das Zornpotenzial fleißig abschöpft, leider noch immer zu wenige kapiert.

Ihre Agentur hat einen starken Transformationsprozess von Demner, Merlicek & Bergman, kurz DMB., zur Demner.Group hinter sich. War das eine Antwort auf eine sich verändernde Branche oder den Generationenwechsel mit dem Einstieg Ihres Sohns Marcello Demner im Jahr 2017?

Ich habe nie Jahrespläne gemacht. Meine Ansicht war immer, wenn man sich auf die Arbeit konzentriert und seine Kunden erfolgreicher macht, wird die Agentur nicht verhungern. Meine Arbeit hat sich immer an der Idee der Horde – nicht Herde! – orientiert. Die Herde ist angepasst, die Horde steht für die Beweglichkeit, die Kreative brauchen. Das aufrechtzuerhalten, finde ich wichtig. Ein Kollege hat mich im Buch zum 30-Jahre-Jubiläum sinngemäß so auf den Punkt gebracht: „Ich glaube, wenn der Demner keine Lust mehr hat, nimmt er einen Schlüssel, sperrt zu und schmeißt ihn in die Donau.“ Daran habe ich gedacht, nachdem Merlicek weg war und Bergmann im Begriff war, zu gehen. Dann habe ich begonnen, Strukturen für eine neue Basis zu etablieren: von einer inhabergeführten Agentur zur inhabergelenkten Agentur.

Und der Einstieg Ihres Sohns Marcello Demner …

… war ein Zufall und ein besonderer Glücksfall. Er ist das junge Gesicht, an meinem hat man sich ja ein bissel satt gesehen. Früher habe ich 60bis 70-Stunden-Wochen gehabt, heute sind es 35 oder 40 Wochenstunden. Hat mich früher jemand bei einem Einstellungsgespräch nach Work-Life-Balance gefragt, habe ich gesagt, im kreativen Bereich musst du dich für eines von beiden entscheiden. Heute halte ich mich aus diesen Gesprächen raus. In der Agentur wird viel von zu Hause gearbeitet, die Basis ist Vertrauen, die Arbeit muss erledigt werden, und das funktioniert besser, als man es sich wünschen könnte: Wir hatten 2023 unser bestes Ergebnis seit vielen Jahren. Nachdem uns ein Teil unserer Arbeit von neuen Technologien abgenommen wird, müssen wir ohnehin Abläufe neu denken. Nur die Ideen brauchen nach wie vor ihre Zeit.

Ist KI eine Bedrohung für die Werbebranche, vor allem was die Qualität betrifft?

Natürlich verändert sich die Branche durch KI. Aber unser Job ist ja nicht die bloße Gestaltung der Kampagnen, sondern die Idee dahinter, insofern bin ich zuversichtlich, was unsere Branche betrifft. Wir müssen die Differenzierung schaffen. Wer gut mit KI arbeiten will, braucht Menschen, die sie briefen können. Das wird ein eigener Job werden. Ich erlebe heute schon Vorteile: Als Prinz Charles im Mai vorigen Jahres gekrönt werden sollte, ist einem Kollegen aus dem XXXLutz-Team drei Tage davor eingefallen: Sollten wir zu diesem Anlass nicht etwas machen? Nach zweieinhalb Stunden hatte er mittels KI ein Sujet fertig (siehe Abbildung Seite 66), am Krönungstag ist es gedruckt und online erschienen. Das wäre früher rein zeitlich undenkbar gewesen, das ging nur mittels KI. Die Idee und den treffsicheren Slogan dahinter wird die KI aber nicht so bald können.

Ist es Ihnen schwer gefallen, kürzerzutreten?

Ich habe das Tagesgeschäft abgegeben, mit Ausnahme der XXXLutz-Gruppe, des Markenartikelverbands, Darbo und manches für die Wiener Städtische. Ich habe es geschafft, die letzten zwei Jahre bei keiner Geschäftsleitungsbesprechung zu sein. Ein Jahr, nachdem ich meine Arbeitszeit reduziert hatte, habe ich gesagt: Das Schwierigste war das, was ich immer schon besser wusste, hinunterzuschlucken. Es war ein schwieriges Jahr für mich, weil ich immer hyperaktiv war und ein bisschen ein Kontrollfreak. Dann haben wir 2023 das beste Ergebnis seit vielen Jahren eingefahren, mit New Business, 50 Nominierungen beim CCA, die Hälfte davon sind zu Statuen geworden. Es geht auch ohne meine Führung. Die machen das wunderbar, und die Agentur vergreist nicht mit mir, sondern bleibt frisch. Das ist keine Frage des Alters, sondern wie die Menschen mit dem Spielraum umgehen, den sie bekommen.

Was lernen sie von den Jungen? Ich war immer ein altes Kind. In der Werbung habe ich meine Jugend nachgeholt. Von den Jungen lerne ich heute noch, nichts als gegeben zu nehmen. Sich nicht von Erfahrungen blockieren lassen. Neugierig bleiben. Neugierde ist eine ständige Quelle von Inspiration.

Stimmt es, dass sie kein eigenes Büro mehr haben?

Ja, es ist alles viel mobiler geworden. Ich bin dort drüben gesessen, heute ist es ein großer Raum für alle. Aber ich zeige ihnen mein Büro. (Zückt sein Handy.) Hier habe ich alle Kundenkanäle, sehe, woran gearbeitet wird, Briefings, Entwürfe. Da kann ich meinen Senf dazu geben, statt wie früher in Dutzenden Besprechungen zu sitzen. Das ist herrlich. Wozu brauche ich ein Büro? Ich bin als einer von wenigen jeden Tag in der Agentur, aber eigentlich nur, um mich mit Jüngeren auszutauschen.

Wenn Sie, wie Steve Jobs in seiner berühmten Rede beschrieben hat, die roten Punkte in Ihrem Leben verbinden: Was ist Ihr Lebenslearning?

Fragen sie mich bitte in 20 Jahren! Ich habe noch vor, viel zu lernen. Und so eitel bin ich nicht, dass ich mir darauf heute schon eine Antwort einbilden würde.

Dieser Beitrag ist ursprünglich in der News-Printausgabe Nr. 30+31/2024 erschienen.

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