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Manfred Matzka: "Ab Kurz hat man systematisch durchgeholzt"

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Manfred Matzka: "Ab Kurz hat man systematisch durchgeholzt"
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Warum Parteibuchwirtschaft und Postenschacher uns allen schaden, erklärt Manfred Matzka im Interview. Er sagt, wie man sehr rasch ein transparentes System in Österreich aufsetzen könnte. Und: Der Unterschied zu früher sei, dass gezielt umgefärbt würde.

Regelmäßig tauchen neue Chat-Nachrichten aus dem Umfeld der ÖVP auf, die den Eindruck nahelegen, Ministerien und staatsnahe Bereiche seien mit Parteibuch-Inhabern und Günstlingen durchsetzt. Die ÖVP sagt dann, dass das früher auch so war. Ist das so?
Vorbemerkung eins: Es wird jetzt alles an den Chats festgemacht, aber die Wirklichkeit ist eine viel breitere. Durch die Chats wird das nur gschmackiger. Vorbemerkung zwei: Natürlich haben sich Minister immer Leute ausgesucht, die ihnen nahestehen. Nun zur eigentlichen Antwort: In den letzten Jahren hat das quantitativ und qualitativ eine neue Dimension angenommen, es hat ein strategisch geplanter Personalaustausch stattgefunden. Man hat systematisch durchgeholzt. Ab der Regierung Kurz I wurden in allen Ministerien Sektionen und Abteilungen umstrukturiert, so, dass der Posten des Sektionschefs neu ausgeschrieben werden konnte. Im Kanzleramt ist kein Einziger auf seinem Posten geblieben. Bei der Neubesetzung ging es nicht mehr um irgendwelche Qualifikationen, sondern nur um Loyalität und Nähe. Das beginnt bei der Ausschreibung: Wie wird die Aufgabe definiert? Wie ist die Kommission zusammengesetzt, die offi ziell entscheidet?

Die Generalsekretäre, die unter Türkis-Blau in den Ministerien installiert wurden, waren eine Schar verhaltensauffälliger Typen.

So erreicht man auch bei einem scheinbar objektiven Verfahren, dass das herauskommt, was man will?
Wenn man sich die Rekrutierungen anschaut, zieht sich ein Profil durch. Es sind keine Verwaltungskenntnisse nötig, die Leute kommen von quer. Das ist bei Führungspersonen in einem so hochkomplexen Bereich nicht gut. Das Profil enthält auch keine Fachqualifikation, sondern einen Master in irgendwas von irgendwo. Unter Kurz gibt es auch eine große Kongruenz der Lebensläufe: Schulsprecher, junge ÖVP, Consulter. Die Generalsekretäre, die unter Türkis-Blau in den Ministerien installiert wurden, waren eine Schar verhaltensauffälliger Typen. Der eine wollte sein Bild in allen Kasernen, der nächste neue Lampassen an der Uniform. Eine solche Personalauswahl rächt sich. So macht das kein Großkonzern. Unter Brigitte Bierlein waren die Generalsekretäre weg. Bei der Regierung Kurz II ist man die Sache ein bisschen vernünftiger angegangen und hat einige direkt aus den Ministerien genommen. Also: War das immer so? Nein!

Welche Folgen haben solche Besetzungen?
Die erste ist, dass sich irgendwo ein Häuflein weißer Elefanten ansammelt. Im Amalientrakt der Hofburg war eine Zeitlang das Heim der weißen Elefanten aus dem Kanzleramt. Ich habe das einmal durchgezählt: Es saß ein knappes Dutzend dort zu monatlichen Lohnkosten von 150.000 Euro. Gute Leute! Die haben eine Funktion gehabt, und man hat ihnen nahegelegt, zu verzichten. Man hat gesagt: Wenn sie freiwillig zurücklegen, bleiben sie in der selben Besoldungsstufe. Sie können sich wehren, aber dann wünschen wir Ihnen viel Glück. Die zweite Folge ist: Es gibt eine Demotivation in der Linie, also in der Beamtenschaft. Das Signal ist: Ihr werdet nie etwas, was ihr sagt, ist sowieso ein Blödsinn. Da kommt irgendein Schnösel und erklärt die Welt. Die haben dann zum größten Teil auf passiv geschaltet und gesagt: "Okay, dann sollen sie anrennen." Das hat zu schweren Qualitätsverlusten in der Verwaltung geführt. 50 Prozent der Corona-Administrationsprobleme führe ich genau darauf zurück.

Es gibt schreiende Qualitätsverluste im Kanzleramt und im Innenministerium

Da reden wir vom grünen Gesundheitsministerium.
Evident wurde es im Gesundheitsministerium, weil die unter dem stärksten Stress standen. Aber das zieht sich durch die gesamte Regierung. Es gibt schreiende Qualitätsverluste im Kanzleramt und im Innenministerium, deutliche Defizite, wenn auch nicht flächendeckend, bei Justiz und Finanz. Problematisch ist es auch bei Infrastruktur und Gesundheit, weil da in den letzten Jahren zweimal durchgeholzt wurde. Und es gibt Ministerien, da war es immer schwierig: Wirtschaft, Landwirtschaft, Bildung. Die haben ganz eigene Rekrutierungssysteme. Die einen vor allem Wirtschaftstreibende, die anderen zweitgeborene Bauernsöhne, die dritten aus der Lehrerschaft.

Woran merken die Bürger und Bürgerinnen, dass es nicht mehr funktioniert?
Etwa daran, dass man eine Impflotterie nicht zusammenbringt. Oder das Kaufhaus Österreich. Dass es Corona-Regelungen gibt, die nicht funktionieren können, etwa die Totalkontrolle an der Grenze, oder die unklar sind: Der eine zahlt Strafe, der andere in derselben Situation nicht. Beim Impfpflichtgesetz fehlen einfach die handwerklichen Kenntnisse der Legistik. Ebenso, wenn ein paar Nullen im Budgetvoranschlag fehlen. In der Steuerverwaltung wird zum Teil schlampig gearbeitet. Die Präzision, die die österreichische Verwaltung auszeichnet, ist vielfach verlorengegangen.

Eine bewusste strategische Planung, wie man abräumt, gab es nur bei der ÖVP.

Die Beispiele, die Sie genannt haben, betreffen alle Regierungsparteien. Also zieht es sich doch durch?
Eine bewusste strategische Planung, wie man abräumt, gab es nur bei der ÖVP. Die FPÖ hat dann schnell gemerkt wie es geht, und ist aufgesprungen. Sie hatte zwar die Leute dafür nicht und kannte die Strukturen nicht, aber die Brutalität war dieselbe. Irgendwann hat sie zum Beispiel gemerkt, dass laut Bundestheatergesetz zwei Geschäftsführer möglich sind, es aber nur einen gibt. Da hat sie gleich einen Personalwunsch, eine Person aus dem Kabinett von Heinz-Christian Strache. Das ist nur daran gescheitert, dass die Regierung geplatzt ist.

Was man bei den Grünen leider merkt, ist die Umkehr des Postenschachers, nämlich: wer etwas sicher nicht werden darf.

Und bei den Grünen?
Bei den Grünen ist es milder. Das liegt auch daran, dass sie nicht genügend Personal hatten. Aber sie waren so schlau, in den Ministerien nach Leuten Ausschau zu halten, mit denen man kooperieren kann. Es wurde nicht justament ausgetauscht. Was man bei den Grünen leider merkt, ist die Umkehr des Postenschachers, nämlich: wer etwas sicher nicht werden darf. Das lernt man offenbar sehr rasch.

Wie funktioniert das bei Ausschreibungen?
Noch ein Beispiel aus dem Bundestheaterbereich: Als Alexander Schallenberg Kulturminister war, musste die kaufmännische Leitung der Staatsoper neu besetzt werden. Er hat sich mit der Ausschreibung Zeit gelassen. Der Kundige wusste daher: Er hat noch niemanden. Plötzlich, nach der Wahl 2019, gab es große Eile. Man hat gewusst, dass das Kulturressort in einer neuen Regierung in andere Hände kommen könnte. Es bewarb sich eine niederösterreichische ÖVP-Landesrätin und wurde es auf wundersame Weise auch. Solche Dinge haben zur Folge, dass man sich gar nicht mehr um solche Positionen bewirbt. Aber es gibt auch ein Gegenbeispiel: die Salzburger Festspiele. Auch da gab es eine gesetzte Kandidatin, aber nach dem Hearing wurde es eine andere. Respekt!

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Manfred Matzka © News/Matt Observe

Andererseits gibt es Positionen, bei denen die Regierung das Vorschlagsrecht hat. Ist es legitim, sich das vorher auszumachen?
Bei den Fällen, wo die Regierung zuständig ist, würde eine saubere Lösung so aussehen: Man macht eine sachlich begründbare Ausschreibung und bis zur Shortlist ein transparentes Bewerbungsverfahren. Und wenn wir uns dann nicht einigen können, entscheide ich oder du. Das ist in Ordnung, wenn es jemand wird, der es kann. Was moralisch-politisch nicht geht, sind vorgemauschelte Dinge. Man setzt die Findungskommission so zusammen, dass genau das rauskommt, was man will. Was rechtlich nicht geht: sich Besetzungen auszumachen, die man gar nicht vorzunehmen hat, etwa bei Vorständen von Aktiengesellschaften oder allem, wo eine Ausschreibung stattzufinden hat. Das gilt etwa bei Gerichtshof-oder Rechnungshofpräsidenten. Wozu mach ich eine Ausschreibung und ein Hearing, wenn das Ergebnis dann für die Frösche ist, weil es bereits einen anderen politischen Deal gibt? Und wo es wirklich mafios wird: wenn man in einem Netzwerk systematisch und organisiert alles gezielt besetzt. Das hat kriminelle Energie.

Sogar in der ÖVP gab es zwar immer wieder Richtungsstreitigkeiten, durchgesetzt hat sich im Zweifel aber immer der NÖ-AAB.

Gilt das für das Innenministerium? Sie waren dort selbst Kabinetts-und Sektionschef. Damals galt das BMI als rote Hochburg. Ab 2000 wurde es von Ernst Strasser auf Schwarz umgefärbt. Nun sieht man an den Nachrichten des Kabinettschefs vieler ÖVP-Minister, Kloibmüller, zahlreiche Interventionen. Was ist da los?
Das Innenministerium ist für die Politik immer wahnsinnig interessant. Ich weiß gar nicht, ob es wirklich so interessant ist, wie die Parteien glauben. Es ist extrem hierarchisch strukturiert, daher setzt sich eine politische Besetzung, die man oben macht, stärker nach unten fort als anderswo. Dazu kommen starke Personalvertretungen, die das auf dem kurzen Weg machen wollen. In Kabinetten gibt es immer eigene Referenten für Personalinterventionen, die zuhauf passieren. Aber früher in der großen Koalition war es Usus, den anderen auch ein bissel leben zu lassen. In einer tiefschwarzen Gemeinde ist eher jemand mit ÖVP-Hintergrund Postenkommandant geworden. In Wien wiederum sollte der Polizeipräsident mit der Stadtverwaltung können. Das hat unter Strasser aufgehört. Da hat man wirklich gute Leute rausgeekelt oder abgesetzt, die Strukturen geändert und gezielt neu besetzt. So wurde aus Rot Schwarz. Aber sogar in der ÖVP gab es zwar immer wieder Richtungsstreitigkeiten, durchgesetzt hat sich im Zweifel aber immer der NÖ-AAB. Wenn es eine Kontinuität seit dem Jahr 2000 gibt, dann diese.

Und jene, dass manche Mitarbeiter durchgehend in den Kabinetten blieben.
Kloibmüller ist eine Konstante und hat extrem viele Fäden auf sich vereinigt und bis tief hinunter Einfluss genommen.

Er war ja auch Beamter. Hat er dabei gegen sein Dienstrecht verstoßen?
Er hat ja keine Person selber besetzt. Er hat ja nur gesagt, wer es werden sollte. Das ist ja das Bemerkenswerte bei solchen Personen. Politisch verantworten sie nichts, dafür bekommt der Minister die Schläge. Dienstrechtlich verantworten sie auch nichts, weil sie nicht in der Linie sind. Die sind verantwortungslos in jeglichem Sinn des Wortes.

Wieso kann man überhaupt gleichzeitig im Kabinett und auf einem Verwaltungsposten sein? Macht man das nur wegen der Absicherung, falls der Minister fällt?
Rechtlich geht es. Aber wie das geht, dass einer zwei Arbeitsplätze voll ausfüllt, weiß ich nicht. Bezahlt wird nur einer.

Na, immerhin.
Ich war selbst für einige Zeit in dieser Situation, weil man nicht so schnell einen neuen Kabinettschef gefunden hat, als ich Sektionschef wurde. Daher weiß ich, dass das nicht geht. Ich kann mir ja nicht selber etwas anschaffen. Diese Konstrukte dienen nur dazu, in die Administration hineinzuwirken. Wenn ich einen Sektionschef nicht loswerde, setze ich ihm in seine wichtigste Abteilung einen Kabinettsmitarbeiter hinein. Wenn ich dem etwas anschaffe, geht der zum Kabinettschef, der schafft wiederum mir etwas an. So geht das im Kreis. So kann man nicht managen. Wolfgang Schüssel übrigens hat das nicht gemacht.

Bei dem Sie als Roter Präsidialchef im Bundeskanzleramt waren.
Das war eine ordentliche, geschäftsmäßige Zusammenarbeit. Ich glaube, er hatte auch Vorteile davon. Einmal hat er mich in Budgetverhandlungen geschickt und der blaue Finanzminister Grasser seinen roten Sektionschef Steger. Dann haben die beiden zugeschaut, wie wir uns da gegenseitig um ein paar Euro zerfleischen. Und herausgekommen ist ein gutes Ergebnis, weil wir beide bis in die letzte Schublade über unsere Bereiche Bescheid gewusst haben.

Ein anderer Ex-Sektionschef im Finanzministerium, Thomas Wieser, kritisiert, dass Mitarbeiter aus Kabinetten in die Verwaltung wandern und oft nicht die Besten, wie er meint.
Und die Guten verdrängen. Er selbst ist ja dann nach Brüssel gegangen. Er war nicht der Einzige. Da hatten wir einen beträchtlichen Braindrain in den letzten Jahren.

Ist Österreich in Sachen Postenschacher besonders verkommen? Wie ist das in anderen Staaten?
Es gibt in Europa zwei in etwa gleich große Systeme: Entweder das Personal in der Bürokratie bleibt, wenn es einen politischen Wechsel gibt, oder es wird ausgewechselt. Österreich gehörte traditionellerweise zu jenen Ländern, wo die Leute bleiben. Jetzt haben wir die Grenzlinie überschritten und gehören zum anderen Lager. Meine Erfahrung ist: Die Länder mit den stabilen Bürokratien haben die bessere Verwaltung.

Es gibt eine Reihe von Staaten in Europa, wo dieses Mauscheln und unqualifizierte Besetzungen ein geringeres Problem sind als bei uns.

Zum Beispiel?
Die Schweiz. Da gibt es die Bundeskanzlei, die steht außerhalb der Parteien, der Kanzler ist ein Beamter, er wird für fünf Jahre vom Parlament gewählt. Er nimmt am Ministerrat teil, seine Aufgaben sind, was bei uns Verfassungsdienst, Präsidentschaftskanzlei, Parlamentsdirektion machen, aber auch Personalführung und Postenbesetzungen. Jedes Regierungsmitglied muss und kann sich an ihn wenden. Die wollen, dass das wirklich funktioniert und nicht von den Falschen dominiert wird. Auch in Großbritannien und den USA sind die Verwaltungen sehr stabil. Es gibt eine Reihe von Staaten in Europa, wo dieses Mauscheln und unqualifizierte Besetzungen ein geringeres Problem sind als bei uns.

Und die andere Gruppe?
Da sind zum Beispiel die neuen Demokratien in Osteuropa. Die hatten in den ersten Jahren eine jämmerliche Performance in der Verwaltung. Man konnte sich bilateral mit niemandem etwas ausmachen, denn beim nächsten Treffen war der schon wieder weg. Einige von ihnen sind inzwischen zur Routinebeamtenschaft zurückgekehrt, und es läuft deutlich besser.

Umgekehrt gibt es ja auch Erwartungen in der Bevölkerung. Wenn man einen Anschieber bei der Karriere braucht, gehen doch recht viele zu einem Politiker. Sind wir an den Zuständen auch selber schuld?
Es gibt eine soziologische Gesetzmäßigkeit der gegenseitigen Erwartungen. Der eine weiß, dass er alles gefragt werden wird, der andere, dass er alles fragen kann. Nur wenn eine effektive Rechtsordnung transparente Postenbesetzungen garantiert, passiert das nicht. Da muss man ansetzen. Die Forderung lautet nicht: Hört auf, euch Sachen auszudealen oder zu schauen, ob die Chats strafbar sind. Das ist oberflächlich. Es geht darum, welche wirksamen Maßnahmen man setzen kann.

Wie schaffen wir einen transparenten Staat?

Als Erstes brauchen wir endlich das Informationsfreiheitsgesetz. Nicht, weil Journalisten dann alles erfahren, sondern es geht darum, dass ich die Möglichkeit nehme, unter missbräuchlicher Verwendung des Amtsgeheimnisses etwas zu vertuschen. Zweitens brauchen wir unbedingt Regelungen, wie Jobs klar auszuschreiben sind.

Gibt es da Vorbilder?
Wieder die Schweiz. Dort hat der Minister freie Hand, wenn es darum geht, die nötigen Qualifikationen für einen Posten zu beschreiben. Nicht mehr frei ist er in der Beurteilung, wer sie erfüllt. Er weiß nicht, was herauskommen wird. Es gibt dort eben in der Bundeskanzlei ein hervorragend funktionierendes internes Recruitment, das nicht nur einen Namen hinknallt, sondern eine genau begründete Shortlist erarbeitet. Dort hört man nichts von geschobenen Dingen. Mit dem Effekt, dass sich auch gute Leute aus der Privatwirtschaft für hohe Funktionen in der Verwaltung bewerben. Das könnte ich in Österreich mit einem Federstrich beschließen. Dann hole ich mir für diese Personalbesetzungsstelle richtig gute Leute, die breites Vertrauen genießen. Die nicht nach Belieben und Liebedienerei entscheiden, sondern wissen, wie es geht. Und was ebenfalls wichtig ist: eine strikte Trennung zwischen strategischer Planung und operativer Umsetzung. Kein Wechsel vom Kabinett in die Verwaltung.

Was wir in Österreich machen, ist ja nicht nur moralisch zu kritisieren, es ist schlicht und einfach nicht modern und produziert nicht die beste Qualität.

Die politischen Kabinette in den Ministerien sind stark angewachsen, weil man sich nicht mehr auf die Beamtenschaft verlässt.
In der EU gibt es ein Statut, wonach jeder Kommissar nur sechs Mitarbeiter haben darf, bei uns sind es 30 und mehr. Von den sechs müssen drei Fachleute aus dem Haus sein. Wenn einer der anderen drei später in die Verwaltung wechseln will, muss er das normale Aufnahmeverfahren durchlaufen. Die haben einen Verhaltenskodex der Kabinettsmitarbeiter. Das würde ich sofort eins zu eins übernehmen. Ministerratsbeschluss und fertig. Das ist heute internationaler Standard. Was wir in Österreich machen, ist ja nicht nur moralisch zu kritisieren, es ist schlicht und einfach nicht modern und produziert nicht die beste Qualität. Jeder Konzern macht das besser. In jeder Aktiengesellschaft wäre es übrigens ein schwerer Verstoß gegen das Aktienrecht, wenn der Vorstand seine Sitzungen nicht protokolliert. Die Bundesregierung protokolliert nicht.

Nicht mehr.
Das wurde unter Schüssel abgeschafft. Das ist Wahnsinn. Wenn in den USA ein Generaldirektor anordnet, es wird nicht protokolliert, ist er 14 Tage später im Häfen, weil das gegen jegliche Transparenzvorschrift verstößt. Das Antikorruptionsvolksbegehren enthält viele gute Vorschläge zu diesen Themen. Man sollte das im Parlament ernsthaft diskutieren und so viel wie möglich umsetzen.

Wie lange würde es dauern, bis solche Reformen wirken?
In den Ministerien merkt man teilweise schon, dass sie anders entscheiden, seit der Konformitätsdruck unter Kurz weg ist. Wenn der Bewerbungsprozess offen ist, kriegt man auch wieder die guten Leute. Klimatisch ändert sich schnell etwas, bis es sich durch alle Strukturen durchzieht, dauert es. Langsamer geht es, wenn man nur die Parteifarbe ändern will, schneller, wenn man von Intransparenz auf Transparenz umsteigt.

ZUR PERSON: Der Jurist Manfred Matzka arbeitete zunächst im Verfassungsdienst des Bundeskanzleramts und im Gesundheitsministerium. Er war Kabinettschef von Innenminister Franz Löschnak (SPÖ) und danach Leiter der Asylund Fremdenrechtssektion im BMI. Ab 1999 war er Präsidialchef im Bundeskanzleramt, wo er mit den Kanzlern Klima, Schüssel, Gusenbauer und Faymann arbeitete. 2019 kehrte er als Berater Brigitte Bierleins kurzzeitig ins Kanzleramt zurück.

Dieser Beitrag erschien ursprünglich im News-Magazin Nr. 07/2022.

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